In ländlichen Gebieten kommt man mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht von A nach B? Da fahren tagsüber kaum Busse in die weiter außerhalb liegenden Gemeinden? Falsch gedacht – jedenfalls, was weite Teile der Nahe-Region angeht. In einer Greenpeace-Studie schafft es der Kreis Bad Kreuznach im deutschlandweiten Vergleich auf die Spitzenposition mit der besten ÖPNV-Qualität in ländlich geprägten Kreisen. Was die Studie aber auch zeigt: In der Region hat ein kleiner Teil von 15 Prozent der Bevölkerung keinen Zugang zu Bussen und Bahnen. Was nicht gut ist, aber besser als in allen anderen ähnlich strukturierten Kreisgebieten in Deutschland.
Untersucht wurden in der Greenpeace-Studie basierend auf den Fahrplandaten 2025 insgesamt 11.000 Gemeinden in Deutschland und daraus abgeleitet für alle Landkreise und Bundesländer, wie viele Menschen Zugang zu öffentlichem Nahverkehr haben – oder eben nicht. Gradmesser für die ÖPNV-Qualität und deren Verfügbarkeit ist eine Kombination aus drei Merkmalen: Nähe zu einer Haltestelle, Art des Verkehrsmittels und Häufigkeit der Abfahrten. Dies wird in definierten Güteklassen (A-F) angegeben.
Dorf ist nicht gleich Dorf
Dabei stellte sich heraus, dass die Qualität des ÖPNV-Angebotes selbst in strukturell ähnlichen Landkreisen stark auseinandergeht. „Stadt ist nicht gleich Stadt und Dorf nicht gleich Dorf. Auch Regionen mit ähnlicher Siedlungsdichte weisen sehr unterschiedliche ÖPNV-Qualitäten auf“, betont Greenpeace in seiner aktuellen Studie. Der Kreis Bad Kreuznach führt mit lediglich 15 Prozent der abgehängten Bevölkerung und einem Gütewert von 3,3 die Top 10 der ländlich geprägten Kreise an. Der durchschnittliche Gütewert in diesen Landkreisen wird mit 4,6 (Güteklasse A = 1 und keine Güteklasse = 7) angegeben. Auch der Nachbarkreis Birkenfeld schneidet vergleichsweise gut ab und landete mit einem abgehängten Bevölkerungsanteil von 23,9 Prozent auf Platz 5.
Zum Vergleich: Der Kreis Bad Kreuznach zählt zu den „ländlichen Kreisen mit Verdichtungsansätzen, in denen deutschlandweit 45,3 Prozent aller Menschen einen sehr schlechten Zugang zum ÖPNV haben. In „dünn besiedelten ländlichen Kreisen“ wie dem Kreis Birkenfeld liegt diese Quote deutschlandweit bei 52,1 Prozent. Bei den beiden „Flop-Landkreisen“ (Greenpeace) in Deutschland, den Kreisen Leer in Niedersachsen und Straubing-Bogen in Bayern, sind es sogar 86,7 beziehungsweise 86,5 Prozent.
Nicht abgehängt: Landeshauptstadt liegt auf Platz 1 der kreisfreien Städte
Wenig überraschend stellt die Greenpeace-Studie fest, dass das ÖPNV-Angebot durch ein deutliches Stand-Land-Gefälle geprägt ist. In kreisfreien Großstädten ist demnach das ÖPNV-Angebot für rund 78 Prozent der Bevölkerung sehr gut oder gut (Güteklassen A-B). Umgekehrt haben in kreisfreien Großstädten nur 1,3 Prozent der Bevölkerung einen sehr schlechten Zugang zum ÖPNV (Güteklassen E, F oder noch unzureichender, sodass keine Kategorisierung möglich war). In der Landeshauptstadt Mainz, die wie der Kreis Bad Kreuznach im Gebiet des Rhein-Nahe-Nahverkehrsverbundes (RNN) liegt, gibt es laut der Studie sogar überhaupt keine Einwohner (0,0 Prozent), die als vom ÖPNV abgehängt gelten. Das ist in der Bundesrepublik Platz 1 in der Rangliste der kreisfreien Städte.
Mit der KRN ist das Bus-Angebot ausgeweitet worden
Ausschlaggebende Bedeutung für das Spitzenergebnis des Kreises Bad Kreuznach hat dabei sicherlich auch die Ausweitung des ÖPNV-Angebots per Bus. Seit dem 1. Oktober 2022 steht es unter der Regie der Kommunalverkehr Rhein-Nahe (KRN), die wiederum dem RNN angehört und führte zu einer Verdoppelung der Kilometer im Streckennetz: Aus rund 3,5 Millionen Fahrplankilometern in den Landkreisen Mainz-Bingen, Bad Kreuznach und der Stadt Bad Kreuznach sind im Zuge der Kommunalisierung 7 Millionen geworden. „Wir fahren jede Gemeinde mindestens im Zwei-Stunden-Takt an“, unterstreicht Geschäftsführer Uwe Hiltmann. Erst vor wenigen Tagen hat Hiltmann im Verkehrsausschuss des Kreises Mainz-Bingen die Ergebnisse einer hochgerechneten Fahrgastzählung vorgestellt. Zwar erzielte die KRN 2024 rund 10 Prozent weniger Zuwachs als noch im Jahr davor, doch kam sie insgesamt auf 11 Millionen Fahrgäste. Für Hiltmann ist klar: „Es braucht eine gewisse Zeit, bis der geänderte ausgeweitete Busverkehr in den Köpfen der Menschen angekommen ist.“
G ut laufen vor allem die regionalen Hauptlinien wie die 630 von Mainz nach Bad Kreuznach. Sie ist laut Hiltmann eine der erfolgreichsten in Rheinland-Pfalz. Ebenso gut nachgefragt ist die 640 von Ingelheim nach Oppenheim und die 660 von Mainz nach Alzey. Viel genutzt werde auch der Kurti, die Kreuznacher Citylinie 210. Fünf bis sechs Fahrgäste seien pro Fahrt an Bord, was ein guter Schnitt sei, so Hiltmann. Besonders ältere und körperbehinderte würden die Kleinbusverbindung nutzen, womit sie ihrem Auftrag gerecht werde.