Es scheint mittlerweile nahezu jedes Mittel recht zu sein, um seine Macht zu erhalten oder seinen politischen Gegner zu bekämpfen.
Rumschreien und Pöbeln, wie Büfep-Mann Gerd Cremer, der als Zuschauer in der Stadtratssitzung auf sich aufmerksam machte, genauso wie eiskaltes, gewieftes Taktieren am Rande des Erlaubten, wie die letztendlich erfolgreiche Oberbürgermeisterin Heike Kaster-Meurer (SPD) ihren Platz an der Spitze des Aufsichtsrates sicherte, schnelle und unberechenbare Wendemanöver, wie bei der Mega-Fraktion von FDP, Fairer Liste und Freien Wählern, und natürlich das gute alte Nachtreten und den anderen die Schuld geben, wenn man selbst eine Abstimmung verloren hat.
Und natürlich steht grundsätzlich jeder Beschluss, der einem selbst nicht in den Kram passt, im Verdacht „rechtswidrig“ zu sein. Ein Stadtrat voller „Juristen“ – das gibt's nur in Bad Kreuznach.
In der Vergangenheit wählte bislang der Gewobau-Aufsichtsrat seinen Vorsitzenden selbst. Vermutlich, weil man der OB diesen Posten, der wohl lukrativer aussieht als er in Wirklichkeit ist, nehmen wollte, erwirkten Karl-Heinz Delaveaux und Wilhelm Zimmerlin (Büfep), dass diese Wahl de facto im Stadtrat getroffen wird. Laut Gemeindeordnung ist das durch einen Weisungsbeschluss möglich und absolut rechtens. Der Stadtrat weist die elf städtischen Vertreter an, seinem Votum nachzukommen.
So sollte es am Dienstag in der Sondersitzung geschehen. Von einem offenen Votum im Stadtrat erhofften sich die OB-Kritiker einen neuen Vorsitzenden aus dem bürgerlichen Lager. Aber die Sache lief anders als geplant. Für den designierten Aufsichtsratsboss Manfred Rapp, CDU-Fraktionschef, gab es in zwei Anläufen keine Mehrheit. Man entschied, dann doch wohl besser im Aufsichtrat zu wählen. Also alles auf Anfang.
Das Ergebnis ist bekannt: Kaster-Meurer, die sich im Stadtrat bewusst schwammig gab, kandidierte und wurde gewählt, der Rechnung nach auch von den beiden FDP-Abgesandten – aber auch ohne deren beide Stimmen hätte sie reüssiert. Daraufhin folgten schwere Vorwürfe an das Lager der Liberalen: Man habe sich für den Posten des Stellvertreters – zu diesem wurde nämlich FDP-Mann Volker Stephan – kaufen lassen.
Manfred Rapp, der in der Sitzung des Aufsichtsrates ein drittes Mal unterlag, nimmt in einer Pressemeldung dazu Stellung. Er schreibt von Tricksereien, Lügereien und Kuhhandeln. „Es ging mir noch nie um Macht, um Machtspiele, um Gewinnen und Verlieren in der Politik, mir geht es einzig um das Wohl der Bürger und darum, dass nicht mehr Geld ausgegeben wird als eingenommen werden kann“, ist sich Rapp sicher.
Er habe der Gewobau, deren Gesellschaftern und damit insgesamt auch der Stadt Bad Kreuznach ein Angebot gemacht. Mehr habe er nicht tun können. Dass die OB nun wieder Vorsitzende sei, heiße nichts anderes, als dass sie sich nun selbst kontrolliere. „Respekt, wer das kann.“ Es stünden wichtige Themen an: der Bericht des Rechnungshofes mit seinen offenen Fragen und die schwierige Lage in den Weingärten. Rapp sei nun sicher, dass die OB sich 2022 zur Wiederwahl stelle.
Auch Stefan Butz (Liste Progressives Bad Kreuznach) hat Anmerkungen zur denkwürdigen Sondersitzung, in gewohnt süffisanter Art: „Was für eine Stadtratssitzung. Und was für eine Blamage für die FWG/Büfep“, schreibt er. „Ganz zu Anfang demaskiert sich Gerd Cremer (Büfep, Zuschauer), als das, was er ist: als rüpelhafter Lautsprecher ohne Kinderstube. Dass er bei seiner Schreiorgie mitten im Sitzungssaal stehend wie selbstverständlich keine Maske trägt, ist da nur noch ein weiteres Detail.“ Und dann habe es Karl-Heinz Delaveaux nicht geschafft, Manfred Rapp als Gewobau-Aufsichtsratschef zu installieren. Offensichtlich hat Delaveaux vergessen, eine Mehrheit für Rapp zu sichern. Rapp fiel mehrfach durch. Delaveaux zeigt sich als schlechter Verlierer und spricht danach von ,abgekartetem Spiel', weil sein abgekartetes Spiel einfach taktisch schlecht war.“
Und auch das zeigt: In der Stadt freut man sich gern. Vor allem über den Schaden des anderen. Und es geht weiter: Am kommenden Donnerstag wählt der Stadtrat den nächsten Bürgermeister.