Bad Kreuznach
OB-Wahl in Bad Kreuznach: Kandidaten stehen vor der Stichwahl Rede und Antwort
FDP/CDU

Die Oberbürgermeisterwahl in Bad Kreuznach befindet sich in der entscheidenden Phase. Am Sonntag stehen sich in der Stichwahl Sabine Drees (CDU) und Emanuel Letz (FDP) gegenüber. Im Vorfeld standen die Kandidaten unserer Zeitung Rede und Antwort.

Lesezeit 8 Minuten

Sabine Drees (links) im Gespräch mit Marian Ristow, dem stellvertretenden Redaktionsleiter des Oeffentlichen Anzeigers.
Harald Gebhardt

Sabine Drees (CDU)

Die Terminhatz in den zwei Wochen zwischen der ersten Wahl am 13. März und der Stichwahl am 27. März ist enorm: Nichts will Sabine Drees, Kandidatin für die CDU, unversucht lassen, um die 800 Stimmen, die Konkurrent Emanuel Letz (FDP) Vorsprung hat, aufzuholen. Dabei scheint sie auf einem guten Weg zu sein. Die Mehrheit der Stadtratsfraktion der Grünen hat sich für Drees als neue Oberbürgermeisterin ausgesprochen. Grüne, die sich für Christdemokraten aussprechen – kein alltäglicher Vorgang. Der Oeffentliche Anzeiger hat mit der 57-jährigen Kölnerin, die beim Deutschen Städtetag in Lohn und Brot steht, über die anstehende Stichwahl gesprochen.

Wie läuft der Wahlkampf, Frau Drees?

Die Rückmeldungen sind sehr gut. Viele Menschen trauen mir dieses Amt zu. Ich höre sehr häufig, dass Menschen sagen, dass sie dieses wichtige Amt in meinen Händen wissen möchten. Sie sagen, dass nur mit mir ein echter Neuanfang möglich sei. Ich bin unabhängig, politisch und finanziell.

Was meinen Sie mit unabhängig?

Niemand, der mich fördert oder berät, sitzt im Stadtrat. Das ist ein großer Unterschied zu Herrn Letz. Dass die CDU so geschlossen hinter mir steht, motiviert mich sehr.

Wie war es um die Fairness im Wahlkampf bestellt?

Da sind schon einige Dinge passiert, die nicht in Ordnung waren. Ich musste viel Energie aufwenden, um Fake News auszuräumen. Aus dem Lager der FDP wurde gestreut, ich wüsste nicht, wo in Bad Kreuznach die Salinenstraße sei. Was für ein Quatsch, ich wohne direkt um die Ecke. Dass ich angeblich für die Schließung des Bosenheimer Bades sei, was ebenfalls bewusst von der FDP gestreut wurde und einfach falsch ist, konnte ich leider nicht mehr richtigstellen. Da will ich meinem Mitbewerber zurufen: Bitte Gedanken um das eigene Profil machen. Und nicht über den Gegner reden. Wenn jemand der Meinung ist, ich hätte von einem Thema keine Ahnung, möge man mich bitte kontaktieren.

Schützenhilfe gab es jetzt aus dem Lager der Grünen. Wie kam das?

Wir hatten einfach fruchtbare und konstruktive Gespräche. Die Grünen haben sich positioniert. Jetzt sind es sechs von acht Fraktionsmitglieder und ein Ausschussmitglied. Das ist eine große Mehrheit.

Der SPD-Bundestagabgeordnete Dr. Joe Weingarten hat sich öffentlich für Emanuel Letz erklärt.

Herrn Weingartens Einmischung hat mich ehrlich gesagt etwas irritiert. Er kommt aus der Bundespolitik und ist in Bad Kreuznach nicht mal wahlberechtigt. Ich finde das unangemessen. Es geht hier um die kommunale Selbstverwaltung. Da braucht man keine Empfehlungen aus Landes- oder Bundespolitik. Mich beunruhigt das nicht. Wir haben mit der SPD hier vor Ort sehr gute Gespräche geführt, die Signale waren sehr positiv.

