Die Gemeindeschwester plus kommt in den Kreis Bad Kreuznach. Der Kreistag hat sich am Montag einstimmig für die Teilnahme am Landesprojekt ausgesprochen und damit Hilfskräfte für ältere Menschen auch an Nahe und Glan zu etablieren. Die Mitarbeiterinnen besuchen betagte Menschen, die noch keine Pflege benötigen, und erledigen Alltagsaufgaben, haben ein offenes Ohr und können bei Bedarf später an Pflegedienste vermitteln. Auch Computer- und Ernährungskurse zählen zum Angebot.
Bereits in der Februarsitzung hatte das Projekt auf der Tagesordnung gestanden, war dann aber ohne Ergebnis vertagt worden (wir berichteten). Viele Mandatsträger begrüßten zwar grundsätzlich die Idee, hielten die vom Land finanzierten 1,5 Vollzeitstellen für den ländlich geprägten Kreis jedoch für unterdimensioniert. Weil der Kreis hoch verschuldet ist, kann er die Posten nicht selbst aufstocken.
Persönliche Einblicke in die Praxis
Und was war am Montag anders? Den Ausschlag gaben Carmen Mitsch und Andrea Maurer aus dem Kreis Alzey-Worms, wo das Projekt Gemeindeschwester plus (ebenfalls mit 1,5 Vollzeitstellen) bereits seit einigen Jahren läuft. „Der präventive Ansatz ist das große Plus der Gemeindeschwester plus“, ist Sozialamtsleiterin Maurer überzeugt. Es sei viel gewonnen, wenn man weiter so zu Hause leben könne, wie man es gewohnt sei.
Wenn es vom Land kein Geld mehr gibt, hat es sich sowieso erledigt.
Sozialdezernent Oliver Kohl (SPD) auf die Frage nach der weiteren Finanzierung des Projekts
Mitsch, selbst eine von drei Gemeindeschwestern plus im Nachbarkreis, machte unter anderem ihre Vermittlerrolle deutlich: „Ich bin nicht für alles zuständig. Aber ich weiß, wer es ist.“ Für sie ist an dem Angebot besonders wichtig: „Wir sind kostenlos und wir haben Zeit.“
Zwei Wochen nach Anmeldung erster Besuch
Klar: Alle Wünsche der Senioren könne man mit der Stellenzahl nicht erfüllen, berichtete Maurer auf Anregung von Herbert Drumm (Freie Wähler). „Genug ist es nie, aber es ist schon mal ein sehr guter Ansatz.“ Die drei Mitarbeiterinnen im Nachbarkreis sind Krankenschwestern, „damit wir eine gewisse Grundahnung haben“, erklärt Mitsch auf Nachfrage von Elke Stern (CDU). Ein bis zwei Wochen vergehen demnach von der Anmeldung bis zum ersten Besuch.
Helfende Hände für Senioren im ländlichen Raum: Dank Landesförderung will der Kreis 1,5 Stellen schaffen. Aber reicht das?Betreuungsangebot spaltet Kreistag: Kommt die Gemeindeschwester plus in den Kreis Bad Kreuznach?
„Ich lasse mir auch immer gern einen Kaffee kochen – nicht, weil ich ihn gern trinke, sondern damit ich sehe, wie sich die Leute im Haushalt zurechtfinden“, gibt Mitsch ein anschauliches Beispiel aus dem Praxisalltag, während Maurer ergänzt: „Wir hoffen, dass Pflegebedürftigkeit mit dem Angebot hinausgezögert wird.“
Mehr Stellen sind beim Land nicht drin
Mehr als 1,5 Stellen sind beim Land nicht drin; man habe nach der vergangenen Kreistagssitzung noch mal nachgefragt, bestätigte Sozialdezernent Oliver Kohl (SPD) auf den Appell der CDU. Für Fraktionschef Lüttger zu wenig: Wolle man alle rund 12.000 Über-80-Jährigen erreichen, „kommt man gefühlt alle 25 Jahre in jeden Haushalt“. SPD-Chef Carsten Pörksen hingegen meinte: „Es gibt keine Argumente dafür, diesen Antrag abzulehnen.“
Ob Angehörige bei den Besuchen dabei sein können, werde individuell entschieden, erklärte Mitsch auf Nachfrage von Jürgen Klein (AfD). Zustimmendes Tischklopfen erntete dann Frank Ensminger (FDP), der forderte: „Wir investieren viel in Kindergärten, wir sollten auch Geld in die Seniorenarbeit stecken.“
Nur solange Landesgelder kommen
Die Initiative Gemeindeschwester plus, die ihre Ursprünge in der DDR hat, ist 2015 als Modellprojekt im Land gestartet und seit 2023 ein Landesprogramm mit jeweils 1,5 Vollzeitstellen pro Kommune – allerdings nur, solange die Mittel im Landeshaushalt dafür zur Verfügung stehen.
Die Befürchtung unter anderem von Thomas Bursian (FDP), Rainer Dhonau (BSW, ehemals Linke) und Lutz Haufe (Die Parteilosen), der Kreis müsse das Angebot nach der Landesförderung selbst finanzieren, räumte Kohl aus: „Wenn es vom Land kein Geld mehr gibt, hat es sich sowieso erledigt.“