Damals habe die Landesregierung dem Kauf zugestimmt: „Wenn Sie dran kommen, dann beschaffen.“ Von einem Rückgaberecht sei die Rede gewesen, von einem Landeszuschuss und einem sechsstelligen Betrag der Sparkasse, rief die Landrätin in Erinnerung.
Heute wissen wir: alles Schall und Rauch. Kein Zuschuss, kein Rückgaberecht, kein Sparkassenbetrag. Dickes blickte im Kreistag auf die damaligen zahllosen Gespräche, auf Beratungen mit Experten der Feuerwehren, der Rettungsdienste, der Krankenhäuser.
Dem Kreistag hatte sie am vergangenen Freitag, also 72 Stunden vor der Sitzung, die Chronologie der kaufentscheidenden Tage Ende März und bis in den April hinein vorgelegt. Linke, FDP und Freie Wähler hatten sie gefordert. „Auf allen Ebenen war die Beschaffung von Masken, Desinfektionsmitteln und Beatmungsgeräten Thema Nummer eins“, sagte Dickes. Ja, betonte die Landrätin einmal mehr, mit dem damaligen Wissen würde sie die Geräte auch heute wieder beschaffen, was nicht bedeute, dass sie nun Tag für Tag Beatmungsgeräte kaufen wolle. „Dann müssen Sie klagen“, rief sie den Fraktionen zu, sollten die sich mit ihren Antworten nicht zufrieden geben. „Mit Schaum vor dem Mund“, so Dickes weiter, werde sie auch künftig nicht antworten.
Die Positionen der Fraktionen zum Gerätekauf hatten wir bereits am 1. und 3. September allesamt im Blatt, daher die gestrige Kreistagsdiskussion hier in Kürze:
Rainer Dhonau (Die Linke) bekräftigte seine Haltung, man sei belogen worden. Er nannte die formalen Gründe, die auch damals gegen eine Beschaffung gesprochen hätten, zitierte das Landeskatastrophenschutzgesetz und verurteilte die „christlich-demokratische Werteunion“, noch im Mai gegen den Kreis Bad Kreuznach als „Sicheren Hafen“ für Flüchtlinge gestimmt und als Regierungspartei einst die Schließung vieler Krankenhäuser mitgetragen zu haben.
Der Kauf der Geräte sei nicht Aufgabe des Kreises, wohl aber der Schulbusverkehr, bei dem sich auch die Landrätin kürzlich „genüsslich“ zurückgelehnt und dem Land die Verantwortung dafür zugeschoben habe, erklärte Dhonau. Thomas Bursian (FDP) betonte wie alle Fraktionssprecher, keine Schuldigen in einer schwierigen Situation brandmarken zu wollen. Doch eine Missachtung der Gremien, fehlende und viel zu späte Information prangerte auch er an. Er fragte nach einem Verkauf und schlug vor, sich rasch für die vom Bund momentan verschenkten Beatmungsgeräte zu bewerben. CDU und SPD wollten keine echte Transparenz, kritisierte Jürgen Klein (AfD), der damit auf die Rolle beim Kauf auch von Kreisgesundheitsdezernent Hans-Dirk Nies (SPD) anspielte. Klein regte einen Notfallausschuss oder auch Notfallkreistag an, der in solchen Fällen künftig einzuschalten sei.
Carsten Pörksen (SPD) erklärte, nicht an einer von Dickes einberufenen Dringlichkeitssitzung des Kreisausschusses am 27. März teilgenommen zu haben: „Warum an einer Sitzung teilnehmen, wenn vorher bereits die Kaufentscheidung gefallen war?“ Die Fraktionsvorsitzenden hätte man einbeziehen müssen, befand Pörksen. Bei den Schulbussen, einer Pflichtaufgabe des Kreises, das angeblich nicht sofort reagierende Land zu kritisieren, aber bei den Beatmungsgeräten, die keine Pflichtaufgabe seien, sofort Landeshilfen zu fordern – das warf auch er der CDU vor.
Die Gesundheit der Bevölkerung stehe an erster Stelle, sagte Erwin Manz (Grüne). Dickes habe eine damals nachvollziehbare Entscheidung getroffen. Heute müsse man aus den Fehlern lernen, etwa eine bessere Kommunikation mit den Fraktionen und Gremien pflegen. Einen Verkauf der Geräte vor der Winterzeit lehnt Manz ab. Ja, ergänzte Dritte Kreisbeigeordnete Petra Kohrs (ebenfalls Grüne) wenig später, sie würde dem Kauf der 50 Geräte wieder zustimmen und schäme sich für diese Diskussion, die im Nachhinein „so übel“ laufe.
Anke Schumann (Freie Wähler) bat darum, die Emotionsebene zu verlassen und auf die Sachebene zu wechseln. Hier gehe es allein um die Frage, ob der Kauf und die Eilentscheidung der Landrätin rechtens gewesen sei. Auch sie kritisierte die fehlende und verspätete Information des Kreistages („Das war respektlos“) und schäme sich, Teil eines Gremiums zu sein, dass nicht nachgefragt habe – und zwar nicht etwa dazu, dass die Geräte gekauft wurden, sondern zur Art: „Nicht das D A S zählt, sondern der Weg dahin.“ Für ihren Fraktionskollegen Herbert Drumm bleibt unfassbar, dass Dickes weiter betone, wieder so handeln zu wollen. Darin sieht er einen „Verstoß gegen Recht und Ordnung“.
Auch Peter Michel (FWG) haben sich die Bilder er Corona-Toten eingebrannt. Anfangs habe es überall an Beatmungsgeräten gefehlt. „Wäre nur ein solches Gerät zum Einsatz gekommen, wir hätten die Landrätin gelobt und würden diese Diskussion heute nicht führen“, ist sich Michel sicher. Außerdem: „Damals hatte doch niemand den Mut, ihr zu widersprechen, weil keiner wusste, was kommen wird.“