Seit Jahren kämpft der Kreis Bad Kreuznach mit roten Zahlen und unausgeglichenen Haushalten – auch beim Etat des laufenden Jahres, der mit einem Defizit von 16,46 Millionen Euro noch immer nicht genehmigt wurde. Doch woher sollen die ersehnten Mehreinnahmen kommen? Zuletzt war es ein Tabu, die Kreisumlage zu erhöhen, schließlich liegt sie mit 47,2 Prozent im landesweiten Vergleich ganz weit oben. Doch nun führt offenbar kein Weg an einer Anhebung vorbei – allerdings fällt sie etwas geringer aus, als von der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) gefordert.
Bereits im Dezember hatte der Kreistag das Zahlenwerk beschlossen, allerdings meldete die Behörde Bedenken an. Teils dringende Investitionen, etwa beim Thema Straßen und Schulen, liegen damit erst mal auf Eis, wie Landrätin Bettina Dickes (CDU) erläuterte und betonte: „Ich kann nur appellieren, dass wir handlungsfähig bleiben.“
„Das Ganze grenzt schon fast an Erpressung für die zuständigen Gremien.“
Markus Lüttger (CDU)
Für Handlungsfähigkeit, sprich einen ausgeglichenen Etat, „muss es eine Umlage-Erhöhung sein, sonst gibt es keine Genehmigung“, berichtet Dickes aus einer Videoschalte mit der Behörde. „Deswegen habe ich Ihnen das heute vorgelegt – mit ganz großem Bauchweh“, so die Kreischefin. Denn die Anhebung ist eine Mehrbelastung für die insgesamt 118 kreisangehörigen Ortsgemeinden.
Die Vorlage sah eine Erhöhung der Kreisumlage um 1 Prozentpunkt auf 48,2 Prozent vor. Das soll – bei einem Jahresfehlbetrag von 16,46 Millionen Euro – immerhin rund 2,2 Millionen Euro mehr in die Kreiskasse spülen. In den Redebeiträgen des Plenums klangen besonders zwei Aspekte durch: Der Kreis braucht mehr finanzielle Unterstützung vonseiten des Landes und/oder des Bundes. Und: Der Kreis muss handlungsfähig bleiben.
„Die Alternative zur Entscheidung bedeutet Stillstand, und den können und wollen wir uns nicht leisten.“
Anke Denker (SPD)
„Das Ganze grenzt schon fast an Erpressung für die zuständigen Gremien“, befand etwa CDU-Chef Markus Lüttger. Ein ausgeglichener Haushalt sei allein durch Einsparungen nicht möglich, dafür seien die Kosten etwa für Soziales, Personal und den ÖPNV zu hoch. Die Kommune müsse allerdings handlungsfähig bleiben.

Pflichtaufgaben malen den Kreishaushalt rot an
Glücklich ist niemand mit den „Miesen“ im Haushalt des Kreises Bad Kreuznach für das kommende Jahr. Eher notgedrungen stimmten die im Kreistag anwesenden Fraktionen mit Ausnahme der AfD, die sich enthielt, für den Planentwurf.
Anke Denker (SPD), Kreistagsmitglied und Ortsbürgermeisterin von Schweppenhausen, unterstrich, „dass diese Entscheidung besonders die finanzschwachen Ortsgemeinden belasten wird“. Allerdings wären andernfalls keine freiwilligen Ausgaben mehr möglich, und das wolle man auf alle Fälle verhindern. „Die Alternative zur Entscheidung bedeutet Stillstand, und den können und wollen wir uns nicht leisten.“
„Wir sitzen hier zähneknirschend.“
Andrea Manz (Grüne)
Grünen-Sprecherin Andrea Manz gab mit Blick auf die finanzielle Ausstattung der Kommunen zu bedenken, ob „all die Strukturen, die wir haben, nicht mehr die passenden für die heutige Zeit“ sein könnten. „Wir sitzen hier zähneknirschend.“ Für Thomas Bursian, Fraktionsvorsitzender der FDP, war klar: „Wir können der Sache nicht zustimmen. Hier liegt ein Strukturversagen vor – von Bund, Land und Kreis.“ Er bezeichnete die Erhöhung um 1 Prozentpunkt als ein Placebo.
Auch die AfD lehnte die Erhöhung ab, wie Fraktionschef Jürgen Klein deutlich machte: „Investitionen sind wichtig für den Erhalt der Infrastruktur, es kann aber nicht sein, dass sich die Spirale immer weiterdreht.“ Bund und Land schafften höhere Standards, seien aber nicht bereit, dafür zu bezahlen. Von einem „strukturellen Problem, das dringend angegangen werden muss“, sprach Rainer Dhonau, Vorsitzender vom BSW.
„Ich fühle mich fremdbestimmt von einer Behörde.“
Daniel Flock (Linke)
Peter Michel (FWG) kritisierte die Erhöhung als Symbolpolitik, die das „grundsätzliche Finanzierungsproblem“ nicht löse. Ebenso machte sich Herbert Drumm (Freie Wähler) für „eine grundsätzliche Neuordnung der Finanzsituation von Bund, Länder und Kommunen“ stark. Und Daniel Flock (Linke) befand: „Ich fühle mich fremdbestimmt von einer Behörde.“
Die Fraktionen von CDU und SPD beantragten, die Kreisumlage nicht um 1, sondern um 0,8 Prozentpunkte anzuheben. Damit würde die Abgabe auf 48 Prozent steigen. Dem Vorschlag stimmten 26 Mandatsträger zu, bei 13 Neinstimmen und 3 Enthaltungen.
Klage gegen das Land?
Das Land Rheinland-Pfalz muss den Kreis Bad Kreuznach finanziell besser unterstützen, befand der Kreistag am Montag. Notfalls wolle man dies auf rechtlichem Wege erwirken. Daher hat das Gremium auf Antrag der CDU beschlossen, eine verfassungsrechtliche Klage auf eine angemessene finanzielle Ausstattung der Kommunen anzustoßen beziehungsweise sich der Klage anderer Kreise anzuschließen. So plant etwa Cochem-Zell – ebenfalls wegen eines Haushaltsdefizits – rechtliche Schritte gegen das Land. Für den Kreis Bad Kreuznach soll die Verwaltung bis zur nächsten Kreistagssitzung prüfen, welche Einzelheiten bei einer Klage zu berücksichtigen sind.