Sinti und Roma haben oft noch zu kämpfen: bei der Wohnungs- und Jobsuche zum Beispiel oder mit amtlichen Schreiben im Verwaltungsdeutsch. In Bad Kreuznach leben rund 200 Sinti und Roma. Für sie gibt es nun eine eigene Beratungsstelle, und zwar die erste in ganz Rheinland-Pfalz: Im ZAG-Büro in der Bad Kreuznacher Neustadt an der Mannheimer Straße 45 wird ihnen freitags und samstags schnell und unbürokratisch geholfen.
Ein jugendlicher Sinto ohne Schlulabschluss kommt ins ZAG-Büro. Er brauche eine Lehrstelle, findet aber keine. „Manchmal gibt es da Vorurteile, so dass es nicht so leicht ist für unsere jungen Leute, einen Ausbildungsplatz zu finden“, erklärt Peter Loritz vom Landesrat der Sinti und Roma, der freitags und samstags zusammen mit Rinaldo Loritz im ZAG-Büro arbeitet, in dem sonst Quartiersmanager Oliver Kelm anzutreffen ist.
Vorurteile erschweren die Jobsuche
Loritz und seine Kollegen wissen, dass die Beratung dringend notwendig ist: Zum einen existieren immer noch herabwürdigende Stereotype über die europäischen Minderheiten, die die Job- oder Wohnungssuche erschweren können. Vorfälle wie jüngst in Trier, wo das Haus einer Sinti-Familie mit Hakenkreuzen beschmiert worden ist, zeigen: Sinti und Roma sind rassistischen Übergriffen und Diskriminierungen ausgesetzt.
Diese Gemengelage macht es nicht gerade leichter für sie bei der Arbeits- oder Wohnungssuche. Zum anderen gibt es in manchen Fällen eine Sprachbarriere, wenn etwa Angehörige von Sinti und Roma noch nicht lange in Deutschland leben. So habe das Jugendamt vor Kurzem erst das Problem gehabt, mit einer jungen Sintiza, Mutter von zwei Kindern, nicht sprechen zu können. „Wir wurden angeschrieben, ob wir helfen könnten, weil die Frau keine der gängigen Sprachen beherrscht“, berichtet Peter Loritz. Wie sich herausstellte, konnte sich die junge Mutter in Romanes verständigen, der Sprache der Sinti und Roma.
Peter Loritz berät freitags
„Wir haben so viele Anfragen, man kann es allein gar nicht bewältigen“, sagt Django Heinrich Reinhardt, Vorsitzender des Landesrates Deutscher Sinti und Roma. Er war es auch, der die Einrichtung der Beratungsstelle im Stadtteilbüro ZAG (Zusammen aktiv gestalten) in Bad Kreuznach angestoßen hat: Reinhardt wandte sich mit seinem Anliegen an Oberbürgermeister Emanuel Letz. Der wiederum klopfte bei Quartiersmanager Oliver Kelm an und fragte, ob er sich vorstellen könne, die Beratungsstelle bei sich unterzubringen.
Kelm konnte: „Die Zusammenarbeit läuft sehr gut“, unterstreicht er. Freitags ist er im Homeoffice, und so konnte die Beratungsstelle für Sinti und Roma ihre Arbeit aufnehmen. Mit Peter Loritz ist jemand im Boot, der schon lange Sinti und Roma berät, bisher aber privat. Nun läuft seine Arbeit und die der Kollegen in der Mannheimer Straße ab. Sinti und Roma, die Klärungsbedarf in der ein oder anderen Sache haben, können einfach vorbeikommen oder telefonisch einen Termin ausmachen.
Die Fragen der Ratsuchenden drehen sich oft auch um ganz alltägliche Schwierigkeiten: Gerade das Amtsdeutsch macht den Menschen Probleme. Dazu beraten Peter und Rinaldo Loritz und weitere Kollegen. Sie helfen beim Ausfüllen von Formularen. Wenn jemand eine Lehrstelle sucht, könne man oft eine vermitteln, das Kontaktnetz der Berater sei groß. „Kürzlich haben wir für einen Jungen einen Job in einer Wäscherei gefunden“, berichtet Loritz. Manchmal sei es aber notwendig, Eltern und Jugendliche davon zu überzeugen, einen qualifizierten Schulabschluss zu machen und nicht vorher aufzuhören oder eben: eine Lehrstelle anzutreten. Mitunter gehen auch die Schulen auf die Beratungsstelle zu. Eine Schuldnerberatung für Erwachsene gibt es auch.
Zentren in anderen Städten geplant
Für Django Reinhardt, der sch seit vielen Jahren für Sinti und Roma einsetzt, unter anderem Ausstellungen und Konzerte organisiert und für seine Arbeit bereits 2021 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet worden ist, bedeutet die Anlaufstelle eine Möglichkeit zu schaffen, um Sinti und Roma schnell und unkompliziert vor Ort helfen zu können. Und es ist ein Mittel, um der älteren Generation, in der etliche in ihrer Kindheit noch nicht sesshaft waren, klarzumachen, wie wichtig Schule und Lehre für die Jüngeren sind. Damit die Teilhabe der Sinti und Roma am gesellschaftlichen Leben gefördert und Vorurteile abgebaut werden, will Reinhardt noch in anderen Städten Beratungsstellen eröffnen, in Mainz beispielsweise.
- Die Beratungsstelle im ZAG-Büro, Mannheimer Straße 45, ist freitags von 15 bis 17 Uhr geöffnet und samstags von 14 bis 15 Uhr. Termine können auch unter Telefon 0671/97045969 vereinbart werden.
- Quartiersmanager Oliver Kelm leitet Anfragen unter oliver.kelm@bad-kreuznach.de gern weiter.