Veränderungen im Stadtbauamt soll es geben, wenn Sabine Drees am Sonntag das Rennen um die Stadtkrone für sich entscheidet. Sie plant mit einem hauptamtlichen Baudezernenten. Foto: Marian Ristow
Marian Ristow

Sollten Sie gewählt werden, bestünde der Stadtvorstand aus drei CDU-Mitgliedern. Macht es dieser Umstand für Sie schwerer?

Besonders in den sozialen Medien lese ich davon. Ich möchte aber betonen: Das hier ist eine Urwahl. Wenn ich gewählt werde, bin ich keine OB der CDU, sondern eine für alle Bürgerinnen und Bürger der Stadt. Im Übrigen fände ich es auch nicht gut, wenn der Stadtvorstand nur mit Männern besetzt wäre. Das wäre kritikwürdig.

Wie wird der Stadtvorstand aussehen, wenn Sie gewählt werden sollen? Wird er vergrößert?

Ich will mit offenen Karten spielen. Zwar bin ich für eine schlanke Verwaltung, aber ich möchte die Stelle eines hauptamtlichen Baudezernenten, der auch im Stadtvorstand ist, schaffen. Hier wurde so oft am Bedarf vorbei geplant: Casino-Gebäude, Mobilitätsstation et cetera. Die noch amtierende OB ist keine Architektin, ich auch nicht. Wenn diese Stelle gut besetzt ist, werden wir langfristig Geld sparen.

Ist diese Stelle nicht prädestiniert dafür, dass man diese einer Partei anbietet, um an ihre Unterstützung zu kommen?

Nein, das Parteibuch ist dabei egal. Es geht allein um die Qualifikation. Wir wollen die beste Person für diese Ausgabe, die Fachlichkeit wird entscheidend sein. Ein Geschachere um Posten wird es bei mir nicht geben.

Nennen Sie drei Dinge, in die Sie sofort nach Amtsantritt investieren werden.

In die Planungen für die Stadtkernentlastungsstraßen, in die Planungen für den Flächennutzungsplan, den wir deutlich schneller brauchen, und in die Einführung der elektronischen Akte in der Stadtverwaltung.

Und jetzt bitte drei Stellschrauben, die Sie drehen werden, um die Einnahmen zu steigern.

Ich werde die Kooperation mit dem Kreis in verschiedenen Bereichen fördern, zum Beispiel bei der Kfz-Zulassungsstelle, wo bereits Doppelstrukturen existieren. Ebenso könnte man so im Bereich des Jugendamtes arbeiten. Mit einer forcierten Digitalisierung können Personalkosten gespart werden. In Bad Kreuznach kann man beispielsweise immer noch keinen Bauantrag digital einreichen. Das kann ich so nicht.

Die CDU war im Stadtrat für die Abgabe des Jugendamtes. Ist das mit Ihnen anders?

Ich will das nicht ideologisch betrachten. Wir sollten es erst einmal so lassen wie es ist und uns genau anschauen, wie man hier mit dem Kreis besser kooperieren kann.

Was würden Sie umgehend nach Amtsantritt anpacken?

Ich würde den runden Tisch zum Thema Mobilität einberufen, mir die gefährlichen Verkehrspunkte in der Stadt anschauen, besonders im Hinblick auf Radwege und sofort das Gespräch mit allen Fraktionen suchen. Mit den Grünen und der SPD ist das bereits geschehen.

Wie geht es bei Ihnen weiter, wenn Sie die Wahl verlieren?

Ich bin 57 Jahre alt. Ich muss noch ein bisschen arbeiten. Ich bin Bundesbeamtin und werde wieder an meinen Arbeitsplatz beim Deutschen Städtetag zurückehren. Aber: Damit beschäftige ich mich im Moment nicht. Jetzt zählt die Wahl.

