Wallhäuser Winzer setzt auf Exotisches - Weinsheimer Winzerpaar hat bei Null angefangen
Nahe(r) Genuss, Teil drei: Burgunder, Heavy Metal und der Schinderhannes
Der Silvaner spielt eine große Rolle bei Christin und Phil Klein in Weinsheim. Da wird auch gern mit kleinen Holzfässern experimentiert. Was dann auch regelmäßig zusammen probiert wird.
Marco Gräff

Wallhausen/Weinsheim. Wein wurde an der Nahe schon von den Römern angebaut. Das Weingut Prinz Salm in Wallhausen ist sogar das älteste Familienweingut Deutschlands (besteht seit mehr als 800 Jahren). Seit 1971 ist die Nahe nun ein eigenständiges Anbaugebiet und zählt mit seinen gut 4200 Hektar Größe immer noch zu den Underdogs in der nationalen Weinszene.

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Der Wallhäuser Michel Schott mag eher kräftige, für die Nahe untypische Rotweine, die in den zahlreichen Barriques lange reifen dürfen.
Marco Gräff

Doch wahrscheinlich nicht mehr lang, was auch ein Verdienst der jungen, aufstrebenden Jungwinzerinnen und Jungwinzer der vergangenen Jahre neben den gestandenen Schwergewichten ist. Schon seit 2009 zeichnen sich Michel Schott und sein Bruder Benny für den Weinausbau im Familienweingut F.E. Schott in Wallhausen verantwortlich. Erst 1959 gegründet, kann man mittlerweile auf 25 Hektar in besten Lagen zurückgreifen. Auf unterschiedlichen Böden wie Grün- und Rotschiefer, Sandstein, und Terrassenschotter wachsen hauptsächlich Riesling, Grau- und Spätburgunder sowie Sauvignon Blanc. Letztere ist auch Michels Lieblingsrebsorte neben dem Riesling.

Aber auch die Roten haben es dem jungen Familienvater angetan. Besonders die kräftigen, im Holz ausgebauten und für die Nahe eher untypischen Rotweine. Während sein Bruder hauptsächlich draußen in den Weinbergen zu finden ist, obliegt es Michel, den Wein im Keller zur Perfektion zu begleiten. Dabei lautet die Devise Minimalismus. Die Reifung nur wenig beeinflussen. So wie es die Natur vorgibt. Vor allem wird den Weinen Zeit gelassen. Besonders den roten Spitzengewächsen.

Michel Schott hat seine Winzerlehre unter anderem in Laubenheim bei Sascha Montigny absolviert, aber auch Erfahrungen in Neuseeland und am Kaiserstuhl bei Dr. Heger gesammelt. Ebenso an der Ahr. Da verwundert die Liebe zu Rotweinen nicht wirklich. Doch es sollen Rote mit Charakter sein. Aus dieser Idee heraus entstand die Cuvée „Black Hills“. Ein gerbstoffbetonter, kräftiger Wein aus Dunkelfelder und Cabernet Sauvignon, ausgebaut im kleinen Barrique. 2012 ging man damit unter dem Namen „666 Metal Wines“ an den Start. Auch um die alteingesessene Kundschaft nicht gleich zu verprellen.

Michel Schott wollte auf neuen Pfaden wandeln, Mut beweisen und Neues wagen. Und seine zweite Leidenschaft neben dem Wein damit verbinden: Heavy Metal. Schott hat seine eigene Band. Mit „Bleak Prophecy“ hat er 2019 das erste Album veröffentlicht, mit seinen „Metal Wines“, zu denen mit „Stoner Rock“ auch eine weiße Cuvée aus Riesling und Sauvignon Blanc zählt, vertritt er das Weingut im VIP-Bereich von Festivals wie dem „Summerbreeze“.

Da sein Bruder Benny mit Metal aber so gar nichts anfangen kann, haben die beiden Brüder unter dem Namen „Schott Bros.“ ein weiteres Standbein geschaffen. Hier gibt es weiße Burgunder, die „Gangster-weine“. Angelehnt an den Schinderhannes und dessen Legende. Daraus resultierend wurde der „Räuberball“ ins Leben gerufen. Eine kulinarische Veranstaltung mit vielen namhaften Köchen und Gastronomen. 2022 soll das nächste Event steigen. Karten sind ab sofort über das Weingut zu erwerben. Es lohnt sich.

