Bad Sobernheim
Klaus und Käthe Martins Sobernheimer Brücken-Film lockte über 100 Bürger an
Ein Publikumsrenner war der Filmabend über den Brückenbau in Richtung Freilichtmuseum am Dienstag im Leinenborn, der auch ein Wiedersehen mit Freunden und alten Bekannten war.

Bad Sobernheim. Mit der Sonderfilmvorstellung „Eine Brücke über die Nahe in Bad Sobernheim“ läutete das Kulturforum die Juni-Kinowoche im Paul-Schneider-Gästehaus ein.

Dabei wurde kein Spielfilmklassiker oder ein bekannter Thriller präsentiert, umso mehr freuten sich die Organisatoren des Bad Sobernheimer Kulturforums über das heimatkundliche Interesse.

Der Vorstand um Thomas Neumann, Uwe Engelmann, Alois Bruckmeier und Ron Budschat schaffte unentwegt Stühle herbei, viele der über 100 Besucher bildeten eine Stehplatzkulisse, und neben dem netten Serviceteam überraschte Sascha Müller mit einem originellen Bauchladen mit Snacks, Backwerk und Süßigkeiten.

Unter den Gästen war auch Gudrun Wiest von der Kirner Dr.-Wolfgang-und-Anita-Bürkle-Stiftung. Engelmann dankte ihr, denn ein bereits aktiver Arbeitskreis werde die Stadtchronik seit 1985 in einem Buch fortschreiben, das die Bürkle-Stiftung mit einem erheblichen Geldbetrag fördert.

Ein neunminütiges Appetithäppchen war ein Dokumentarfilm über ein lieb gewonnenes Sobernheimer Wahrzeichen und Fotomotiv am Radweg: die Wehrfritzsche Papiermühle. Als städtische Mühle im Mittelalter erbaut, wurde sie gegen 1750 von einer Monzinger Familie Fuchs betrieben, bis sie ab 1800 von Wiegand Ignaz Wehrfritz bis um 1930 als florierende Papiermühle genutzt wurde. Nachkommen fehlten, 1936 erwarb die Gelatinefabrik Ewald sie.

Viel Nostalgie schwang am Dienstagabend mit. Zu allen Zeiten setzten sich Bürger für den Erhalt des Mühlrades ein. Eigens aus dem Schwarzwald wurde in einem damals spektakulären Transport samt Kranwagen ein massiver Eichenstamm als Welle herbei kutschiert. Zimmerer der Handwerkskammer Koblenz und Lehrwerkstätten brachten das 3,5 Tonnen schwere Mühlrad nach alten Vorlagen wieder zum Laufen, 1988 war noch unter Stadtbürgermeister Dr. Werner Dümmler die große Einweihungsfeier. Aber wenig Wasser im Mühlengraben ließ das Mühlrad verrotten. Wieder waren es Idealisten um den damals 71-jährigen Meddersheimer Schreinermeister Josef „Zeppi“ Munzlinger und seinen fleißigen Helfer, Stabsfeldwebel a. D. Albrecht Müller, die 2007 eine bei Hay gedrehte Welle einbauten und 24 Speichen und 24 Bogen erneuerten, wodurch das Mühlrad 75 Zentimeter größer wurde und sich seitdem auch im Niedrigwasser als touristisches Highlight „für die nächsten 100 Jahre“ drehen soll.

In der Pause informierte der Pferdsfelder Lehrer und einstige Grundschulrektor Werner Bohn über die Geschichte der Nahebrücke und stimmte für Geburtstagskind Otti Schmidt in der ersten Reihe zu ihrem 86. ein Ständchen an.

Dem 76-jährigen Klaus Martin, designierter Preisträger des „Goldenen Herzens“ der Bad Sobernheimer Helmut-Kochendörfer-Stiftung, und seiner Frau Käthe sowie Tochter Sabine als Sprecherin war der mit Texten von Werner Bohn gezeigte Film über den Brückenbau hinüber zum damaligen Kurhaus Dhonau (heute: BollAnts im Park), zur Janusz-Korczak-Straße, und zur Asklepios-Klinik, zum Max-Willner-Heim und ins Freilichtmuseum zu verdanken.

Seinerzeit drehte Bauingenieur Hasso Schmidt (Monzingen) mit seiner Super-8-Kamera die meisten Aufnahmen. Martin erläuterte die revolutionäre Entwicklung von Kameras, Systemen und Aufnahmebändern bis hin ins digitale Zeitalter, wo fingernagelgroße Mikrochips eine unfassbare Speicherkapazität haben. Das Sobernheimer Bauunternehmen Gebrüder Heimer, aber auch Dyckerhoff und Wittmann waren bauausführende Firmen, die nach der Rodung und den Fundamenten diese Vierfeldbrücke vorwärts über die Nahe schoben.

Die Brücke war nicht unumstritten („Rettet das Nachtigallental“), das öffentliche Interesse war groß. Nach sieben Monaten Bauzeit wurde 1976 mit Dr. Werner Dümmler und Landrat Hans Schumm Richtfest gefeiert. Breite Kragen und Schlaghosen waren in jener Zeit „in“. Das 91,5 Meter lange Bauwerk kostete 1,3 Millionen Mark. „Heute würde der Betrag in Euro bei Weitem nicht reichen“, meinten Zuschauer.

Nach der Einweihung forderte das Wasserwirtschaftsamt wegen Hochwasserstaugefahr den Abriss der alten Brücke, deren Fundamente gesprengt wurden. 1993 beim Hochwasser wurde die Meddersheimer Brücke stark beschädigt, doch die Brücke ins Nachtigallental trotzte den Fluten. Bernd Hey

Der Brückenfilm (DVD) ist bei Klaus Martin, 06751/2884, zu haben. Preis für eine DVD: 10 Euro

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