Weihnachten mal anders
Indisches Festmahl mit scharfem Huhn und Joghurt
An einer großen Festtafel schmeckt das gemeinsame Essen. Foto: Armin Seibert
Seibert Armin. Armin Seibert

Junge Menschen aus Indien zeigen in Kirn, wie man Weihnachten bei ihnen in der Heimat feiert. Das geht ganz anders als bei uns vonstatten.

Am großen Wohnzimmertisch in der Straße „Alter Berger Weg“ ist ein indisches Festmahl angerichtet. Es gibt Biriyani, scharf gewürzten Reis mit Gemüse und Hühnchen, dazu Joghurt mit Gurken und Obstsalat. Asim spricht das Tischgebet. Den 20 Gästen schmeckt es im „Schichtbetrieb“. Sweety, Christina und Kjal wohnen hier. Sie haben mit den indischen Jungs aus der Nachbarschaft gekocht, bewirten ihre Gäste. Unter dem Motto „Namaste“ finden sich montags hier die jungen Leute ein, die aus Ostindien nach Kirn gekommen sind. Sie lernen intensiv Deutsch, bereiten sich auf eine Zukunft als Fachkräfte vor.

Diesmal ist das Adventstreffen anders. Es geht nicht darum, deutsche Traditionen und den Advent zu kopieren und zu verstehen. Die jungen Leute haben uns eingeladen, zeigen Bilder aus ihrer Heimat und vermitteln mit Filmen, wie fröhlich Christen im mit 1,45 Milliarden Menschen bevölkerungsreichsten Land der Welt Weihnachten feiern. Wenn man sie lässt. Denn Christen sind mit 2,3 Prozent der Bevölkerung gegenüber 80 Prozent Hindus und 14 Prozent Moslems eine oft verfolgte Minderheit. Das ist beim Weihnachtsschmaus kein Thema.

Frisches in Öl gesiedetes Süßgebäck präsentieren Matthew, Martin Kilian, Jürgen Reinhard und Kajal. Foto: Armin Seibert
Seibert Armin. Armin Seibert

Indische Jugendliche feiern Weihnachten in Kirn. Fern der Heimat und mit ein bisschen Heimweh. Sie sie sind gern hier, haben sich gut akklimatisiert, lernen Land und Leuten kennen. Sie fühlen sich willkommen. Das spürt man. Mit ihnen freuen sich die „Namaste“-Initiatoren … Reinhard, Dirk Kunz und Martin Kilian, die mit Stadtmission-Gemeindemitgliedern Anlaufstelle und Ansprechpartner für die jungen Leute aus der Region Odisha geworden sind. Inzwischen sind 12 junge Leute in Kirn, fünf kommen noch. Sie alle haben Vollzeitjobs als Praktikanten oder SDJ’ler: Matthew und Asim bei Simona, Christina und Sweety im Krankenhaus, Kjal im Mutter-Kind-Heim, Anup in der Schule, Swetarani und Sibarani im Krankenhaus Simmern. Neben ihrer Arbeit lernen sie fleißig Sprachen. Matthew und Asim haben schon den Kurs begonnen, der zum Uniniveau führt.

Motiviert und fleißig zu sein heißt nicht, sich einzuigeln. Die Gäste nehmen die herzliche Offenheit der jungen Inder wahr. Matthew und Asim haben noch „Nachtisch“ fürs Festessen, PC-Präsentationen vorbereitet, zeigen Bilder und Filme aus ihrer subtropischen Heimat. Dort ist es, als wir bei frostigen Außentemperaturen tafeln, mit 21 Grad für indische Verhältnisse recht kühl. Matthew zeigt Bilder von der 2022 gebauten Kirche im Dorf, in der an Weihnachten (gefeiert wird am 25. Dezember) bis zu 1000 Menschen fröhlich und laut feiern, trommeln und tanzen. In Weihnachtsliedern wird „im Namen Jesu“ skandiert, das Leben spielt sich an Weihnachten und am Tag der Liebe (2. Januar) im Freien ab. Da gibt es viel zu essen – Reis, Fleisch, Süßigkeiten.

Vielleicht gelingt es den ins Stadtmission-Gemeindeleben unter anderem mit Klaviermusik gut integrierten indischen Christen, altbekannte Weihnachtsbräuche ein wenig aufzufrischen, zu bereichern. Wie wäre es mit einem Weihnachtstanz? Warum nicht. In Indien kann sich dem keiner entziehen.

Sie sind die Chefinnen am Herd: Sweety, Christina und Kajal haben in ihrer Wohnung im alten Berger Weg in Kirn indische Spezialitäten gekocht. Foto: Armin Seibert
Seibert Armin. Armin Seibert

Wenn alles gut geht, werden die jungen Leute 2025 Ausbildungen beginnen. Sie wollen als willkommene Fachkräfte in Kirn, Simmern, Kitzingen und Bad Sobernheim arbeiten und bleiben. Trotz der Winterkälte. Diese schlägt Neuankömmlingen aufs Gemüt und macht Mützen, Handschuhe und Pullover wichtig. Weihnachten auf indisch - eine für uns schöne Erfahrung. In der liebevoll von den Bewohnerinnen weihnachtlich geschmückten Wohnung, die Gemeindemitgliedern einrichten halfen, spürt man Herzlichkeit, Willkommenskultur.

Matthew (von links), Konny Germann, Asim und Anup schnippeln gemeinsam für den Nachtisch. Foto: Armin Seibert
Seibert Armin. Armin Seibert

Jugendliche und Gemeindemitglieder pflegen herzlichen, offenen Umgang. Es wird viel gescherzt. Das Kochen und Schnippeln von Zwiebeln, Karotten und Bohnen und Obst bringt Vorfreude aufs Essen, Pfeffer, Kreuzkümmel, Koriander, Zimt, Kardamom und Lorbeerblätter verbreiten ungewohnten, alternativen Adventsduft. Richtig gut.

Das Projekt „Namaste“ greift

Initiator des Projekts „Namaste“, das junge Christen aus Ostindien als Fachkräfte an die Nahe vermittelt, ist Jürgen Reinhard, der mit seiner Frau Jutta seit Langem den Kontakt zum indischen Hilfsprojekt pflegt. Das Ehepaar Raja und Annegret Pani und Tochter Asha haben „Uppahar“ im  Mai 2000 aufgebaut und unterstützen Kinder und Jugendliche in 41 Dörfern. Beim Festessen in Kirn zeigten uns die jugendlichen Bilder vom Projekt-Haus. Das Hilfsprojekt erreicht 5000 Kinder und unterstützt 300 Kinder in Heimen mit fundierter Schulbildung durch Patenschaften. Heimkinder kommen aus armen Familien, viele sind Waisen. „Uppahar“ kooperiert mit der Carmel English Medium School, die gute Abschlüsse ermöglicht.

In Kindertagesstätten werden Nachhilfe und gutes Essen angeboten, es gibt Sport- und Spielangebote. Durch den beruflich bedingten Kontakt von Indienkenner Jürgen Reinhard, der in der Kirner Stadtmission aktiv ist, kam die Idee, geeigneten und motivieren jungen Leuten als Fachkräften eine Perspektive in Deutschland zu bieten. Mit Pastor Dirk Kunz und Martin Kilian fand sich ein gut vernetztes erfahrenes Team, das sich vor allem auch um soziale und kulturelle Integration kümmert. as

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