Langenlonsheim
Nacktfoto-Affäre: Eltern kritisieren Cyfkas Informationspolitik

Langenlonsheim - Die Nacktfoto-Affäre in der Langenlonsheimer Kindertagesstätte hat größere Ausmaße als angenommen: Auf dem Kita-Rechner wurden Tausende gelöschte Dateien rekonstruiert, darunter zahlreiche weitere Nacktaufnahmen. Ortsbürgermeister Michael Cyfka (CDU) informierte die Mütter und Väter bei einem Elternabend in der Kita darüber.

Langenlonsheim – Die Nacktfoto-Affäre in der Langenlonsheimer Kindertagesstätte hat größere Ausmaße als angenommen: Auf dem Kita-Rechner wurden Tausende gelöschte Dateien rekonstruiert, darunter zahlreiche weitere Nacktaufnahmen. Ortsbürgermeister Michael Cyfka (CDU) informierte die Mütter und Väter bei einem Elternabend in der Kita darüber. Mehr als 60 Eltern hatten sich am Dienstagabend dort versammelt, viele von ihnen sichtlich beunruhigt, um sich von Cyfka über die jüngsten Funde auf dem Kita-Computer ins Bild setzen zu lassen. Mit Nachdruck forderten sie eine lückenlose Aufklärung der Vorfälle.

Viele von ihnen kritisierten scharf, dass sie so spät darüber informiert wurden. Sie erfuhren erst Ende vergangener Woche, dass auf dem PC im April unter anderem ein Foto einer nackten Jugendlichen gefunden wurde. Eine Mutter fand deutliche Worte: „Wir hätten gern selbst entschieden, ob unsere Kinder in der Kita noch sicher aufgehoben sind oder nicht.“

Wer die nun wiederhergestellten Dateien gelöscht hat, ist nicht bekannt. Die Rede war von rund 2500 Dateien, die eine Computerfirma im Auftrag der Gemeinde rekons-truieren konnte, nachdem der PC von der Polizei freigegeben worden war. Cyfkas Mitarbeiterin Sabine Borlinghaus hat die Dateien durchgesehen, und sie beruhigte die Anwesenden an diesem Abend zumindest in einer Frage, die wohl jeden Elternteil beschäftigte: „Es waren keine kinderpornografischen Bilder darunter, es sind nur Erwachsene zu sehen.“ Strafrechtlich sei das nicht relevant. Ein Vater kritisierte daraufhin das Vorgehen der Ermittler: „Der Rechner stammt aus keinem Handwerksbetrieb, in dem zig Männer arbeiten, sondern aus einer Kita. Ich vermisse das Fingerspitzengefühl der Polizei.“

Was sich genau in den vergangenen Monaten in der Kita abgespielt hat, erläuterten Cyfka und die Kita-Mitarbeiter den Eltern. Doris Cousin-Boos, die jetzt übergangsweise die Kita leitet, schilderte: „Am 7. März habe ich erstmals eine Datei gesehen, die sich nicht öffnen ließ. Am nächsten Tag war alles gelöscht.“ Das sei zweimal passiert. Die Erzieherinnen fanden Daten auf dem Rechner, die Frauennamen oder sexuelle Anspielungen als Dateinamen trugen.

Das Erzieherteam beauftragte ihren damaligen Leiter nach eigenen Angaben dreimal damit, die Funde an den Träger, und damit an die Gemeinde und deren Chef Michael Cyfka, zu melden. Doch das geschah offenbar nicht. Erst am 17. April, mehr als vier Wochen später, als sich eine der Dateien am PC öffnen ließ, informierte Cousin-Boos nach eigenen Angaben Cyfka über die Funde.

Der Ortschef, dessen Frau zu dem Zeitpunkt kurz vor der Geburt ihrer Zwillinge stand, alarmierte Polizei und Staatsanwaltschaft, veranlasste telefonisch, dass der PC aus der Einrichtung entfernt wurde. Seine Mitarbeiterin bewahrte den Rechner in ihrem Büro auf, bis die Polizei ihn am Folgetag abholte. Vier Tage später erhielt die Gemeinde den PC zurück mit dem Hinweis, dass sich keine strafrechtlich relevanten Inhalte darauf befanden. Dass die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen zum 30. April eingestellt hat, habe er erst am 21. Juni schriftlich mitgeteilt bekommen, antwortete der Ortschef gestern auf die wiederholt gestellte Frage, warum er nicht früher die Eltern informiert habe. Bis dahin sei er in der Annahme gewesen, das Verfahren laufe noch.

Der ehemalige Leiter der Kita hat am Mittwoch vergangener Woche seinen Job gekündigt. Er scheidet Ende Juli aus dem Dienst aus. Am Freitag hat Cyfka ihn vom Dienst beurlaubt: „Ich wollte ihn aus der Schusslinie nehmen, um ihn zu schützen.“ Cyfka betonte mehrfach: „Das ist kein Schuldeingeständnis.“ Der Rechner sei nicht passwortgeschützt gewesen, was ein Fehler gewesen sei. Jeder in der Kita hätte deshalb die Dateien laden können. Aus diesem Grund sei er auch nicht dienstrechtlich gegen den Kita-Leiter vorgegangen. Genau das hatten aber Grüne, SPD und Freie Liste in ihrem Flugblatt gefordert, das Ende vergangener Woche an alle Haushalte in der VG verteilt wurde. Cyfka: „Dann hätte ich konsequenterweise das ganze Team entlassen müssen.“ Der ehemalige Kita-Leiter war an diesem Abend nicht anwesend.

Auf Nachfrage unserer Zeitung bestritt er, mit den Vorfällen etwas zu tun zu haben. „Ich habe gekündigt, weil das Verhältnis im Team gespannt war“, sagt er. Das habe nichts mit dieser Affäre zu tun. Es sei nicht richtig, dass er explizit damit beauftragt wurde, den Ortschef zu informieren. „Mir wurde aufgetragen, nach dem PC zu schauen, das habe ich versäumt, das stimmt“, so der ehemalige Leiter der Einrichtung. Er habe nie nachgesehen, was sich auf dem Rechner befand.

Die internen Ermittlungen laufen derweil weiter, wie Cyfka betonte. Auch die Polizei sei erneut eingeschaltet. Den Eltern sagte er zu, alle Schritte künftig zeitnah an sie zu kommunizieren und die Abteilung für Kindesschutz im Mainzer Ministerium als unabhängige Instanz einzubeziehen.

Denise Bergfeld

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