Wenn es nach dem Willen des Jugendhilfeausschusses geht, sollen auch Pflegefamilien elterngeldähnliche Zusatzleistungen bekommen. Der Jugendhilfeausschuss empfiehlt dem Stadtrat darum, 1000 Euro den Pflegefamilien monatlich zur Verfügung zu stellen.
Pflegeeltern können zwar Elternzeit in Anspruch nehmen, Elterngeld sieht der Gesetzgeber für Pflegefamilien allerdings nicht vor. Eine schreiende Ungerechtigkeit, da war sich die Mehrheit im Ausschuss einig. So benachteiligt, darf man sich nicht wundern, dass immer weniger Menschen bereit sind, Pflegekinder aufzunehmen. Laut Jugendamt ziehen nicht zuletzt durch die fehlende finanzielle Unterstützung immer mehr potenzielle Pflegeeltern ihre Bewerbung zurück. Ein Gehalt reicht Paaren oft nicht aus, um ihren bisherigen Lebensunterhalt ausreichend sicher zustellen. Bei Alleinstehenden ist die Problematik zumeist noch größer, da hier kein zweites Elternteil mit eigenem Gehalt zur Verfügung steht.
Ausfall von Pflegefamilien wäre fatal
Im Stadtjugendamt weiß man, dass der Ausfall von Pflegefamilien aus entwicklungspädagogischer Sicht fatal für das Aufwachsen dieser Kleinkinder wäre, was zudem für die Stadt einschneidende monetäre Auswirkungen hat. So betragen die Kosten in einer Pflegefamilie für Kinder bis 6 Jahre rund 1400 bis 2500 Euro, während ein Platz in einer Erziehungsstelle oder Heimeinrichtung Kosten bis zu 5000 Euro im Monat kostet. Hinzu kommen Bekleidungsgeld, Taschengeld und zumeist noch individuelle Zusatzleistungen, sodass die Kosten für die Stadt auf einen Gesamtbetrag von rund 6000 Euro hinauslaufen. Deshalb haben sich bereits verschiedene Jugendämter dazu entschlossen, elterngeldähnliche Zusatzleistungen zum Pflegegeld zu finanzieren.
22 Fälle von Kindeswohlgefährdungen
Das Pflegekinderteam möchte zukünftig eine verlässliche Anzahl potenzieller Pflegepersonen aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Schichten für die Vermittlung von Säuglingen und Kleinkindern vorhalten. Daher ist es zwingend erforderlich, die finanzielle Grundsicherung der Pflegeperson für die Unterbringung des Säuglings und des Kleinkindes sicherzustellen. Aus fachlicher Sicht stellt die Unterbringung eines Säuglings in einer Pflegefamilie eine für seine Entwicklung deutlich adäquatere Form dar. Trotz der Auszahlung einer elterngeldähnlichen Leistung liegen die Aufwendungen im Einzelfall deutlich unter den Aufwendungen für eine Heim- oder Erziehungsstellenunterbringung. Ausschussvorsitzende Juliane Rohrbacher warb dafür, Pflegeeltern nicht gegenüber leiblichen Eltern zu benachteiligen: „Es ist wichtig, dass wir potenziellen Pflegefamilien einen Anreiz bieten“, meinte sie. Kurz ging die Diskussion auch über die Höhe der Zahlung. Verworfen wurde die Auszahlung des Höchstsatzes von 1800 Euro, sodass sich der Ausschuss auf einen Mittelwert von 1000 Euro einigte. In den ersten 14 Tagen des neuen Jahres ist das Jugendamt 21 Fällen von Kindeswohlgefährdungen nachgegangen (davon fünf Säuglinge). Vier Säuglinge wurden dann aus den Familien herausgenommen. „Hier brennt die Hütte“, hieß es von der Fachstelle. Darum wurde auch eine Überlastungsanzeige gestellt.