Was wird aus dem Gesundheitszentrum Glantal (GZG) in Meisenheim? Seit die bis dahin geheime Kommandosache des geplanten Verkaufs am Dienstag publik wurde, kursieren Überlegungen zur Zukunft, aber auch Unsicherheiten. Was der Aufsichtsrat am 7. März beschlossen hatte, wurde der Belegschaft und der Öffentlichkeit am 18. März offenbart, einen Tag zuvor wurde die Politik informiert: In der jetzigen Form ist das Gesundheitszentrum nicht länger wirtschaftlich und gesetzeskonform zu betreiben. Unter der Überschrift „langfristige Standortsicherung“ wurde der Plan verpackt – „in den nächsten Monaten sollen Trägergesellschaften die Chance erhalten, das Krankenhaus, die angeschlossene Pflegeschule sowie die MVZ-Sitze in ihr Portfolio aufzunehmen“.
Denn in das Spektrum des Landeskrankenhauses als aktuellem Träger passt das Gesundheitszentrum eigentlich gar nicht, führten Geschäftsführer Alexander Wilhelm und Thorsten Junkermann, Regionaldirektor Nord, aus. Für die Spezialisten in Sachen psychiatrischer, psychotherapeutischer, psychosomatischer und neurologischer Behandlung ist die „somatische“ (auf den Körper bezogene) Medizin nicht die Kernaufgabe, die in den weiteren Einrichtungen des Landeskrankenhauses wie beispielsweise in Andernach, Mainz, Rheinhessen-Nahe oder Bad Kreuznach gar nicht zum Programm gehört. Meisenheim ist insofern ein Sonderfall, den es in Zukunft nicht mehr in dieser Form geben soll. So will es auch die Lauterbach’sche Krankenhausreform, die auf die Konzentration von Leistungen in spezialisierten Kliniken und damit auf eine erhoffte Leistungssteigerung setzt.

„So können wir keine solide Gesundheitsversorgung in der Region sicherstellen.“
Landeskrankenhaus-Geschäftsführer Alexander Wilhelm
Die Fallzahlen in den klassischen Behandlungsfeldern und der Fachkräftemangel sprechen hier nicht für das Gesundheitszentrum Glantal. Für Geschäftsführer Wilhelm ist klar, „dass wir so keine solide Gesundheitsversorgung in der Region sicherstellen können“. Bleibt die Suche nach einem Investor in einem europaweiten Interessenbekundungsverfahren. Gesucht wird ein neuer Träger, zu dem das Angebot des Gesundheitszentrums passt, der quasi aus einem Zukauf Synergien schöpfen kann.
Das Interessenbekundungsverfahren soll möglichst bis zur Sommerpause 2025 abgeschlossen sein, ein Trägerwechsel ist bereits zum Jahresbeginn 2026 angedacht, sagen die Manager. Man sei Herr des Verfahrens, könne auswählen und sei nicht auf einen Mindest- oder Höchstbieter angewiesen – es gehe ja nicht um ein Insolvenzverfahren. Das Sprachheilzentrum bleibt vom Verkaufsangebot ausgeschlossen. Eine „Filetierung“ des restlichen Pakets – etwa mit Veräußerung nur des Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) mit seinen Arztsitzen – wird ausgeschlossen: „Es braucht die gesamte Struktur.“ Auch eine kommunale Trägerschaft wird nicht als möglich erachtet.
Landeskrankenhaus will zu seiner Verantwortung stehen
Immerhin: Das Land stehe zu einer Verantwortung und Investition, hatte Nicole Steingaß, Vorsitzende des Aufsichtsrats des Landeskrankenhauses und Staatssekretärin im Gesundheitsministerium, versichert. Bei der Gründung im Jahr 2015 hatten das Land 27 Millionen Euro und das Landeskrankenhaus 20 Millionen in Meisenheim investiert. Für Geschäftsführer Alexander Wilhelm gilt deshalb das Wort: „Eine Schließung des Standorts ist ausgeschlossen. Das Gesundheitszentrum wackelt nicht.“ Der Betrieb des GZG laufe während des Verfahrens normal weiter.
Hat die Stiftung Kreuznacher Diakonie Interesse?
Eine heiße Spur führt nach Bad Kreuznach. Die Stiftung Kreuznacher Diakonie, ein veritabler Big Player in der Gesundheitsversorgung in Rheinland-Pfalz, ist örtlich am nächsten dran, betreibt in Meisenheim Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen – ist aber derzeit mit der Integration des Krankenhauses St. Marienwörth in den Stammbetrieb in der Bad Kreuznacher Ringstraße vollends ausgelastet. Aus verlässlichen Quellen hat unsere Zeitung erfahren, dass es dazu mindestens ein Gespräch gegeben hat. Das überrascht wenig: Die Drähte von Regionaldirektor Junkermann zu seinem ehemaligen Arbeitgeber, er war Geschäftsführer von 2014 bis 2017 bei der Diakonie. Hat die Diakonie Interesse am Gesundheitszentrum? „Als komplexer Träger mit einer Verantwortung für die Gesundheitsversorgung in der Region sind wir immer daran interessiert, die medizinische und pflegerische Versorgung nachhaltig zu sichern und prüfen deshalb alle Optionen. Im Rahmen der kommenden Gespräche werden wir erörtern, in welcher Weise eine Beteiligung für uns in Betracht kommen kann“, heißt es dort aus der Diakonie-Zentrale. Ein Dementi klingt anders. Und eine eigene Neurologie (das Aushängeschild in Meisenheim) würde in Sachen Schlaganfallbehandlung Sinn ergeben. Das Landeskrankenhaus äußert sich zu einer vermuteten Verbindung so: „Es hat Gespräche gegeben, aber nicht zum Gesundheitszentrum Glantal. Es ging unter anderem um die Integration von ehemaligen Maßregelvollzugspatienten und Kooperationen zwischen der Pflegeschule der Diakonie in Bad Kreuznach mit unseren eigenen Bad Kreuznacher Einrichtungen.“
Was ist, wenn niemand zugreift?
