Im zweitgrößten Anbaugebiet wird heftig über das Amt und seine Bezeichnung diskutiert und gestritten. Während die dortige Gebietsweinwerbung Pfalzwein zunächst geplant hatte, das Amt in Weinbotschafter oder -botschafterin umzubenennen, legte man diese Pläne nach massivem öffentlichem Druck und Widerspruch nun ad acta. Das Amt behält weiterhin seinen royalen Titel inklusive der Krone als Insignie.
Tim Heck leistet Pionierarbeit
Auch an der Nahe hat das Amt Veränderungen erfahren. Während 2022 noch die Naheweinkönigin gewählt wurde, öffnete man 2023 das Amt und schrieb es als „Naheweinmajestät“ geschlechtsneutral aus. Mit Erfolg: Mit Majestät Tim Heck fand man den ersten männlichen Bewerber für das Amt.
Am 2. November wird in Bad Kreuznach die neue Naheweinmajestät gewählt. Bis dahin will sich die Gebietsweinwerbung Weinland Nahe Gedanken machen, wie das Amt modernisiert werden könnte. „Die Gedankengänge in der Pfalz können wir grundsätzlich nachvollziehen. Wir wollen auf dem Weg, das Amt zu modernisieren, aber alle mitnehmen“, sagt Weinland-Nahe-Geschäftsführerin Victoria Krings.
Sitzung im September soll Klarheit bringen
Es sei eine komplexe Diskussion. Klar ist für Krings aber, dass sich das Amt ein Stück weit verändern muss. „Es ist mehr als eine junge hübsche Frau, es geht um Inhalte und Kompetenzen. Die müssen im Vordergrund stehen.“ Anfänglich habe es bei der männlichen Naheweinmajestät Tim bei einigen Bedenken gegeben. „Nach dem ersten Kontakt waren die aber weg. Einfach weil er ein hervorragender Repräsentant für den Nahewein ist“, sagt Krings. Im September will man sich in einer Vorstandssitzung detailliert mit dem Thema befassen.
Krone als Erkennungszeichen
Die Krone hat für die „Queenies“ eine besondere Bedeutung, und junge Frauen wie die 61. Naheweinkönigin Christina Schwarz aus Braunweiler, deren Amtszeit von 2022 bis 2023 reichte, haben mit dem weinroyalen Image überhaupt kein Problem. Im Gegenteil: „Wenn man unterwegs ist und einen Termin als Weinmajestät hat, wird man mit Krone auf Anhieb erkannt“, ist die Erfahrung von Christina Schwarz.
Das erleichtere den Kontakt bei den Auftritten, und für viele Menschen sei die „Königin“ und eine Begegnung mit ihr doch etwas Besonderes. Darüber hinaus verstehe man sich an der Nahe schon seit Langem als Majestätentrio, das gleichberechtigt auftrete, so Christina Schwarz. Damit sei auch die Öffnung des Amtes für männliche oder diverse Bewerber sichergestellt. Für Tim Heck, den ersten männlichen Vertreter, habe man da auch eine gute Lösung mit der Anstecknadel gefunden. Die Krone jetzt komplett wegzulassen, ist für Schwarz daher ein Bruch ohne Not mit dem traditionsreichen Amt der Weinkönigin und ihrer langen Geschichte.
Klöckner sieht Verwechslungsgefahr
Weinbaupräsident Rainer Klöckner warnt in der Diskussion um den Titel der Weinkönigin davor, das Kind mit dem Bad auszuschütten. Auf jeden Fall könne man darüber nachdenken, das Amt zu reformieren und weiterzuentwickeln. „Wir haben das an der Nahe ja im vergangenen Jahr schon elegant gelöst, und ich sehe auch kein Problem darin, es für männliche oder diverse Bewerber zu öffnen“, sagt Klöckner. Dabei solle man aber besonnen vorgehen. „Das Amt ist eine Marke, damit verbunden sind eingeplante Veranstaltungen und Gelder“, gibt Klöckner zu bedenken.
Seine persönliche Meinung: Der Vorstoß der Pfälzer zur Umbenennung in Weinbotschafter könnte zu Verwechslungen mit den Kultur- und Weinbotschaftern führen. Besser ist aus seiner Sicht der Weg der Nahe, wo man zuletzt schon verstärkt von Weinmajestäten gesprochen habe. „Außerdem hat der Begriff Königin oder König nach wie vor eine Wertigkeit. Wer damit Probleme hat, sollte das Amt nicht ausüben“, ist Klöckner überzeugt.
Ex-Weinkönigin plädiert für Erneuerung
Komplett anders sieht es Barbara Wollschied (Steigerhof Altenbamberg), die vor zehn Jahren selbst noch Weinkönigin an der Nahe war: „Die Käuferschaft, die auf Weinkönigin mit Krone und Kleid steht, stirbt aus und wird keinen Umsatz mehr machen. Es ist meines Erachtens schon richtig, dem Zeitgeist zu folgen, auch wenn es schwerfällt – in einer vorwiegend eingefahrenen und traditionellen Branche.“
Dehoga-Chef Haumann setzt auf die Krone
Gereon Haumann widerspricht als Chef des rheinland-pfälzischen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) energisch: „Um Gottes Willen nein! Ich bin ein klarer Befürworter des Wettbewerbs der Weinmajestäten.“ Es käme ja auch niemand auf die Idee, den kölschen Prinzen Karneval abzuschaffen, weil man möglicherweise Probleme mit dem Adelstitel habe. Es gehe ja auch nicht um die Befürwortung von Monarchien, wobei er gern auf Queen Elizabeth II. verweise: Die habe über Jahrzehnte auch in schwierigen Zeiten für Halt und Orientierung gesorgt. Ein Verzicht auf Weinmajestäten wäre laut Haumann der Verzicht auf Vorbilder, die man dringend brauche.