Das Gespräch führte Marian Ristow

Endspurt im OB-Wahlkampf: Emanuel Letz (rechts) im Gespräch mit Harald Gebhardt, Stadtredakteur des „Oeffentlichen“.
Marian Ristow

Emanuel Letz (FDP)

Auch Emanuel Letz (FDP) ist noch voll im Wahlkampfmodus. Er ist zuversichtlich, auch nach der Stichwahl die Nase vorn zu haben. Die Grünen haben sich zwar für Sabine Drees ausgesprochen, der SPD-Bundestagsabgeordnete Joe Weingarten wirbt indes für Letz. Dieser nimmt's gelassen: „Ich denke, Frau Drees freut sich über die Aussage der Grünen, ich freue mich über die von Herrn Weingarten. Doch es ist nach wir vor eine Personenwahl. Ich glaube, es dürfte keine große Rolle spielen, dass sich die Grünen in Richtung CDU positioniert haben.“

Herr Letz, wie haben Sie den Wahlkampf empfunden?

Es war richtig toll, wie viele Menschen auf unser Team zugekommen sind. Der Zuspruch hat mich begeistert. Sogar Menschen, die mit unserer Partei nichts zu tun haben, haben sich mit eingeklinkt. So hat eine etwa 80-jährige Frau am Wahlstand geholfen, Luftballons aufzublasen. Doch die drei Monate waren schon sehr intensiv. Man muss versuchen, das alles unter einen Hut zu bringen. Meine Familie macht drei Kreuze, wenn es rum ist. Es ist schon eine Belastung.

Vor allem vonseiten der SPD gab es auch Vorwürfe, Sie würden einen unfairen Wahlkampf führen.

Natürlich teilt man im Wahlkampf auch ein bisschen aus. Es heißt ja auch Wahlkampf. Ich musste ebenfalls einstecken. Persönliche Angriffe finde ich aber nicht in Ordnung. Ich weiß, mir wird unterstellt, dass ich meine Leute hätte, die in den sozialen Medien auf die Mitbewerber losgehen. Das ist nicht der Fall. Mir gegenüber wurden auch Angriffe gestartet.

Was sagen Sie zu dem Eklat, als ihre Partei die letzte Stadtratssitzung aus Protest verlassen hat?

Da habe ich sofort gesagt, Leute haltet mich da raus. Damit will ich nichts zu tun und das auch nicht im Wahlkampf haben. Das ist Sache der Fraktion. Ich weiß nicht, ob ich das gemacht hätte. Ich hätte es wahrscheinlich anders gemacht. Es hat schon ein Geschmäckle gehabt – aber von beiden Seiten.

Die Hip-Hopper Own Risk wurden 2002 als Sozialprojekt des Jugendzentrums „Die Mühle“ gegründet. OB-Kandidat Letz ist begeistert von der Truppe, die im Jahr 2011 sogar Weltmeister wurde. Foto: Own Risk
Own Risk

Kritiker werfen Ihnen vor, dass Hans Gerhard Merkelbach einen (zu) großen Einfluss auf Sie ausübt. Was entgegnen Sie dem?

Das ist definitiv nicht so, dass er oder andere mich beeinflussen. Absolut nicht. Er unterstützt mich, keine Frage. Aber ich lasse mich nicht beeinflussen. Ich habe meine Meinung, und die vertrete ich auch. Genauso werde ich es – wenn ich gewählt werde – dann im Stadtrat handhaben.

Sabine Drees hat mit der CDU die stärkste Fraktion hinter sich, die FDP kommt mit Fairer Liste und Freien Wählern auf sechs Mandate – halb so viele. Macht es das für Sie nicht schwerer?

Es kann auch von Vorteil sein, dass man keine Mehrheit hat, weil man auf alle Parteien zugehen muss.

