Rückblick: Nach dem Corona-Ausbruch auch in der Kirner Baptistengemeinde (wir berichteten gestern) herrschte zunächst Funkstille. Dann, am Freitag, hatten Ron Budschat, Leiter der Corona-Stabsstelle des Kreises, und der Leiter der Baptisten telefonischen Kontakt. Der habe ihm zugesagt, erklärte Budschat anschließend, dass die Gemeinde die Corona-Regeln weiter beachten werde, am Wochenende keine Gottesdienste gehalten würden und man Infektionen melde, um eine Kontaktnachverfolgung zu ermöglichen.
Am Freitag lief das Kirner Corona-Krisenmanagement auf Hochtouren. Es wurden Dutzende Tests gemacht und einige positive Fälle „herausgefischt“. Traurige Gewissheit: Es gibt eine Kombination der hochansteckenden englischen Mutationsvariante mit dem asymmetrischen Verlauf – also Corona-Infekten ohne erkennbare Symptome. Das kam bei den ersten Ergebnissen des Testmobils heraus, das am Sportheim des SC Kirn-Sulzbach Station machte.
Dort empfing Kita-Leiterin Alexandra Ulrich-Uebel die Bürger, die sich aufgrund der Testergebnisse von Dienstag (wir berichteten) der Prozedur unterziehen mussten. Ulrich-Uebel zum Ablauf: „Da sieht man, wie wichtig Elternausschuss-Arbeit ist.“ Alles sei optimal vorbereitet und die Testpersonen gut von der Stabsstelle informiert gewesen. „Ich ziehe den Hut vor den Familien, wie sie alle kooperiert haben,“ sagte sie. Das ging schon am vergangenen Freitag los, als eine Familie von ihrem positiven Ergebnis wusste und vor der Fahrt zum Arzt die Kita informierte. Folge: Die U-3-Gruppe wurde sofort unter vorläufige Quarantäne gestellt, dann die zweite Gruppe samstags und sonntags „abgemeldet“ und die Schulkinder montagsfrüh isoliert. Dienstags kam der Test-Bus des DRK, machte 80 PCR- und 74 Schnelltests und ordnete für die meisten Quarantäne an. Alexandra Ulrich-Uebel: „Nahezu 100 Prozent der Familien kamen zum Test, auch die, die nicht in Quarantäne mussten.“ Gestern kam für jene, die nach den Testergebnissen vom Dienstag als Kontaktpersonen gelten, das Testmobil am Sportheim vorgefahren. 30 PCR-Test (Laborkosten: 600 Euro pro Test) und 21 Schnelltests wurden noch einmal vorgenommen. Am 22. April ist erneut ein Testlauf geplant. Ob es noch weitere Schwerpunkt-Tests geben wird und muss, werden auch die Ergebnisse des Testzentrums im VG-Trauzimmer als Dauereinrichtung zeigen.
Alexandra Ulrich-Uebel war mit einer Praktikantin wegen Freizeit nicht positiv und auch nicht von der Quarantäne betroffen, konnte daher am Freitag als „Empfang“ Eltern und Großeltern betreuen. Auch die Kolleginnen aus der Quarantäne arbeiteten mit, freute sie sich über den Zusammenhalt.
Gibt es jetzt ab Mittwoch eine Ausgangssperre? In Mainz und Bingen soll sie nach einem Gerichtsurteil aufgehoben werden, weil das ein „zu tiefer Eingriff in die Grundrechte“ sei. Eine solche Sperre sei nur möglich, wenn andere Maßnahmen zur Corona-Eindämmung nicht wirkten. Das müsse überprüft werden, was weder Stadt noch Land getan hätten. Einen Beleg für die Wirksamkeit der Ausgangssperre gebe es bisher nicht, sagt das Gericht.
