Ist Umzug der Funde möglich?
Odernheimer Römerkelter ist überregional im Gespräch
Im Sommer 2024 waren die Mauern der Römerkelter freigelegt worden. Professor Michael Matheus (Mitte) hatte die Fundstelle im August gemeinsam mit den Odernheimern Hans Peter Kersting (links) und Günter Brücken begutachtet.
Gabriele Turban-Lang

Die Verbandsgemeinde Nahe-Glan hat bei der Denkmalschutzbehörde einen Antrag auf Umzug der Funde gestellt. Inzwischen gibt es überregional Stimmen von Wissenschaftlern, die die Translozierung unterstützen. Die Kosten sind noch unklar.

Die „Gesellschaft für Geschichte des Weins“ setzt sich in einem offenen Brief an den rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Alexander Schweitzer (SPD) dafür ein, die im Neubaugebiet von Odernheim am Glan entdeckte Weinkelter aus der Römerzeit an einen anderen Standort zu versetzen und so für die Öffentlichkeit zu bewahren.

Der Mainzer Historiker und emeritierte Universitätsprofessor Michael Matheus hatte nach eigenen Recherchen und detaillierten archäologischen Untersuchungen von einem „Sensationsfund“ gesprochen. Auch der Münchner Professor und Präsident der Gesellschaft für Geschichte des Weins, Andreas Otto Weber, schreibt nun in seinem Brief von einem „wichtigen historischen Zeugnis“ und einem „bedeutenden Kulturdenkmal“, das „für die Bewertung der Frühgeschichte des Weinbaus in Deutschland neue Perspektiven eröffnet.“ Die Römerkelter ist laut Matheus der erste sichere Nachweis für römischen Weinbau an der Nahe und indirekt auch in Rheinhessen.

Weber verweist in seinem Brief auf das positive Beispiel eines mittelalterlichen Winzerhauses, das in den 1990er-Jahren von Matting bei Regensburg in das Freilandmuseum in Bad Windsheim transferiert wurde. Durch Haus- und Ortsforschungen und archäologisch-baugeschichtliche Untersuchungen sei „ein ganzer Kosmos an neuem, bislang völlig unbekanntem Wissen entstanden“. Matting habe vorher als Fischerdorf an der Donau gegolten, und sei nun als mittelalterliches Winzerdorf bekannt. Der Ort ziehe seither Touristen an und biete mit einem historischen Wirtshaus und einer ehemaligen mittelalterlichen Weinschenke einen viel genutzten Rastpunkt am Donauradweg. Wirtschaftliche Wertschöpfung durch Tourismus gehe in Matting nun Hand in Hand mit dem Erhalt des Kulturerbes, betont Weber.

GDKE: Überreste dürfen überbaut werden

Nachdem die Generaldirektion Kulturelles Erbe (GDKE) entschieden hatte, dass der archäologische Sensationsfund mit einem Einfamilienhaus überbaut werden darf, sind in der Region und überregional die Stimmen von Historikern und Weinwissenschaftlern lauter geworden, den bedeutsamen Fund an einen anderen Standort zu translozieren. Die GDKE hat zur Auflage gemacht, dass die Kelter zugeschüttet und so überbaut wird, dass sie erhalten bleibt. Dies bedeutet, dass der Neubau keinen Keller haben darf und die Versorgungsleitungen den Fund nicht beeinträchtigen dürfen. Zieht die Kelter um, können die Eigentümer dagegen ohne Einschränkungen bauen.

Weil die Zeit drängt, da das Gelände nach den langwierigen Ausgrabungen im vergangenen Sommer nun zügig bebaut werden soll, könnten die Überreste der Kelter in einem ersten Schritt gut dokumentiert ausgegraben und vorerst geschützt eingelagert werden. Im zweiten Schritt würden dann alle Beteiligten einen geeigneten Standort suchen, an dem die Römerkelter aufgebaut sowie für die Öffentlichkeit und den Tourismus zugänglich gemacht werden kann – und zugleich die Finanzierung für den Wiederaufbau auf die Beine stellen, möglicherweise mithilfe eines Fördervereins. Schließlich müssen nicht nur die Überreste der Kelter einen passenden Standort finden, sondern es braucht auch eine Überdachung und fundierte Informationen für die Besucher vor Ort.

