Mit Freiheitsstrafen von drei Jahren, drei Jahren und drei Monaten und vier Jahren ging das Verfahren wegen Cyberbetrugs vor dem Landgericht Bad Kreuznach gegen drei Männer aus Bremen und Bremerhaven am siebten von insgesamt zehn angesetzten Verhandlungstagen zu Ende. „Damit endet ein Prozess, der dankenswerterweise schlank gehalten werden konnte“, hob die Vorsitzende Richterin Annegret Werner die Kooperation zwischen Verteidigung und Staatsanwaltschaft hervor.
Niedrige Hemmschwelle bei Cyberbetrug
Schon am ersten Verhandlungstag hatte sich eine Verständigung abgezeichnet, die auch zustande kam und das Verfahren beschleunigte. Die 29, 27 und 23 Jahre alten Angeklagten waren schon deshalb an einer schnellen Aufarbeitung interessiert, weil sie seit April letzten Jahres in Untersuchungshaft sind. Und seit geraumer Zeit nicht wohnortnah, sondern in rheinland-pfälzischen Gefängnissen. Das hat vor allem für die beiden jüngeren, nicht vorbestraften Männer bedeutet, dass sie von jetzt auf gleich aus ihren Familien gerissen wurden. Nicht für alle Angehörigen ist die weite Anreise für einen Besuch in der Justizvollzugsanstalt machbar. Wie die Angeklagten bei der Urteilsverkündung erfuhren, werden sie voraussichtlich auch erst in einigen Monaten nach Bremen überstellt.
Die Anträge ihrer Anwälte auf Aufhebung der Haftbefehle oder Außervollzugsetzung gegen Kaution hatte die zweite Strafkammer abgelehnt. „Die Haftgründe bestehen fort. Das alles sind Folgen der Tatbegehung. Wenn man sich auf Bremen beschränkt, bleibt man in Bremen“, so Richterin Werner. Da eine Geschädigte ihren Wohnort im Kreis Bad Kreuznach hat, wurde das Verfahren bei der Staatsanwaltschaft Bad Kreuznach angesiedelt. Wie die Vorsitzende Richterin bei der Urteilsbegründung ausführte, erfreut sich das Geschäftsmodell, das die Angeklagten bundesweit mit weiteren unerkannt gebliebenen Personen im Hintergrund praktizierten, steigender Beliebtheit. Es sei leicht, damit sechs- bis siebenstellige Beträge zu erzielen, ohne den Opfern in die Augen sehen zu müssen, sagte Werner.
Als Bankmitarbeiter ausgegeben
„Das Modell variiert: mal ist es der falsche Polizist, mal ist es eine falsche Gewinnausschüttung oder wie hier der falsche Bankmitarbeiter“, nannte die Richterin einige „klassische“ Betrugsmaschen. Internetkriminalität ist eine große Herausforderung für die Ermittler. Und für die Geschädigten seien diese Fälle häufig mit der Scham verbunden, darauf hereingefallen zu sein, unterstrich Werner. „Ein Bankmitarbeiter genießt Vertrauen und man ist auf ihn angewiesen. Daher erschüttern solche Verbrechen das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung im besonderen Maß“, führte die Richterin aus. Die drei Angeklagten hatten sich 2023 zusammengetan, um Bankkunden Zugangsdaten für das Onlinebanking zu entlocken. Dafür besorgten sie sich Know-how und Daten aus dem Darknet.
Unter einem Vorwand, beispielsweise einer vermeintlich dringenden Aktualisierung, verschafften sich die Angeklagten mit Phishingmails und Anrufen bei Bankkunden Verfügungsgewalt über fremde Konten. Während der jüngste Angeklagte Anrufe bei Opfern tätigte, übernahmen die beiden anderen Angeklagten vor allem logistische und technische Aufgaben. Der Schaden für den gesamten Tatkomplex von Mitte 2023 bis Frühjahr 2024 beläuft sich auf rund 220.000 Euro. Die Beute ist komplett verschwunden. Das Gericht geht zugunsten der Angeklagten davon aus, dass etwa die Hälfte der zu Unrecht erlangten Beträge in dunkle Geldwäschekanäle bei diversen Mittätern unter anderem in der Türkei geflossen ist.