Kabarettist Urban Priol füllt an zwei Abenden die Kleinkunstbühne in der Loge im Haus des Gastes
Kabarettist Urban Priol macht die Bad Kreuznacher Loge gleich zweimal voll: Mehr nach oben gezogene Mundwinkel, bitte!
Der Mann mit den Comic-Touretten und Meister des fränkischen Inflektivs, Urban Priol, war mal wieder zu Gast in der Loge. Foto: Christine Jäckel
Christine Jäckel

Bad Kreuznach. Sie haben‘ s ja auch nicht leicht, die Kabarettisten, die Meister der geschliffenen Verbalkritik – bei der inflationär angestiegenen Zahl von Hobbynörglern im Land. Trotzdem bekommt Urban Priol die Bad Kreuznacher Kleinkunstbühne spielend voll, und das an zwei Tagen hintereinander.

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Der in Brettlgängerkreisen renommierte Franke vom Jahrgang 1961 weiß, was das Publikum erwartet. Nicht nur inhaltlich, auch im äußeren Erscheinungsbild liefert Priol. Auf der Bühne in der Bad Kreuznacher Loge steht das alkoholfreie Weißbier bereit, und die Frisur im Styling „kurz vorher noch mal in die Steckdose gegriffen“ sitzt. Für den versierten Wortspieler Priol der passende Habitus: Ihm stehen wortwörtlich die Haare zu Berge. Angesichts der jüngsten Wahlergebnisse in drei Ländern fragt sich nicht nur Priol: „Brauchen wir eine Zweistaatenlösung in unserem ganz nahen Osten?“

Priol greift durch und zu

Es gibt viel Schnellfeuer-Kabarett fürs Geld, da kann kein Zuschauer bei der Schlusspointe kurz vor 23 Uhr meckern. Und es gibt viele Anregungen, sich dem ein oder anderen gesellschaftlichen Streitthema, sei es Gendern oder Political Correctness, doch mal entspannt zu nähern – sprachliche Preziosen inbegriffen: „Ist Möhre die weibliche Form von Mohr?“

Ampel, Söder und AfD: Alle kriegen etwas ab

Das politische Personal der Republik, und zwar nicht nur die in weiten Kreisen ach so geschmähte „Ampel“, liefert den Masterminds der kritischen Unterhaltung eine Steilvorlage nach der anderen. Priol versammelt in seinem aktuellen Programm „Im Fluss“ alle üblichen Verdächtigen. Das bierdumpfige Auftreten der südländischen deutschen Politprofis hat es ihm als Franke besonders angetan, und da kann der Aschaffenburger mit fulminant gruseligen Söder- und Aiwanger-Parodien bestechen.

Wärmepumpe treibt um

Nicht, dass die Unionsschwesterpartei da zurückstünde: Friedrich Merz gibt sich alle Mühe, um in die Kabarettprogramme einzugehen. Der bienenfleißige Medienanalyst Priol entlarvt ihn kunstgerecht beim Thema Wärmepumpe, aus der das Blatt mit den vier Buchstaben in der ihm eigenen volksverhetzenden Manier den Heizungshammer gebastelt hat.

Auch Lokalmatadorin Klöckner muss dran glauben

Gegenüber der Widmung für den „großen Sauerländer“ blieb CDU-Lokalgröße Julia Klöckner nur angedeutet, da ist Priol vermutlich noch am Recherchieren. Was die Berliner Ampelkoalitionäre angeht, hat Urban Priol insbesondere die FDP in sein Herz geschlossen. Noch in der ersten Hälfte des Programms und noch vor Kanzler Olaf Scholz, erfahren die Liberalen eine satirische Vorzugsbehandlung. Da reicht unterm Strich gefühlt nur TV-Moderator Markus Lanz in der Häufigkeit der Nennungen heran.

Kubicki als Worst Case

Manche Momente, etwa wenn man darauf gestoßen wird, dass Gerhart Baum tatsächlich in der gleichen Partei wie Wolfgang Kubicki Mitglied ist, sind tatsächlich deprimierend – oder stimmen fassungslos, wie Markus Lanz sagen würde. Aber die Stümpereien der Blüte der FDP-Politprominenz gibt doch vorwiegend Anlass zu Gelächter. Von den Grünen hört man bei Priol wenig, und die Sozialdemokraten sind auch nur im Beiwerk präsent. Ist das schon der Abgesang für die aktuellen Berliner Regenten?

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