Neuer Kreishandwerksmeister bricht eine Lanze fürs Ehrenamt und will Betrieben Service bieten
Kreuznacher Kreishandwerksmeister in schwierigen Zeiten: Auf Simon Henkel wartet jede Menge Arbeit
In sehr unruhigen Zeiten hat Simon Henkel (42) im Sommer das Amt des Kreishandwerksmeisters als erster Ansprechpartner für die 24 in der Kreishandwerkerschaft (KHS) Rhein-Nahe-Hunsrück vertretenen Innungen übernommen. Foto: Armin Seibert
frei HwK

In unruhigen Zeiten hat Simon Henkel (42) im Sommer das Amt als Kreishandwerksmeister und erster Ansprechpartner für die 24 in der Kreishandwerkerschaft (KHS) Rhein-Nahe-Hunsrück vertretenen Innungen übernommen. Nach zehn Jahren als Obermeister der Innung Sanitär, Heizung und Klima hat sich der Bad Kreuznacher im Juni erfolgreich um das Amt beworben.

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Er sieht die meisten in den Innungen der drei Kreise Bad Kreuznach (für den er zuständig ist), Rhein-Hunsrück und Birkenfeld in der KHS organisierten rund 1000 Betriebe gut aufgestellt für die aktuellen Herausforderungen. Der Winter steht vor der Tür. Energieversorgung, Corona, Inflation bewegen die Betriebe ebenso wie die Kunden.

Henkel hat sich von Beginn seiner Berufstätigkeit an auch dem Ehrenamt verschrieben. Er betont: „Jede ehrenamtliche Tätigkeit lohnt und bringt einen weiter, selbst wenn es eine kurze und anders als geplant verlaufene Zeit ist.“ Nach seiner Lehre bei ESR in Langenlonsheim, wo er im Team von Norbert Ruths auch zwei Jahre als Geselle arbeitete, besuchte er mit 21 Jahren die Meisterschule, erwarb Meisterbriefe im Sanitär- und Heizungsbau. 2003 wurden diese Gewerke zusammengelegt.

Beste Aussichten für junge Leute

Selbstständigkeit war stets sein Ziel. In seinem damaligen Wohnort Hochstätten gelang das mit seiner Frau Heike. „In Bad Kreuznach wäre es schwierig gewesen“, blickt Henkel zurück.

In Hochstätten engagierte er sich in der Feuerwehr und im Gemeinderat, in seiner Innung im Prüfungsausschuss. 2016 wurde er als Nachfolger von Paul-Gerhard Wagner Obermeister der SHK-Innung. Im Landesverband ist Henkel seit 2018 Kassenwart.

All das kostet Zeit. Aber diese Vielfalt, die Kontakte und die gemeinsamen Ziele seien es wert, meint Henkel. Diese Überzeugung vermittelt der Kreishandwerksmeister auch bei Gesprächen in Schulen, wenn es um die Berufswahl geht. Dann versucht er, junge Leute zu ermutigen, ihren Weg zu gehen und wenn es nicht funktioniert, was anderes zu machen.

Nach wie vor werden in Schulen das Abitur und anschließendes Studium als Top-Ziel genannt. Er selbst hat nach dem 10. Schuljahr, Lehre, Meisterbriefen, Selbstständigkeit seit 20 Jahren (15 Mitarbeiter) gezeigt, dass es anders geht. Wer mit Berufsreife aus der Schule kommt und seine Lehre mindestens mit der Note befriedigend abschließt, hat mittlere Reife, erinnert Henkel an den zweiten Weg. Von Schulen wünscht er sich mehr Unterstützung. Warum nicht in einem halben Jahr jede Woche in einer Doppelstunde die stiefmütterlich behandelten Handwerksberufe durchnehmen? Die Innungen würden helfen. Es sei schwierig, die Berufsbezeichnungen in die Köpfe zu bekommen. Welcher Schüler interessiert sich schon für SHK (Anlagenmechaniker Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik)?

