Nachdem Cindy Lu Theis am 1. August ihre Stelle als Klimaschutzmanagerin der Verbandsgemeinde Nahe-Glan übernommen hatte, hat sie seit dem ersten Tag alle Hände voll zu tun. Ihre Hauptaufgabe ist es, ein Klimaschutzkonzept für die VG zu erstellen, das als Basis für Entscheidungen der politischen Gremien dienen kann, etwa bei Sanierungsprojekten oder Bauvorhaben.
Krieg erfordert schnelles Handeln
Doch die Energiekrise, die der russische Krieg gegen die Ukraine ausgelöst hat, erforderte schnelleres Handeln – auch in der Verwaltung. Einerseits drohte eine Gasmangellage, andererseits hatten das Land und teils auch der Bund Einsparziele bei Gas und Strom vorgegeben. Also waren Ad-hoc-Maßnahmen gefragt, um den Energieverbrauch zu drosseln.
Dazu gehört unter anderem, dass die Verwaltung ab Weihnachten neun Tage Betriebsferien macht, um die Büros in dieser Zeit gar nicht heizen zu müssen (wir berichteten). Aber auch viele kleine Stellschrauben wurden auf die Schnelle bewegt. Wie viel sich dadurch tatsächlich einsparen lässt, wird die Bilanz am Ende des Winters zeigen, sagt Verbandsgemeindebürgermeister Uwe Engelmann. „Das hängt natürlich auch davon ab, wie kalt und streng der Winter wird.“
Für eines sind die steigenden Energiekosten trotz aller Probleme indes hilfreich: „Es ist inzwischen bei allen angekommen, wie wichtig das Thema Energieverbrauch ist“, so Engelmann. Auch Bauamtsleiter Christian Schick sieht eine steigende Akzeptanz für Klimaschutzinvestitionen. „Vielen ist das Thema durch die steigenden Preise erst so richtig bewusst geworden“, hat er festgestellt.
Jedes Gebäude wird analysiert
Um jedoch nicht nur kleine Stellschrauben beim Klimaschutz zu bewegen, sondern größere Räder drehen zu können, muss klar sein, welche Projekte und Maßnahmen sinnvoll sind und am meisten für Klima und Finanzen bringen. Und da kommt Cindy Lu Theis ins Spiel. Die Aufgabe der Klimaschutzingenieurin ist es, so zügig wie möglich ein Klimaschutzkonzept für die VG zu erstellen. Nach 18 Monaten soll das Konzept stehen, in den folgenden sechs Monaten sollen schon erste Maßnahmen realisiert werden – so die Vorgaben des Bundesumweltministeriums, das den Löwenanteil ihrer Stelle finanziert.
Doch wie geht sie an diese Aufgabe heran? Am Anfang steht die Analyse des Istzustands, und zwar ganz konkret: Wie ist der Energieverbrauch der zahlreichen öffentlichen Gebäude von Schulen bis hin zu Dorfgemeinschaftshäusern, welche Energieform wird genutzt, wie ist der Bauzustand? „Es ist tatsächlich so, dass ich Verbrauchsabrechnungen anschaue, also etwa, wie viel Strom eine Schule verbraucht“, beschreibt sie. Auch der Fuhrpark der Verbandsgemeinde und der Ortsgemeinden wird erfasst. Aber auch, welche Rolle Verkehr und auch Handel und Gewerbe und die Privathaushalte in der Region beim Treibhausgasausstoß und beim Energieverbrauch spielen, fließt laut Theis in die Analyse des Istzustands ein.
Der Verkehr ist oft eine sehr große Stellschraube.
Cindy Lu Theis
Bei der Erstellung dieser Territorialbilanz hilft eine Software der Energieagentur Rheinland-Pfalz auf Grundlage der Bilanzierungs-Systematik Kommunal (Bisko). Teile der Daten können aus dem Energieatlas Rheinland-Pfalz eingepflegt werden. Auch Netzbetreiberdaten, Schornsteinfegerdaten, Zahlen zu installierten Wärmepumpen und vielerlei weitere Statistiken fließen in das umfassende Zahlenwerk ein, an dem im Auftrag der VG Nahe-Glan auch das Institut für angewandtes Stoffstrommanagement des Umwelt-Campus Birkenfeld als externer Dienstleister mitarbeitet.
„Der Verkehr ist oft eine sehr große Stellschraube“, weiß Theis aus den Klimaschutzkonzepten anderer Kommunen, die schon länger damit arbeiten – wie zum Beispiel der Kreis Birkenfeld. Allerdings weiß sie auch, dass darauf eine Verbandsgemeinde nur wenig Einfluss hat. Auch Industrie und Gewerbe tragen einiges zum Treibhausgasausstoß bei, wie sich an Daten der Energieversorger ablesen lässt, die ebenfalls in die Klimabilanz der VG einfließen.
Diese Statistiken machen zum Beispiel dann den Vergleich des Energieverbrauchs von Firmen derselben Branche in unterschiedlichen Regionen möglich. „Hier ist es je nach Ergebnis möglich, die Kommunikation mit den Betrieben zu suchen und darauf hinzuweisen“, so Theis. Doch entscheidend für das praktische Handeln der VG Nahe-Glan ist natürlich vor allem die Energiebilanz der kommunalen Liegenschaften, der Straßenbeleuchtung, des Fuhrparks und anderer Punkte, auf die die Kommunalpolitik aktiv Einfluss nehmen kann.
Rangliste von Maßnahmen
Wie die Ergebnisse im Einzelnen aussehen und welche Maßnahmen letztlich empfohlen werden können, wird Theis voraussichtlich im kommenden Herbst sagen können. Bis dahin soll das Klimaschutzkonzept samt konkreter Potenzialanalyse stehen. „Ziel ist es, die kurz- und mittelfristig technisch und wirtschaftlich umsetzbaren Einsparpotenziale zu beschreiben.“
Dabei geht es beispielsweise darum, ob ein Gebäude besser neue Fenster bekommen sollte oder eine andere Heizungseinlage. „Es müssen aber nicht nur große Projekte sein, je nach Szenario kann auch eine kleine Änderung sinnvoll sein“, sagt Theis. Allerdings sei es meist schon sinnvoll, große Blöcke abzuarbeiten wie auch kleinere Details – wenn unterm Strich möglichst viel für den Klimaschutz erreicht werden soll.
Am Schluss soll eine Liste mit einem Ranking sinnvoller Maßnahmen stehen, über die dann die Räte entscheiden können. „Die Gremien wollen Konkretes sehen, und für Entscheidungen braucht man nachvollziehbare Daten“, betont VG-Chef Engelmann. Christian Schick betont, dass die Gremien der 34 Ortsgemeinden letztlich selbst entscheiden, was am Ort getan werden soll. Auch Bürger und Vertreter von Wirtschaft und Initiativen sollen durch Veranstaltungen und Workshops beteiligt werden.
Fördermittel nutzen
Engelmann ist froh über die Bundesförderung, die es möglich macht, dass sich Cindy Lu Theis in der VG Nahe-Glan ausschließlich um den Klimaschutz kümmern kann, auch um Förderprogramme und Zuschüsse für die geplanten Projekte. „Es gibt viele Klimaschutzmaßnahmen, die gefördert werden können.“ Ein Topf voller Fördergeld ist das neue Klimaschutzprogramm des Landes, das 250 Millionen Euro bereitstellt. „Wir wollen auf jeden Fall sehen, wie VG und Ortsgemeinden daran partizipieren können“, kündigt Engelmann an.