Zwei Schlägereien, fünf Angeklagte
Denn einer der beiden Vorfälle, bei dem zwei chinesische Staatsbürger, ein Gastronom und sein Angestellter, im Februar 2016 in der Diskothek „Space Park“ verletzt wurden, wurde schon mal am Amtsgericht verhandelt – die beiden Angeklagten, ein türkisches Brüderpaar, 31 und 37 Jahre alt, wurde damals freigesprochen.
Verteidiger und Staatsanwaltschaft hatten Revision eingelegt, mit der Folge, dass dieses Verfahren neu aufgerollt in ein anderes – vor dem Landgericht – integriert wurde. Das ist ungewöhnlich, da das gelaufene Verfahren damit gegenstandslos wird, aber möglich, wenn ein innerer Zusammenhang mit dem anderen Ereignis besteht – so wurden aus einer Schlägerei zwei und aus zwei Angeklagten fünf.
Das Brüderpaar wird dem Umfeld der Gruppierung „No Mercy“ zugerechnet, einer äußerst gewaltbereiten Gruppierung türkischstämmiger Jugendlicher, die in Bad Kreuznach die Straßen kontrollieren wollten, außerdem in Prostitution und Drogenhandel verstrickt waren. Ob die Gruppe aufgelöst wurde oder mittlerweile in einer anderen Struktur aktiv ist, ist unklar. Fest steht allerdings, dass die ehemaligen Anführer aktuell im Gefängnis sitzen.
Der jüngere der Brüder wird zudem verdächtigt, bei einer anderen, weitaus brutaleren Schlägerei Täter gewesen zu sein. Im Februar 2016 wurde ein Gast im Raucherbereich des „Space Park“ von einer unklaren Personengruppe bewusstlos geprügelt und getreten. Die fünf Angeklagten, vier Türken und ein Deutscher, sollen in unterschiedlichen Konstellationen an den beiden Gewalttaten mitgewirkt haben. Das Brüderpaar soll bei beiden Schlägereien dabei gewesen sein, Angaben macht keiner von ihnen.
Vergangenen Mittwoch stand der vierte Verhandlungstag an – und mit ihm der vierte Befangenheitsantrag gegen die Schwurgerichtskammer um ihren Vorsitzenden Richter Folkmar Broszukat. Dessen Verhältnis zu zwei der Strafverteidiger, namentlich Michael Bernard und Jessica Hamed, war immer wieder von Spannungen und Reibereien geplagt. Drei Befangenheitsanträge, gestellt von den in einer Kanzlei tätigen Strafverteidigern, wurden von der Befangenheitskammer bereits als „unbegründet“ zurückgewiesen.
Neben dem ausufernden Austausch unterschiedlicher juristischer Auffassungen zwischen Verteidigern und Vorsitzendem, stand vor allem die langjährige Betriebsleiterin des „Space Park“ im Fokus der Verhandlung. Die 34-Jährige, die in Begleitung ihres Anwalts als Zeugin erschien, ist eine der zentralen Figuren in den Geschehnissen in der inzwischen unter neuem Namen („Viva“) wieder eröffneten Großraumdiskothek am Grenzgraben. Sie war in vielen Verfahren gegen die Protagonisten von „No Mercy“ Thema. Geht man nach den Ermittlungsakten, den Aussagen vieler Zeugen und den Fragen der Strafverteidiger und Richter, spielte sie in den Vorgängen eine Rolle, die man als dubios bezeichnen kann. So stand die gelernte Rechtsanwaltsgehilfin im Verdacht der Strafvereitelung. Ein entsprechendes Verfahren wurde in der Vergangenheit bereits eingeleitet, allerdings eingestellt. Konkret wurde sie verdächtigt, Videoaufnahmen dieser und anderer Straftaten gelöscht zu haben – auf Druck der mutmaßlichen Täter. Sie selbst schwieg dazu.
Deal mit Staatsanwaltschaft?
Die fehlenden Bilder sind Ärgernisse, die die Ermittlungen bei allen Gewalttaten im dafür bekannten „Space Park“ massiv erschwerten – der Verdacht, dass dort mit System Strafvereitelung betrieben wurde, gilt als offenes Geheimnis bei der Staatsanwaltschaft und den Ermittlern. Ebenso wie die Verbindungen der Zeugin zur Gruppierung „No Mercy“. Zu einem der Anführer soll sie eine Liaison unterhalten haben, ebenso möglicherweise zu einem der Angeklagten – wie aus der Befragung vor Gericht hervorging.
Die Frau sagte aus, dass man ihr von Seiten der Staatsanwaltschaft einen Deal angeboten habe, ganz nach dem Motto „Hilfst du uns, helfen wir dir“. So sollte eine Aussage ihr mildernde Umstände bei einem Verfahren wegen Insolvenzverschleppung einbringen, das gegen sie im Zuge der „Space Park“-Schließung geführt wurde. Auch berichtete sie von den zermürbenden, mehrstündigen Verhörtechniken der Polizei. Immerhin bestätigte sie die Anwesenheit eines Beschuldigten an einem der Abende in der Disko – er trug ein blutverschmiertes Hemd.