Testmarathon und viele kleine Corona-Baustellen
Es „brennt“ sozusagen an allen Ecken. Jeder will Auskunft, die Telefone laufen heiß. Krisenmanagement ist gefragt. Eine der ersten Maßnahmen gestern Morgen war der Test der Tafel-Mannschaft um Ellen Kriegel. Die überwiegend älteren ehrenamtliche Helfer/innen der Tafel Kirn wurden per Schnelltest überprüft, weil sie ja in einem Kundenkontakt stehen. Zweite Maßnahme der VG-Mannschaft um Bürgermeister Thomas Jung: Helfer beauftragen, die für die betroffenen und in Quarantäne befindlichen Großfamilien (unter anderem eine Mutter mit sieben Kindern) die erforderliche Babynahrung einkaufen gehen. So ging es am Freitag den ganzen Morgen. Fragen über Fragen auch beim Ordnungsamt. „Die Leute sind verunsichert, wollen wissen ob sie in Quarantäne müssen und wie es in den Schulen und Kitas aussieht“, so Rolf Fuchs. Er verweist darauf, dass die ohnehin schon weit und breit mit der komfortabelsten Testzeit ausgestattete Teststation im VG-Trauzimmer nochmals ausgeweitet wird. Jetzt wird auch samstags von 9 bis 12 und von 13 bis 16 Uhr getestet. Werktags wird von 9 bis 14 Uhr (dienstags bis 13 Uhr) und mittags von 15 bis 19 Uhr (mittwochs bis 18 Uhr) getestet. Fuchs verspricht: „Wenn noch Leute in der Warteschlange stehen, wird solang weitergearbeitet, bis alle fertig sind.“ Auf unsere Frage, warum man die Testung nicht einfach durchlaufen lässt, sagt Fuchs: „Wir sind doch dankenswerterweise auf Apotheken und die drei ehrenamtlichen Organisationen DRK, Bergwacht und DLRG angewiesen. Da kann ich nicht einfach noch bestimmen wollen und Dienstzeiten ansagen.“ Wie rege die kostenlosen Tests in der VG angenommen werden, zeigt die Zahl bis gestern Mittag mehr als 2650 Tests. Gerade einmal zehn waren bis dato positiv. Mittags um 13.30 Uhr waren es dann aber zwölf, auch in der Stadt Kirn kamen weitere drei hinzu. Den per Schnelltest positiv getesteten Personen wird dann beim Hausarzt oder in der Teststation Windesheim, beim DRK-Kreisverband in Bad Kreuznach oder im Kurhaus Maasberg (Sobernheim, auf Vermittlung der Kreisverwaltung) ein PCR-Test abverlangt. Ron Budschat, Leiter der Corona-Stabstelle des Kreises, sagt zum vierstelligen Kreis der Personen, die in Quarantäne müssen, es handele sich dabei natürlich nicht nur um Leute aus Kirn. Zur Quarantäne verpflichtet sind laut Absonderungsverordnung alle, die engen Kontakt mit positiv getesteten Personen haben. Das können etwa Banknachbarn von positiv getesteten Schülern sein. Sie sind dann aber direkt PCR-Test-pflichtig. Wenn es sich um den inzwischen überall grassierenden britischen Corona-Erreger handelt, dann sind sogar zwei Tests nötig, sagt Budschat: „Dann ist am Ende der Quarantäne ein weiterer Test zur Freigabe fällig.“
Immer wieder überschlagen sich in diesen Tagen und Stunden die Gerüchte: So hieß es gestern Morgen, in der größten Kirner Kita (Ohlmannstraße) seien mehrere positive Fälle aufgetaucht. Das bestätigte sich gestern Morgen (noch) nicht. Von den fünf Kirner Kitas sind also im Prinzip nach Kenntnisstand gestern Mittag vier offen. Die Kita Kirn-Sulzbach ist geschlossen, weil bis auf wenige Kinder und die Kitaleitung alle in Quarantäne sind. Die vier anderen Kirner Kitas (zwei städtische, der evangelische und der katholische Kindergarten) sollten nach Absprache mit der Elternschaft weitgehend heruntergefahren werden, hatte Landrätin Bettina Dickes schon am Donnerstag gesagt. Nach Rücksprache mit den vier Kita reagierten die meisten Eltern und hielten sich an die Empfehlung, ließen ihre Kinder zu Hause. Erste Beigeordneter Christa Hermes, die für die Kitas zuständig ist, informierte: „In der Kita Ohlmannstraße wurden am Freitag nur sechs Kinder betreut.“ Hermes ist froh über die optimale Kooperation mit den Kitaleitungen und auch den Teststationen. Das laufe hervorragend. Weniger gut findet es die Beigeordnete, dass ein nötiger Lockdown mit allen Konsequenzen nach Gesetzeslage erst am Mittwoch möglich ist. Bei einer so hohen Inzidenz müsse es doch möglich sein, sofort Maßnahmen zu ergreifen und nicht alles bis Mittwoch noch so zu belassen, als wäre nichts passiert.
Wie es weitergeht, ist offen, denn das hängt auch vom weitere Infektionsgeschehen und den Testergebnisse ab. So ist noch offen, welche Kitas am Montag noch Kinder aufnehmen können oder müssen. Es geht immerhin allein in Kirn um rund 400 Kitakinder. Hinzu kommt der Betreuungsbedarf der Grundschule Dominikschule. Die drei anderen Grundschulen der VG Kirner Land sind noch offen. Geschlossen ist auch die Realschule plus auf Kyrau bis mindestens Dienstag.