Facheute sind gefragt und weiter rar

SHK-Fachleute werden gesucht. Das Wort Mangel will Henkel nicht bemühen. Das Handwerk habe sich im Gegensatz zum Handel, der durch Digitalisierung und Onlinegeschäft (Amazon) seit gut zehn Jahren leidet, gut behauptet. Online bestellte Technikteile müssten schließlich auch eingebaut werden.

Aber der Bundestrend droht auch die Nahe-Region auszubluten. In fünf Jahren gehen 150.000 Handwerker in Rente, und höchstens die Hälfte kommt nach. Um Jugendlichen das Handwerk schmackhaft zu machen, favorisiert Henkel eher zwei- bis dreitägige Praktika als monatelange Probeaufenthalte. Nach wenigen Tagen wisse ein Handwerksmeister, wen er vor sich hat. Wer sorgt für die Übersicht, wer bietet die Informationen für die Innungsbetriebe? Da warte viel Arbeit. Aber Henkel will es mit der KHS anpacken, die Digitalisierung vorantreiben, die sozialen Netzwerke einbinden.

Bewerbung einfach machen

„Bewerbung muss leicht werden“, fordert Henkel. Am Konzept dafür und der Finanzierung will er konsequent mitarbeiten. Henkel weiß, wie schwierig es für Jugendliche ist, den Durchblick zu bekommen. „Ich möchte heute keine 16 Jahre mehr sein und vor der Berufswahl stehen“, gibt er zu. red

Hektik bringt nichts: Heizungsbauer raten ihren Kunden, vor allem Ruhe zu bewahren

Den Mitgliedsbetrieben will Simon Henkel mit dem KHS-Team einen guten Service bieten. „Der Apparat soll bestmöglich funktionieren. Wir wollen Perspektiven eröffnen und ein Sprachrohr gegenüber der Politik sein.“Täglich erreichen seit Monaten bange Anrufe die Heizungsbauer. Jeder will sparen und nicht frieren. Wie kann man optimieren? In welche Technik soll man investieren? „Ruhig bleiben, abwarten, den Markt beobachten“, empfiehlt Innungsobermeister Simon Henkel allen, die aktuell eine funktionierende Heizung haben. Er rät von schnellen Investitionen in neue Technik eher ab. Dass in der aktuellen Situation Neukunden von Handwerksbetrieben nicht immer berücksichtigt werden können, sei Realität, sagt Henkel. Die Kapazitäten der Betriebe gäben es mitunter nicht her. Die Situation auf dem Ersatzteilemarkt habe sich zwar entspannt, aber bei Neuanlagen blieben viele Kunden bei bewährter Technik.„Ölkunden sind heute froh, dass sie trotz Literpreisen von 1,80 Euro beim Öl geblieben sind. Manche bauen auch 2023 neue Öl- oder Gas-Brennwertkessel ein, weil ab 2024 kein konventioneller Kesseltausch mehr möglich sein soll.

Für Neuanlagen wie Wärmepumpen sind lange Lieferzeiten zu befürchten“, erklärte Henkel: „Und wenn Länder wie China womöglich ihren Häfen schließen (Shanghai) und die Lieferkette unterbrochen wird, dann ist es schwierig.“ Der Politik vertraut der Kreishandwerksmeister in der Frage der Gas- und Stromversorgung. Denn wenn diese ausfällt, dann habe man andere Probleme als ein warmes Wohnzimmer.

Viel hängt auch davon ab, wie der Gesetzgeber agiert. So wurde aktuell wieder die Richtlinie für die Bundesförderung effizienter Gebäude geändert. Sie ist auf 1000 Quadratmeter Heizfläche begrenzt, förderfähige Kosten werden gedeckelt. Lesestoff für Betriebe und Investoren bietet die, Achtung: langes Wort, Mittelfristenergieversorgungssicherungsmaßnahmenverordnung (EnSimiMaV).

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