Landrätin: Keine Neiddebatten
Kreis: Bei Verdienstausfall ist Ratsbeschluss notwendig
Der ehrenamtliche Stadtchef Roland Ruegenberg macht neben seiner Aufwandsentschädigung auch Verdienstausfall geltend. Beides summiert sich für den Steuerzahler auf 59.400 Euro. Darüber gibt es Streit im Stadtrat.
Silke Jungbluth-Sepp

Landrätin Bettina Dickes aus dem Kreis Bad Kreuznach betont, dass man qualifizierte Menschen für das politische Ehrenamt begeistern muss - auch wenn sie noch im Berufsleben stehen. Dies gehe nur, wenn keine finanziellen Nachteile im Beruf entstehen.

Weil in Bad Soberheim Streit um die Verdienstausfall-Forderung gibt, die der ehrenamtliche Stadtbürgermeister Roland Ruegenberg geltend macht, wollte diese Zeitung wissen, wie das Thema Verdienstausfall und Freistellung bei ehrenamtlichen Bürgermeistern in den anderen Städten und in Ortsgemeinden im Kreis Bad Kreuznach gehandhabt und hat nachgefragt:

Grundsätzlich handele es sich bei einem geltend gemachten Verdienstausfall nicht um eine erhöhte Aufwandsentschädigung und damit mehr Geld für den einzelnen Bürgermeister, sondern um eine Form der Entgeltfortzahlung, die dem Arbeitgeber für den Ausfall des Mitarbeiters durch sein Ehrenamt erstattet werde, erläutert Kreis-Pressesprecherin Simone Mager. „Auf die Erstattung ihres Verdienstausfalls haben auch Selbstständige einen Anspruch.“

Anspruch bei Terminen während regulärer Arbeitszeit

Ehrenamtliche Ortschefs müssten häufig Termine während ihrer regulären Arbeitszeit wahrnehmen, zum Beispiel  Baubesprechungen oder Mitarbeitergespräche in Kitas. Diese Zeiten könnten dem Arbeitgeber über Entgeltfortzahlung erstattet werden, so wie dies zum Beispiel auch bei Mitgliedern der Feuerwehren der Fall sei, wenn sie im Einsatz oder auf Lehrgang sind.

Die Möglichkeit einer Entgeltfortzahlung oder zur Erstattung eines Verdienstausfalls werde im Kreis von ehrenamtlichen Orts- und Stadtbürgermeistern parteiübergreifend genutzt, berichtet sie. Eine Statistik darüber, welcher und wie viele Ortsbürgermeister in den 118 Gemeinden Verdienstausfall geltend machen, werde in der Kreisverwaltung nicht geführt.

Für eine pauschale Verdienstausfall-Regelung brauche es einen Ratsbeschluss. „Beispiele dafür gab und gibt es sowohl in sehr kleinen wie in größeren Gemeinden. Zum Beispiel wurde ein Ortsbürgermeister einer Ortsgemeinde mit rund 1500 Einwohnern mit sechs Stunden in der Woche freigestellt. In einer anderen kleineren Ortsgemeinde gibt es eine Regelung, in der der Arbeitgeber eine pauschale Erstattung von 20 Prozent des Arbeitslohnes erhält.“

Detaillierte Abrechnung einzelner Stunden

Alternativ bestehe ein Anspruch auf detaillierte Abrechnung von stundenweisem Verdienstausfall. „Dies wird in vielen Gemeinden so praktiziert. Ein konkretes Beispiel ist Kirn. Dort führt der Stadtbürgermeister Buch über seine Tätigkeiten als Stadtbürgermeister während seiner Arbeitszeit. Stunden, in denen er seinem Arbeitgeber nicht zur Verfügung steht, werden erstattet. Das ist in Kirn etwa eine halbe Stelle im Durchschnitt.“

Die Höhe des erstatteten Lohnausfalls richte sich nach dem Gehalt. Bei Selbstständigen könne ein glaubhaft versicherter Dienstausfall herangezogen werden. So sehe die Hauptsatzung des Kreises Verdienstausfall auf Grundlage eines entsprechenden Antrags vor. „In der vergangenen Legislaturperiode wurde Verdienstausfall bei zwei selbstständig tätigen Kreistagsmitgliedern gezahlt: Statt des festgesetzten Sitzungsgeldes wurde auf Antrag eine am Verdienstausfall orientierte Pauschale pro Sitzung ausgezahlt, die deutlich höher lag als die damals üblichen 30 Euro Sitzungsgeld.“

„Über alle Parteigrenzen hinweg besteht Konsens, dass man qualifizierte Menschen für das politische Ehrenamt begeistern muss, auch oder erst recht, wenn sie noch im Berufsleben stehen.“
Landrätin Bettina Dickes

Landrätin Bettina Dickes (CDU) betont: „Über alle Parteigrenzen hinweg besteht Konsens, dass man qualifizierte Menschen für das politische Ehrenamt begeistern muss, auch oder erst recht, wenn sie noch im Berufsleben stehen. Das funktioniert nicht über Neiddebatten. Vereinbarkeit von Ehrenamt und Beruf geht nur, wenn keine finanziellen Nachteile im Beruf entstehen.“

Verdienstausfall wird in der Verbandsgemeinde Nahe-Glan nach Auskunft der VG-Verwaltung an keinen anderen ehrenamtlichen Bürgermeister gezahlt, auch der Meisenheimer Stadtchef erhält lediglich eine Aufwandsentschädigung. Ruegenbergs Vorgänger als Stadtchef, Michael Greiner, hatte bis zum Beginn seiner Altersteilzeit das Stadtbürgermeisteramt über Jahre zusätzlich zu seinem Vollzeit-Hauptberuf ausgeübt.

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