Freilichtmuseum ist guter Standort

Als Standort ist nach Angaben von VG-Bürgermeister Uwe Engelmann in erster Linie das rheinland-pfälzische Freilichtmuseum in Bad Sobernheim in der Diskussion, da es den Platz und auch die notwendige touristische Infrastruktur für Besucher mitbringt. Alternativ sind die Weinberge in Odernheim am Fuß des Disibodenbergs im Gespräch. Auf dem Disibodenberg selbst befinden sich bekanntlich die Ruinen der mittelalterlichen Klosteranlage, in der Hildegard von Bingen zeitweise gelebt hat. Der Klosterbereich ist denkmalgeschützt und keinesfalls als Standort geeignet, betont Odernheims Bürgermeister Achim Schick (CDU), der mit diesem Vorschlag in der überregionalen Berichterstattung falsch zitiert wurde, wie er betont. „Der Disibodenberg war nie Thema.“

VG-Bürgermeister Engelmann hofft auf eine gute Lösung. Die für Tourismus zuständige Wirtschaftsförderungsgesellschaft (WiföG) der Verbandsgemeinde Nahe-Glan habe inzwischen den Antrag auf Translozierung gestellt. Zuständig ist dafür laut Engelmann die Untere Denkmalschutzbehörde der Kreisverwaltung. „Weitere Schritte werden von dort auf jeden Fall nur in Abstimmung mit der GDKE unternommen, beziehungsweise unternommen werden können.“ Ob es gelinge, mit dem Projekt weiterzukommen, hänge „von der Finanzierbarkeit ab und von einem Übereinkommen mit dem privaten Bauherrn, der verständlicherweise sein Bauvorhaben jetzt weiterbringen möchte“, so der Bürgermeister.

Welche Kosten für die Translozierung aufzubringen sind, ist laut Engelmann und Schick noch offen. Daher können sie derzeit noch keine Zahlen nennen. Hätte man die Kelter an Ort und Stelle öffentlich zugänglich machen wollen, wäre es notwendig gewesen, das 750 Quadratmeter große Kelter-Grundstück plus ein Nachbargrundstück als Parkplatzfläche aufzukaufen. Allein dafür wären Kosten von rund 300.000 Euro aufgelaufen, noch ohne Schutzbau, Beschilderung oder andere Arbeiten, hatte Ortschef Schick geschätzt.

Derzeit sind die Mauern der römischen Kelter wieder mit Erde abgedeckt, um sie vor Witterungseinflüssen zu schützen.
Silke Jungbluth-Sepp

Diese Variante ist aber nun definitiv vom Tisch, und es geht nur mehr darum, die Überreste der Kelter an einen anderen Standort zu verlagern. Matheus hat inzwischen auch Weinbauministerin Daniela Schmitt (FDP) um Unterstützung geben. Engelmann ist optimistisch, dass sich was bewegen lässt. „Natürlich kann das Projekt letztlich an den Kosten scheitern, aber wenn ich von vornherein davon ausgehen würde, dass es das tut, dann müsste ich es ja nicht versuchen. Also bleibe ich zuversichtlich“, betont er.

Historiker Matheus betont, Weinbauregionen in anderen Bundesländern wären begeistert von einem solchen Fund, „sie würden sich die Finger lecken.“ Die bereits in Rheinland-Pfalz entdeckten Kelter in der Pfalz und an der Mosel seien kein Ersatz für die Odernheimer Kelter. „Nur weil es in Rom schon ein Kolosseum gibt, ist das Kolosseum in Trier trotzdem wichtig“, betont er.

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