Kein Mensch, der wohnungslos ist, muss im Winter erfrieren, so Heiner Trauthig, Leiter der Eremitage Bretzenheim, die Teil der Wohnungslosenhilfe der Bad Kreuznacher Diakonie ist. Vier Plätze für Männer stehen in der Notunterkunft in der Eremitage zur Verfügung, zwei zusätzliche in Bad Kreuznach, zudem zwei Plätze für Frauen im Café Bunt. Außerdem gibt es noch eine Notunterkunft in Idar-Oberstein. Sollten die Plätze in der Notunterkunft der Eremitage mal nicht ausreichen, dann wird sich beholfen, indem Matratzen ausgelegt werden. Platz zum Übernachten ist also vorhanden.
Kaum Durchwanderer entlang der Nahe
In diesem Zusammenhang räumt Trauthig auch gleich einen Irrtum aus dem Weg: „Es gibt Wohnungslosigkeit, aber den Tippelbruder, der mit Fahrrad und Gepäck von Ort zu Ort zieht, den gibt es kaum noch“, erklärt er. Zumindest entlang der Nahe bewegen sich kaum Durchwanderer, wie Menschen genannt werden, die ohne feste Unterkunft von Ort zu Ort ziehen. Etwas anders sieht es entlang der Rheinschiene aus, wo immer noch Durchwanderer von einer Herberge zur nächsten reisen. Häufig seien diese Durchwanderer Menschen, die es aufgrund psychischer Erkrankung nicht lange mit anderen aushalten.
Die meisten Menschen, die in die Notunterkunft kommen – Trauthig schätzt 80 bis 85 Prozent – stammen aus dem Landkreis Bad Kreuznach oder den umliegenden Landkreisen. Zumeist haben sie ihre Wohnungen im Zusammenhang mit psychischen Problemen verloren. Viele von ihnen kommen zunächst bei Familienangehörigen oder Freunden unter. Das gilt dann als verdeckte Wohnungslosigkeit.
Hier braucht niemand Angst zu haben, dass ihm etwas geklaut wird.
Heiner Trauthig, Leiter der Eremitage Bretzenheim
Oft sind es gerade Frauen, die in solch prekären Situationen leben. Zudem müssen diese Menschen teils häufig ihren Wohnort wechseln. „Oft kann man nur für eine bestimmte Zeit bei einem Freund leben“, weiß der Leiter der Eremitage. Laut Trauthig leben mehr Männer auf der Straße als Frauen. Trauthig berichtet von einem Mann, der aus der Reha zurückkam und feststellte, dass seine Frau das Haus währenddessen ausgeräumt und fast schon verkauft hatte. Der Mann lebte danach drei Jahre lang in einem Zelt im Wald.
Dass die Notunterkunft bei Minustemperaturen mehr Zulauf hat, kann der Eremitage-Leiter übrigens nicht sagen. In Bretzenheim ist die Nachfrage nach Plätzen schon seit Oktober hoch. Dennoch sei man in Zeiten, da die Gefahr des Erfrierens groß ist, noch stärker sensibilisiert.
Trauthig betont, dass sich niemand scheuen muss, die Notunterkunft aufzusuchen. Oft rühren Ängste daher, dass es Notunterkünfte mit großen Schlafräumen für viele Menschen gibt. Das ist in Bretzenheim anders. Die Zimmer der Notunterkunft sind für zwei Personen ausgelegt. „Hier braucht niemand Angst zu haben, dass ihm etwas geklaut wird“, so der Einrichtungsleiter. Natürlich bekommen die Menschen in der Notunterkunft auch ihren Tagessatz ausgezahlt. Neben der Notunterkunft bietet die Eremitage auch Wohnen in Einzelzimmern an. Dort leben Menschen längerfristig. Der älteste Bewohner ist über 80 Jahre alt. Gemeinsam mit der Arbeitsagentur gibt es auch Jobmöglichkeiten.
Zusammenarbeit mit der Gewobau
Generell besteht die Möglichkeit für obdachlose Menschen, wieder in eine eigene Wohnung zurückzukehren. Hier gibt es eine Zusammenarbeit mit der Gewobau Bad Kreuznach. Dort werden Wohnungen für Betroffene angemietet. Hat sich ihre psychische Situation, die zur Wohnungslosigkeit führte, verbessert, können sie selbst in das Mietverhältnis einsteigen. Eines der großen Probleme der Wohnungslosigkeit sieht Trauthig darin, dass es in Bad Kreuznach zu wenig bezahlbaren Wohnraum gibt.
„Alles, was in den letzten Jahren gebaut wurde, ist hochpreisig“, sagt er. Entsprechend wundert es Hans Oehler, Vorsitzender der Bastgässjer, auch nicht, dass die Menschen, die den Tagesaufenthalt in der Bastgasse aufsuchen, unabhängig von der Witterung in den Tagesaufenthalt kommen. „Die Menschen treibt nicht die Kälte zu uns, sondern sie kommen unabhängig von der Jahreszeit ab dem 20. eines Monats, weil das Geld, das für Miete und Nebenkosten draufgeht, einfach nicht länger reicht“, berichtet er.