Möglich und notwendig ist allerdings ein Plan B, falls kein Interessent zugreift. Dann wolle man das Gesundheitszentrum Glantal weiter betreiben. Welche Umstrukturierungen und Einschnitte dann erforderlich würden, wird noch nicht näher definiert. Das Management umschreibt das mit „deutliche Veränderungen“. Ende 2024 arbeiteten im Krankenhaus 421 Personen, fürs MVZ Meisenheim (ohne Hausarztpraxen) 17, und in der Schule waren 66 Mitarbeitende (inklusive Schüler) registriert. So ergeben sich insgesamt 504 Mitarbeiter.
130 stationäre Betten und 30 Rehabetten werden vorgehalten, die Auslastung wird mit 76 bis 82 Prozent beziffert. „Wir haben kein Nachfrageproblem, sondern ein Personalproblem“ sagt Regionaldirektor Thorsten Junkermann. Das Landeskrankenhaus ist juristisch eine Anstalt des öffentlichen Rechts (AöR). Bezahlt wird aktuell nach TV-L, dem Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst der Länder – und laut Geschäftsführung will man auch nur an ein tarifgebundenes Haus übergeben. Wie hoch das Defizit wirklich ist, will niemand verraten.
Belegschaft reagiert geschockt
Im Pressegespräch wurde betont, die Belegschaft des GZG habe in Versammlungen die Nachricht vom geplanten Verkauf des GZG samt Pflegeschule und MVZ-Sitze sehr ruhig und gefasst aufgenommen. Einige Mitarbeiter sehen dies auf Nachfrage etwas anders. „Wir waren alle ziemlich erschrocken und total geschockt.
Man hätte eine Stecknadel fallen hören können – so still war es in der Halle. Wir haben Angst, weil wir nicht wissen, wie es weitergeht. Für einige Kollegen steht die Existenz auf dem Spiel“, erklärten mehrere Beschäftigte. Ihr Eindruck: „Es gibt ganz viele Diskussionen im Krankenhaus, in der Pflegeschule und bei den Ärzten. Wir haben das keineswegs locker hingenommen. Aber wir haben ausgeharrt bis zum Ende, weil wir wissen wollten, was noch kommt.“
„Ich habe die Entscheidung des Landeskrankenhauses zur Kenntnis genommen und kann sie irgendwo nachvollziehen.“
Meisenheims Stadtbürgermeister Reinhold Rabung
Erst am Montagmittag wurde die Belegschaft kurzfristig zur Versammlung am Dienstag eingeladen. Politische Amtsträger wie Landrätin Bettina Dickes, VG-Bürgermeister Uwe Engelmann und Meisenheims Stadtbürgermeister Reinhold Rabung waren zu diesem Zeitpunkt bereits informiert, jedoch mit der Auflage, vorerst Stillschweigen zu bewahren. Rabung sagt: „Ich habe die Entscheidung des Landeskrankenhauses zur Kenntnis genommen und kann sie irgendwo nachvollziehen. Aber ich hoffe für die Stadt Meisenheim und die Menschen, dass die Versprechungen eingehalten werden und die Versorgung der Bürger aus der Region weiterhin gewährleistet ist. Wir können zwar nichts ändern an der Entscheidung, aber wir werden die Entwicklung beobachten.“
Lösungen für gegenseitige Verflechtungen gefragt
„Niemand hier hat gewusst, was auf uns zukommt, nicht einmal die Führungsebene“, bedauern GZG-Mitarbeiter. Dies bestätigt Stephan Backs, Kaufmännischer Direktor des GZG. „Ich war nicht informiert und habe erst am Dienstagmorgen um 8.30 Uhr von diesem Vorhaben erfahren.“ Anschließend wurden der Personalrat und in weiteren Versammlungen die Mitarbeiter informiert. „Da gab es viele traurige Gesichter, die Stimmung war ruhig und gefasst. Aber es standen eine Menge Fragen im Raum“, resümierte Stephan Backs. Er versichert, dass er den Mitarbeitern bei Fragen zur Seite stehen will.
Belinda Fuchs, Therapeutische Direktorin des Sprachheilzentrums (SHZ), hat eine gedrückte Stimmung bei den Mitarbeiterversammlungen wahrgenommen. Die von den Landeskrankenhaus-Vertretern angeführten Beweggründe seien inhaltlich durchaus nachvollziehbar, findet sie. Schon vorab habe man intern diskutiert, welche Auswirkungen das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) auf das Gesundheitszentrum Glantal habe. Es sei nun Aufgabe des Direktoriums, die Sorgen der Mitarbeiter ernst zu nehmen und ihnen bei aufkommenden Fragen Sicherheit zu geben. Denn der Betrieb müsse weiterlaufen. Das SHZ bleibt zwar eine Einrichtung des Landeskrankenhauses, dennoch sei die Einrichtung von anstehenden Veränderungen betroffen. Beispielsweise wird das SHZ von der Küche des GZG mitversorgt, auch die Hauswirtschaft und der technische Dienst sind bislang für beide Häuser tätig. Für solche und weitere Unterstützungsprozesse seien dann Lösungen zu finden.