Aber die Basis für Frau Drees im Rat ist breiter.

Ja, wenn die CDU geschlossen wäre. Der gesamte Stadtrat wird immer wieder kritisiert. Nicht nur unsere Fraktion. Ich glaube, wenn der neue Stadtvorstand sich als Teamplayer versteht, zusammen für Bad Kreuznach etwas erreichen will, dass dann auch im Stadtrat eine andere Kultur einkehrt. Nicht immer dieses Gegeneinander. Es geht doch um unsere Stadt. Der Stadtvorstand muss die Stadträte mitnehmen.

Sie haben die Initiative „Netzwerk Sportstadt Bad Kreuznach“ begrüßt und wollen die Kontakte zu den Vereinen intensivieren.

Das Wichtigste ist, immer ein offenes Ohr zu haben. Das Netzwerk ist eine Chance. Die Sportvereine machen eine unglaubliche soziale Arbeit. Ich halte es für sehr wichtig, sie wieder mehr in den Vordergrund zu bringen. Ich habe jetzt „Own Risk“ besucht. Es ist ein Wahnsinn, was die leisten. Und die sind aus dem Programm der „Mühle“ entstanden. Mich begeistert das. Was aber nicht bedeutetet, dass ich Kultur und andere Vereine nicht wertschätze.

Haben Sie eine Idee, wie man dieses ehrenamtliche Engagement von vielen besser würdigen könnte?

Es gab letztes Jahr hier den Ehrenamtstag des Landes. So etwas kann ich mir für Bad Kreuznach vorstellen. Man könnte schauen, ob man Fördergelder oder Sponsoren dafür gewinnen kann. Daraus könnte ein Fest entstehen.

Thema Dezernatsverteilung: Wie würden Sie da vorgehen? Was wäre Ihre Wunschvorstellung?

Das Bauamt wird eine große Rolle spielen. Da muss etwas passieren. Man kommt um eine Strukturreform nicht herum. Ob es einen zusätzlichen Beigeordneten gibt, sei einmal dahingestellt. Ich entscheide das im Team. Da spielen der Bürgermeister und der Beigeordnete eine große Rolle. Aber auch den Personalrat muss man mit ins Boot nehmen, um dem Stadtrat transparent dazulegen: So schlagen wir die Dezernatsverteilung vor. Der Kämmerer wird sicher Kämmerer bleiben. Aber sicher wird es Dezernatsverschiebungen geben. Definitiv. Es gibt auch Doppelstrukturen, die aufgelöst werden müssen. Wie Sport und Kultur.

Was ist Ihre Position zum städtischen Jugendamt?

Ich bin zuversichtlich, dass sich das Thema mit dem neuen kommunalen Finanzausgleich schnell erledigt hat. Unter dieser Voraussetzung bin ich dafür, dass das Jugendamt bei der Stadt verbleibt.

An welchen drei Stellschrauben würden sie drehen, um einzusparen oder die Einnahmen zu erhöhen?

Neues Gewerbe in Leerständen ansiedeln, bei der Entschuldung der Kommunen durch das Land dafür einsetzen, für die Stadt das bestmögliche Ergebnis zu erzielen, Digitalisierung der Verwaltung.

Was würden Sie zuerst anpacken?

Die Effizienz der Verwaltung verbessern, mit dem LBM über den Ausbau des Kohlenwegs sprechen und die Radwege auf den Prüfstand stellen, um Gefahrenstellen zu beseitigen. Zudem: Runde Tische für eine familienfreundliche Stadt in Stadtvierteln und Stadtteilen einrichten.

Was machen Sie als Erstes, wenn die Stichwahl vorbei?

Mit meiner Frau und meinem Sohn erst einmal Freizeit verbringen. Am liebsten in Urlaub fahren, weil habe ich sie während des Wahlkampfs wirklich vernachlässigt.

Das Gespräch führte Harald Gebhardt

Top-News aus der Region