Oeffentlicher Anzeiger
Höher als der Kölner Dom - Becherbacher kehren geschockt von Schneeberger-Hof-Tour zurück
Auf diesem Höhenkamm hinter der katholischen Kirche Richtung Otzweiler sieht der neue Teilplan Windräder vor. Viel zu nahe am Ort, und viel zu große Anlagen, finden die Gegner und machen mobil. Sie fürchten um ihre Gesundheit, Schattenschlag und um den Dorffrieden.
Bernd Hey

Becherbach bei Kirn - Nachdem die Planungsgemeinschaft Rheinhessen-Nahe Anfang Juni getagt hat, ist eine Vergrößerung der geplanten Vorrangfläche bei Becherbach und Schmidthachenbach nun beschlossene Sache. Der geänderte Entwurfes wurde kürzlich bekannt gegeben. Danach beginnt amkommenden Montag, 4. Juli, eine neue Anhörungsphase mit allen Rechten und Einschränkungen für Befürworter wie Gegner. Sie ist verkürzt und dauert bis 31. August.

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Becherbach bei Kirn – Nachdem die Planungsgemeinschaft Rheinhessen-Nahe Anfang Juni getagt hat, ist eine Vergrößerung der geplanten Vorrangfläche bei Becherbach und Schmidthachenbach nun beschlossene Sache. Der geänderte Entwurfes wurde kürzlich bekannt gegeben. Danach beginnt amkommenden Montag, 4. Juli, eine neue Anhörungsphase mit allen Rechten und Einschränkungen für Befürworter wie Gegner. Sie ist verkürzt und dauert bis 31. August.


Einige Becherbacher kehrten „mit Entsetzen“ vom Schneebergerhof im Donnersbergkreis zurück, wo ein Unternehmen im November 2010 einen Windpark der neuesten Generation (E-126), eines der leistungsstärksten Windräder der Welt im Binnenland mit einer Gesamthöhe von 200 Metern, errichtet hat. „Das ist viel höher als der Kölner Dom mit 157 Metern und mehr als fünfmal so hoch wie die 38 Meter hohe evangelische Becherbacher Kirche. Die beiden Dickesbacher und Lauschieder Windräder sind dagegen Spielzeug“, sagte Florian Regitz zur Dimension, derer sich die Becherbacher nicht bewusst gewesen seien.

Vor Jahren gab es im Dorf die Bürgerinitiative „Gegenwind“. Jetzt hat eine Interessengemeinschaft mit 101 Unterschriften seit März 2011 gegen den „Teilplan 25“ Einwände gegen den Standort eingereicht. Die Hauptargumente: Die Gefährdung nach dem Bundesgesundheitsblatt 11/2007 – „zu nah am Ort, Zerstörung der Dorfgemeinschaft und des Ortsfriedens, Entvölkerung und Zerstörung des Naherholungsgebiets, Unrentabilität auf Kosten der Solidargemeinschaft und Werteverlust von Eigentum“. Die Gegner fühlen sich ignoriert und übergangen. „Wir sind nicht gegen Windräder“, sagt beispielsweise Norbert Schuck, „aber diese Anlagen stehen viel zu nahe am Ort und überragen alles. Sie sind laut und machen krank!“

Maßstabsgetreu werden nun Landschaftsporträts erstellt und Infoblätter verteilt und eine Homepage eingerichtet. Der Katzkopf, auf dem die Räder entstehen sollen, falle mit seinen 376 Metern Höhe gen Becherbach stark ab und gelte als windschwaches Gebiet. Nur mit riesigen Rädern könne man dort profitabel agieren. Von 13 Rädern sei die Rede, neun auf Becherbacher, vier auf Schmidthachenbacher Gemarkung.

176 Unterschriften hat die Schmidthachenbacher BI bei 130 Häusern im Ort bereits gesammelt. Die dortigen Gegner um Karl May gehen von einem Immobilien-Wertverlust schon jetzt, im Vorfeld der Montage von 30 bis 50 Prozent aus und beziffern den gesamten Verlust bei Grundstücken auf bis fünf Millionen Euro.

Irritiert sind die Bürger von Verlautbarungen wie der folgenden: „Wichtig für alle, die bislang Einwände geltend machten, sofern ihre Belange in den neuen Entwurf nicht berücksichtigt wurden, ist, dass alle bisherigen Eingaben im neuen Verfahren nicht beachtet werden. Alles, was eingegangen ist, wurde am 10. Mai storniert.“

Diese „Klarstellung“ von Christiane Donnerstag von der Planungsgesellschaft (PG) habe für größte Verwirrung bei den Gegnern gesorgt. Zwar habe sich die PG mittlerweile korrigiert, schriftlich wurden die über 100 Einsprüche gegen den neuen „Teilplan 20“ und die neue Situation aber noch nicht übernommen und bestätigt. Die neue Vorrangfläche „Auf Katzenkopf“ wurde laut aktuellem Entwurf von 127 auf 148 Hektar vergrößert. So wird die Vorrangfläche bis auf 20 Meter an die L 374 zwischen Becherbach und Otzweiler erweitert.

Die Gegner vermuten, dass sich jetzt noch weit mehr als die bisherigen 70 Grundstückseigentümer mit mehr als 80 Parzellen „sehr viel und zu viel“ Profit versprechen, aber alle Bürger belastet werden.

Auf dem Becherbacher Katzenkopf hat die Gemeinde trotz 80 Eigentümern mit der Mehrheit der Parzellen die Planungshoheit. Es gebe ganz eigene Probleme, die Grundbesitzer alle unter einen Hut zu bringen. Tatsächlich werde die so wichtige Entscheidung über derart gravierende Entscheidungen im Dorf quasi „fremdbestimmt“.

Ein Novum. Grund: Bisher durften sieben der neun Becherbacher Ratsmitglieder wegen Ausschlussgründen nicht abstimmen, mit der Vergrößerung von 127 auf 148 Hektar wuchs deren Zahl auf acht. Fällt die Beschlussfähigkeit unter ein Drittel, entscheidet der Ortsbürgermeister. Da Frank Schätzel wegen Grundbesitz selbst ausgeschlossen ist, muss die Kommunalaufsicht dem VG-Bürgermeister Werner Müller die Befugnis dafür erteilen. Der
aber signalisierte bereits vor seiner Erkrankung, nicht in die Bresche springen zu wollen.

So muss die Kommunalaufsicht selbst eine Entscheidung herbeiführen. Egal was und wie entschieden wird, in Becherbach sind Probleme programmiert und viele Gespräche notwendig, wenn der Dorffrieden nicht auf Jahrzehnte gestört es „kein böses Erwachen geben soll“. (hey)

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