Julia Klöckner im Bundestag
Nach kurzer Nacht vollmotiviert in Berlin gelandet
Einen langen Abend und eine kurze Nacht hatte Julia Klöckner, die die Stimmenauszählung in der Kreisverwaltung Bad Kreuznach verfolgte und anschließend noch im Brauwerk bei ihrer Wahlparty vorbeischaute.
Annika Scheidt

Den Wahlkreis gewonnen – und womöglich trotzdem nicht im Bundestag? So hätte es Julia Klöckner (CDU) ergehen können. Ist es aber nicht: Die 52-Jährige zeigt sich nach einer kurzen Nacht erleichtert und sagt: „Ich bin happy.“

Ob es ein Stoßgebet gen Himmel gab, ist nicht überliefert. Könnte aber durchaus so gewesen sein. Julia Klöckner (CDU), die sich den Wahlkreis 200 mit 32,3 Prozent der Stimmen nach ihrer Niederlage gegen Joe Weingarten im Jahr 2021 zurückholte, war um 1.30 Uhr „wie ein Stein ins Bett gefallen“. Es folgte ein kurzer, unruhiger Schlaf. Erst um 2.30 Uhr stand fest, dass die 52-Jährige das Direktmandat erhält und in den Bundestag einzieht. „Das zeigt die Absurdität des neuen Wahlrechts. Es kann doch nicht sein, dass direkt gewählte Abgeordnete nicht in den Bundestag kommen. Das kann zur Verdrossenheit über das neue Wahlrecht führen. Von wegen: Jede Stimme zählt... Das kann man den Menschen draußen nicht erklären. Hier muss dringend nachgebessert werden“, bezieht Klöckner deutlich Position.

In der Kreisverwaltung Bad Kreuznach hat die Guldentalerin die Stimmenauszählung verfolgt. Dann ging es zum SWR zur TV-Runde der rheinland-pfälzischen Spitzenpolitiker, kurz machte sie auch Station im Brauwerk, wo sich die CDU-Familie versammelt hatte. „Viele waren noch gar nicht da, weil sie noch bis zu später Stunde als Wahlhelfer im Einsatz waren. Wir holen das nach. Es wird zeitnah ein Fest für alle meine Unterstützer geben. Ich bin ihnen zu großem Dank verpflichtet. Was da in meinem Wahlkampf geleistet wurde, war fantastisch.“

„Der Wahlabend hat meiner Heimat gehört und nicht Berlin.“
Julia Klöckner (CDU)

Am Morgen nach dem Wahltag – nach nur zweieinhalb Stunden Schlaf – blickt die CDU-Schatzmeisterin und wirtschaftspolitische Sprecherin ihrer Partei im Gespräch mit unserer Zeitung gut gelaunt und motiviert in die nahe Zukunft. „Die Tasche hatte ich gestern schon gepackt. Jetzt geht es nach Berlin. Dort hätte ich auch am Sonntagabend schon sein sollten. Ich habe mich dagegen entschieden: Der Wahlabend sollte meiner Heimat gehören.“

Im Minutentakt laufen SMS und WhatsApp ein, berichtet sie. Von vielen guten Wünschen und Gratulationen begleitet. Auch der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu habe sich bei ihr gemeldet und nach der Handynummer von Friedrich Merz gefragt: Er wolle ihm gratulieren.

Am Montag um 9 Uhr steht in Berlin eine Präsidiumssitzung an: Dort trifft sie erstmals nach der Wahl auf Merz, mit dem sie am Sonntag via SMS in Kontakt stand. Um 10 Uhr trifft sich der Bundesvorstand der CDU, danach der Fraktionsvorstand. Klöckner wird sich dann mit ihrem Büro-Team treffen: „Da wurde mitgezittert. Es ging ja auch um die Arbeitsplätze meiner Mitarbeiterinnen.“ Eine Podiumsdiskussion, ein Treffen der rheinland-pfälzischen Landesgruppe der CDU, danach Pressetermine… Der Tag sei randvoll.

„Ich bin jetzt einfach erst einmal happy. Und dann schauen wir, was kommt.“
Julia Klöckner auf die Frage, ob sie womöglich ein Ministerinnenamt übernimmt.

Das Wahlergebnis, auch im Wahlkreis 200 mit Blick auf das gute Abschneiden der AfD, verstehe sie eindeutig als „Weckruf“. Es werde einen langen Atem brauche: „Wir müssen die Gründe, die viele zum AfD-Wählen gebracht haben, ganz schnell anpacken. Ich lasse mich nicht desillusionieren. Man sieht, was Nicole Höchst, die wenige kennen und die ganz selten hier präsent ist, erreichen konnte. Vor allem natürlich durchs Internet. Aber für mich ist das Glas halbvoll und nicht halbleer.“ Sie nehme so viele Anliegen der Menschen draußen mit, die sie bei ihren Wahlkampfauftritten im direkten Kontakt aufgenommen habe: Und das sei nur durch den direkten Austausch möglich und nicht aus der Ferne.

„Ich gehe dahin, wo es wehtut. Da scheue ich mich nicht. Ich gehe auch direkt auf AfD-Wähler zu“, verweist Klöckner auf nicht vorhandene Berührungsängste.

In Berlin müsse man jetzt konsequent agieren, Schritt für Schritt: Wie kann eine Koalition mit der SPD aussehen? Welche Posten bekommt die CDU? „Und dann müssen die Personen passen“, erklärt Klöckner. Welche Rolle sie darin hat? „Das muss man sehen.“ Ob ein Ministerinnenamt oder eine sonstige bedeutende Position auf sie zukomme? Diese Frage lässt sie offen. „Ich bin einfach happy, dass das jetzt alles geklappt hat, und schaue, was da kommt.“

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