Der Silvaner spielt eine große Rolle bei Christin und Phil Klein in Weinsheim. Da wird auch gern mit kleinen Holzfässern experimentiert. Was dann auch regelmäßig zusammen probiert wird.
Marco Gräff

Ganz bei Null angefangen haben Christine und Phil Klein aus Weinsheim. Keine lange Familientradition, kein Opa, der schon Wein angebaut hat. Das junge Ehepaar startete erst 2015 mit dem Weingut. Als Jüngstes an der Nahe.

Beide kamen über Umwege zum Wein. Allein schon deswegen, weil es ein wahres Genussmittel ist und Menschen zusammenbringt. Egal wo. Kennengelernt haben sich der gebürtige Weinsheimer und die Rheingauerin während eines Praktikums im Weingut Breuer in Rüdesheim. Es muss sofort gefunkt haben zwischen den beiden. Schnell hatten sie die Idee eines eigenen Weinguts. Nur mussten sie erst einmal an Weinbergslagen und Gerätschaften kommen. Vieles konnten sie bei aufgelösten Betrieben ergattern, die Weinberge waren zu Beginn eher Notfälle und ziemlich heruntergewirtschaftet. Man sah sich selbst als Gnadenhof für alte Weinberge.

Mittlerweile haben die beiden nur noch Lagen in Weinsheim. Sie schätzen das gute Klima und das regenarme Gebiet, was es einfacher macht, auf reinen Biobetrieb umzusteigen. Seit diesem Jahr mit Zertifikat, man lebt es bewusst. In allen Bereichen des Lebens. Weil es dem Ursprünglichen entspricht und die Nachhaltigkeit lebt. Christine und Phil Klein machen Wein nicht aus Überzeugung, sondern aus Liebe. Liebe zum Produkt, Liebe zur Natur, Liebe zum Wein. Und aus Liebe zueinander. Und das merkt man.

Ein junges Weingut birgt auch Gefahren und besondere Herausforderungen. Noch fehlen die Erfahrung oder der Ratschlag der Familie. Somit ist Geduld gefragt. Gern würden sie öfter mal was im Keller wagen, doch gilt es erst ein-mal, das bisher Erreichte zu stabilisieren, den Kundenstamm zu erhalten und weiter auszubauen. Mit erst 2,5 Hektar Fläche lässt sich nicht wirklich großartig experimentieren. Das Sortiment ist noch recht klein. Das möchten sie auch nicht ändern. Denn Riesling und Spätburgunder spielen neben dem Silvaner die größte Rolle im jungen Betrieb.

Vom Silvaner wird es mit dem jüngsten Jahrgang eine neue Kreation geben, die momentan noch in gebrauchten Barriquefässern reift, zur Hälfte mit aromatischen Silvanerbeeren. Das verspricht jetzt schon einen gehaltvollen und vollmundigen Weißwein, wie er an der Nahe schon lang nicht mehr angebaut wird. Wo alle auf Riesling und Sauvignon Blanc setzen, geben Christine und Phil Klein dem Silvaner eine neue Chance. Und die lohnt es, entdeckt zu werden. Schon der Kleine Silvaner gefällt mit seiner Kräuterwürze und einer Cremigkeit, die auf ein langes Hefelager hinweist. Aber auch der Blanc de Petit, ein weiß gekelterter Spätburgunder, präsentiert sich anders als die meisten der Region. Roter Apfel findet sich neben leichten Rosendüften und anderen floralen Noten. Cremig und animierend.

Neuestes Projekt ist der Umbau eines alten Hauses neben dem Weingut. Dort soll neben einem Gutsauschank eine Ferienwohnung entstehen. Denn nichts liegt dem jungen Paar näher als seine Leidenschaft, seine Liebe zur Natur und dem Wein mit Menschen zu teilen, die das zu schätzen wissen.

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