Schulsozialarbeit ist vielen Eltern und Kindern ein Begriff. Doch gibt es Vergleichbares auch für jüngere Kinder in Kitas? Ja, gibt es – und zwar in Familienzentren. Sie bieten nicht nur Sozialarbeit in Kitas an, sondern haben den Auftrag, Eltern wohnortnah zu unterstützen, zu beraten, zwischen ihnen Kontakte zu fördern sowie Kitas untereinander zu vernetzen. Das Ganze findet in acht neuen Familienzentren im Kreisgebiet statt und ist mit dem neuen Kita-Gesetz im Juli 2021 entwickelt worden.
Hier ein Finanz-Topf für Sprachförderung, dort einer für Elternberatung: Bevor das Kitagesetz im Juli 2021 in Kraft getreten ist, gab es eine Vielzahl verschiedener Finanzierungsmöglichkeiten, um in Kindergärten Bildungs- und Beratungsangebote vorzuhalten. Das ist mit dem Kitagesetz nun Geschichte. Im Kreis Bad Kreuznach sind auf der Grundlage des Sozialraumbudgets in den vergangenen vier Jahren acht Familienzentren entstanden, die an Kitas angeschlossen sind. Die Standorte sind Hargesheim, Hüffelsheim, Stromberg, Langenlonsheim, Fürfeld, Kirn, Meisenheim und Bad Sobernheim.
Bedarf in Gemeinden unterschiedlich hoch
Das Besondere daran: Das Sozialraumbudget soll strukturelle Benachteiligungen über die Familienzentren ausgleichen. Wie das konkret ausgestaltet wird, ist abhängig von der Situation vor Ort. „Der Bedarf ist in den Gemeinden unterschiedlich hoch“, erklärt Landrätin Bettina Dickes und verweist exemplarisch auf den Kirner Raum, in dem der Bezug von Sozialhilfe bei rund 16 Prozent liegt – ein vergleichsweise hoher Wert.
Die Familienzentren sollen also dazu beitragen, Kindern gleiche Entwicklungschancen zu bieten. Sie beruhen auf drei Bausteinen: Kita-Sozialarbeit, Elternberatung und der Arbeit von sogenannten Fachkräften für Bildungs- und Erziehungspartnerschaften. Organisatorisch sind die Zentren in Kitas integriert. Es handelt sich in der Regel um einen Raum, in dem Kita-Sozialarbeiter ihren Standort haben, jedoch für mehrere Kitas zuständig sind und sie regelmäßig aufsuchen. Insgesamt gibt es 12 (Teilzeit-)Stellen. „Das ist ein komplett neues Tätigkeitsfeld“, sagte Jonas Schenk vom Kreisjugendamt. Außerdem haben neun Fachkräfte für Bildungs- und Erziehungspartnerschaften ihre Arbeit aufgenommen, die in den Kitas angesiedelt sind.
„Ich sehe diese Arbeit auch als Prävention, denn so kann man frühzeitig handeln.“
Kita-Sozialarbeiterin Melanie Reimann, Familienzentrum Hüffelsheim
Eine der Kita-Sozialarbeiterinnen ist Melanie Reimann vom Familienzentrum in Hüffelsheim, die Eltern zu Themen rund um die Erziehung und Entwicklung berät oder, bei intensiverem Bedarf, an weitere Beratungsstellen vermittelt. Sie begleitet Eltern im Alltag, zum Beispiel bei Behördengängen, bei Kinderarztterminen oder besucht sie zu Hause, wenn es Probleme gibt. Neun Kitas mit 600 Familien gehören in ihren Aufgabenbereich.
„Ich sehe diese Arbeit auch als Prävention, denn so kann man frühzeitig handeln“, sagt sie. Fällt ein Kind etwa im Kindergarten auf, weil es Probleme hat, kann im Vorschuljahr schon Kontakt aufgenommen werden zu Schulsozialarbeitern, um den Übergang in die Grundschule so leicht wie möglich zu machen. Diese Netzwerkarbeit soll kurze Wege ermöglichen und macht mit Beratung und Begleitung etwa zwei Drittel der Arbeit der Kita-Sozialarbeiter aus. Ein weiteres Drittel entfällt auf Elternarbeit und Projekte wie Elternabende zu bestimmten Themen oder Elterncafés.
„Die Familienzentren richten sich an alle Eltern, es ist nicht nur für Eltern mit Problemen.“
Landrätin Bettina Dickes.
Zudem wird in den Kitas und Familienzentren Elternberatung von der Bad Kreuznacher Beratungsstelle angeboten. Die Fachkräfte für Bildungs- und Erziehungspartnerschaften wiederum unterstützen nicht nur Familien in den Kitas dabei, ihre Kinder individuell zu fördern. Sie sollen auch Treffen oder Projekte starten, damit sich Familien kennenlernen. Dazu werden Angebote in und zwischen den Kitas etabliert, um Eltern zu vernetzen – wie etwa beim Familienfest für alle Eltern und Kinder der Kitas des Familienzentrums Langenlonsheim am kommenden Samstag. „Die Familienzentren richten sich an alle Eltern, es ist nicht nur für Eltern mit Problemen“, unterstrich Landrätin Dickes.
So viele Eltern nehmen das Angebot an – und das kostet es
Die Gesamtausgaben lagen im Jahr 2023 bei rund 1,5 Million Euro, von denen der Kreis 40 Prozent oder 600.000 Euro trägt. Die Ausgaben für 2024 und 2025 beruhen noch auf Vorausplanungen; für vergangenes Jahr werden sie zurzeit ermittelt. Vorgesehen waren für 2024 1,5 Million Euro, für 2025 1,6 Million Euro und für 2026 2 Millionen Euro. Zugenommen hat auch der Bedarf nach Kita-Sozialarbeit: Im Jahr 2023 wurden im Kreis Bad Kreuznach 223 Familien durch Kita-Sozialarbeit betreut, im Jahr 2024 waren es bereits 305 Familien. In den Familienzentren wurden 2023 insgesamt 297 Familien durch die Elternberatung betreut sowie 47 Familienabende in Kooperation mit den Kitas durchgeführt. Im vergangenen Jahr waren es 273 Familien und 29 Elternabende.