Nicht alles schlecht reden
Seit der Neugründung der AG im September 2019 „versuchen wir, Einiges auf den Weg zu bringen“, so Holste. Etwa 20 bis 25 Mitstreiter arbeiten mit. Man habe schon einige Ergebnisse erzielt, dürfe es auch nicht zu schlecht reden. Es seien einige Radwege angelegt worden, die aber – und da wird es wieder negativ – „meistens im Nirwana enden“. „Das ist das Hauptproblem in Bad Kreuznach.“
„Wir haben hier und da mal angefangen, und dann ist wieder Schluss“, erklärt Holste. Als Beispiel nannte er den Pop-up-Radweg in der Gensinger Straße. Eine Anbindung des Schulzentrums am Römerkastell steht noch aus – die Verbindung zur Planiger Straße fehlt ebenso. Dabei müsse die Anbindung der Schulen an Radwege Priorität haben. Ein anderes Beispiel: Dem Radweg in der Mannheimer Straße aus dem Süden der Stadt fehle die Verbindung über den Löwensteg in die Innenstadt zur Fußgängerzone und zur Bosenheimer Straße, auch in der anderen Richtung vom Fleischhauer-Kreisel aus fehlt eine solche.
Problemfall Knotenpunkt Ochsenbrücke
„Wir wollen keine großen Räder drehen, sondern jetzt erst die Lücken schließen, damit es eine flüssige Verbindung gibt“, betont er. Wie eben im Bereich des Knotenpunkts Ochsenbrücke/Bosenheimer- und Mannheimer Straße. Für Geers ist „das Grundproblem der Stadt, dass es kein Süd-Nord- sowie Ost-West-Konzept für Radfahrer gibt“. „Es gibt nur einen Flickenteppich.“ Der Landesbetrieb Mobilität (LBM) Bad Kreuznach kümmere sich um Autofahrer, aber nicht um die Radfahrer, kritisiert Geers. Unschön sei es für die Rad-AG auch gewesen, dass „wir an der Planung des Fahrradparkhauses gar nicht beteiligt waren, sondern erst zur Eröffnung eingeladen wurden“. „Wir hätten natürlich auf die Zuwegung hingewiesen und uns das nicht so leicht gemacht, wie es sich die Stadt gemacht hat.“
Geers und Holste sprechen sich auch dafür aus, auf Hauptverkehrsstraßen eigene Radwege anzulegen. Für Holste etwa hat dies den positiven Nebeneffekt, dass dadurch auch der Autoverkehr beruhigt werde. In der Wilhelmstraße gehe die Forderung der Rad-AG aber weiter, betonte Geers, nämlich dem Autoverkehr jeweils eine Spur wegzunehmen zugunsten einer Bus- und Fahrradspur. Die Bushaltestelle würde dann an die Wilhelmstraße verlegt. „Der Busverkehr muss klar den Vorteil haben gegenüber dem Autoverkehr“, findet Holste.
Anbindung von Winzenheim fehlt
Bei Allem klinge bei der Stadt aber durch, „der Autoverkehr muss flüssig sein, darf nicht behindert werden“. Dabei sei es in der Stadt leicht, den Autoverkehr zu reduzieren, indem man mehr auf Rad und Bus setze. Radfahrer seien laut Statistik auch bereit, Umwege bis zu 500 Metern zu fahren, wenn ihnen das Angebot sicherer erscheine, so Geers. Für ihn und Holste muss unter anderem die Ochsenbrücke eine Radverbindung zum Fahrradparkhaus auf der Bahnhofsnordseite bekommen. Die Alzeyer Straße ist ein weiteres wichtiges Thema. Dort könnte man im größten Teil auch einen Fahrradstreifen einrichten, in einer Richtung mit einer Breite von 1,25 Metern, ist Geers überzeugt. Dafür müssten dann zum Teil die Linksabbiegespuren wegfallen. Auch zum größten Kreuznacher Stadtteil Winzenheim gebe es keine vernünftige Radweganbindung.
An der Ampel Salinenstraße/Mannheimer Straße müssen Fußgänger und Radfahrer 104 Sekunden warten. „Es gibt keine Ampel in Rheinland-Pfalz, die eine so lange Rotphase für Fußgänger hat“, beklagt Geers. „Man kann Fußgängern eigentlich nicht zumuten, länger als eine Minute zu warten.“
Arbeit ist schon auch frustrierend
„Wir haben seit 2019 in der Rad-AG nicht aufgehört, uns als Partner der Stadt zu sehen“, sagte Geers. „Wir lassen uns nicht entmutigen. Wir haben uns das zwar anders vorgestellt, aber es tut sich auch ein bisschen was.“ Wie zum Beispiel die Fahrradstraße in der Hermannstraße. Das ermutigt und motiviert für die weitere Arbeit.
Radfahren in Bad Kreuznach: Seit nunmehr 30 Jahren beschäftigt das die Stadtpolitik intensiv. Und ja, es hat sich Einiges getan: Tempo 30 gilt inzwischen an vielen Stellen, auch in Hauptverkehrsstraßen.Mit „Rad Kreuznach“ fing es an: Wie Rufer in der Wüste – Aktive vermissten politischen Willen
Im Vergleich zu dem, was er als ADFC-Landesvorsitzender in anderen Städten mache, sei es hier aber schon „sehr frustrierend“. Die Stadt Landau etwa habe sich in den vergangenen Jahren viel Mühe gegeben, die Innenstadt vom Individualverkehr zu befreien und mehr für Fußgänger, Radfahrer und ÖPNV zu tun. Das werde von der Bevölkerung mitgetragen. Ein zweites positives Beispiel sei Ingelheim. Das zeige, dass man auch mit wenigen Mitteln viel erreichen könne. „Da fehlt in Bad Kreuznach der Drive und der Wille.“
Holste: Stadt muss mehr Mut entwickeln
Holste fordert, die Stadt müsse mehr Mut entwickeln, könne Radwege auch ohne Mitwirkung der städtischen Gremien anlegen. Er ist überzeugt, dass in Kreuznach viele froh wären, wenn der Autoverkehr abnähme. Neue Hoffnung haben er und Geers dadurch, dass der Kreis ein Radwegekonzept entwickeln möchte. Sie hoffen, dass es so auch ein Radkonzept für die Stadt gibt, „um das Stückwerk ein bisschen zu entzerren“.