„Das sind die üblichen Fragen, aber das ist schon okay so“, sagt er und steht gern Rede und Antwort. Der 51-jährige gebürtige Kölner, der schon länger im saarländischen Köllerbach lebt, war in den früher 2000er-Jahren der Sidekick, eine Art Co-Moderator, der extrem erfolgreichen Show in Sat 1. Andrack gewann zweimal den Deutschen Fernsehpreis, erhielt für eine Ausgabe der Late-Night-Show, die komplett auf Französisch abgehalten wurde, den Grimme-Preis und – ohne zu übertreiben – prägte die deutsche TV-Landschaft mit den teils anarchischen Studioaktionen der Show nachhaltig. Nach seiner TV-Karriere, widmet sich Andrack vor allem seinen zwei großen Hobbys: Wandern und Fußball. Die Wanderlust führte ihn jüngst auch an die Nahe. Im Rahmen seiner Tour für das Deutsche Weininstitut wandert er alle 13 deutschen Weinbaugebiete ab. Seine Wahl fiel für die Region Nahe auf den „Stein, Wein Farbe“-Weg, der rund um Wallhausen führt. Seine Mission: Das Weinwandern bekannter zu machen.Passend dazu sind wir im Wallhäuser Weintreff verabredet.
Dort, bei Gastgeberin Tanja Wallhäuser-Schmitt, hat sich Andrack für eine Nacht eingemietet. Den Vorabend verbrachte er in der Weinstube Barth, der Morgen steht im Zeichen des Wanderns. „Später geht’s weiter nach Franken“, erzählt er. Die Nahe-Tour ist die siebte Weinwanderung Andracks, sechs weitere folgen noch. Auf seiner Webseite (www.andrackblog.de) dokumentiert er gewohnt launig seine Routen. Gemeinsam mit Hündin Luna geht es los in Richtung Schwimmbad, auf der gegenüberliegenden Straßenseite beginnt die Vitaltour „Stein, Wein & Farbe“, die dem Wanderer auf einem Rundweg alle geografischen Highlights der Gegend vor Augen führt: Weinberge, wohin das Auge reicht, wild anmutende Täler, gesäumt vom grünen Schiefer des Wallhäuser Rabenfelsens, bequem zu marschierende Feldwege zwischen saftigen Blumenwiesen, hoch zur Weinbergsschaukel auf dem Johannisberg, und monumentale Ausblicke in Richtung Hunsrück. Wir haben absolutes Glück: Traumhafte 24 Grad, kein Wölkchen am Himmel.
„Die Wanderlust wurde mir schon relativ früh eingepflanzt, eigentlich ohne dass ich es gemerkt habe. Als Kind war ich jeden Sonntag mit meinen Eltern unterwegs. Als Jugendlicher war ich dann eher an anderen Dingen interessiert. Als mir später Joggen zu öde wurde, habe ich es wieder mit Wandern probiert und seitdem hat es mich nicht mehr losgelassen“, berichtet er, als wir den ersten Anstieg nehmen. Nicht umsonst hat er schon zahlreiche Wanderführer und -bücher geschrieben, betreibt seinen eigenen Wanderblog und lässt keine Chance ungenutzt, um für seinen „Sport“ zu werben. Wobei, ist Wandern eigentlich eine Sportart? „Eigentlich nicht. Beim Sport geht es um höher, schneller, weiter. Beim Wandern sind Rekorde egal. Es geht um Entspannung. Man soll es genießen“ legt er Widerspruch ein. Wir laufen an den ersten Schiefervorkommen vor, wir machen Fotos.
Wandern ist wieder angesagt, es mit Genussmitteln wie Wein zu verbinden, verleiht der Chose einen zusätzlichen Anreiz. „Man muss nicht in ferne Länder reisen, um Spaß und Erholung zu finden. Das gibt es auch direkt vor Haustür“, sagt er. Gerade der Südwesten sei zum Wandern perfekt. Seine neue Heimat, das Saarland, biete da mehr als Köln. Dort lebte und arbeitete der passionierte Wanderer über 40 Jahre. Inzwischen passieren wir das Raubachtal, das problemlos als Kulisse für einen im tiefsten Bayern spielenden Heimatfilm der 1960er-Jahre dienen könnte.
Warum Wandern wieder in ist, frage ich. „Weil es noch einfacher geworden ist“. Manuel Andrack betont die Wichtigkeit von gepflegten Wegen mit einer einheitlichen Beschilderung: „Die Premiumwanderwege spielen da eine wichtige Rolle. Heute muss sich niemand mehr einem Wanderverein anschließen und einem Wanderführer hinterhertappen. Man brauch nicht mal mehr eine Karte. Man hat die Garantie, dass es nicht nur über asphaltierte Wege geht, sondern man mitten in der Natur ist.“ Generell brauche man zum Wandern nicht viel. Einen Rucksack, eine Flasche Wasser, normale Turnschuhe reichen aus. „Wir bewegen uns ja nicht im alpinen Gebiet“, sagt er mit einem Augenzwinkern.
Der Weg wird schmaler. Er führt uns auf ein höher gelegenes Plateau, ausgestattet mit einem Tisch und zwei Bänken. Wir rasten und genießen das Panorama. Die hochgewachsenen Bäume geben den Blick auf den Hunsrück frei. Manuel Andrack macht Fotos, spricht ein paar kurze Sätze in sein Diktiergerät. Er läuft den Stein-Wein-Farbe-Weg nicht als Hobbyspaziergänger, sondern als Profi, dem sein „Job“ viel Freude bereitet. „Wenn man zu zweit wandert und sich in Gesprächen verliert, ist man nicht ganz so aufmerksam. Und ich will ja hinterher drüber schreiben.“
Ich nutze die Gelegenheit und lenke das Gespräch auf Harald Schmidt. „Die Leute fragen immer, ob wir heute noch etwas miteinander zu tun hätten. Dabei hatten wir das nie. Wir haben miteinander gearbeitet, aber darüber hinaus gab es wenig Kontakt. Zehn Jahre lang war Andrack Harald Schmidts Redaktionsleiter, erlebte die Hochzeiten der Show aus nächster Nähe mit, seine Zwiegespräche mit dem sarkastischen Gastgeber waren Kult, etwas Besseres gab es damals im deutschen Fernsehen nicht. Dabei wollte Andrack nicht zwangsläufig vor die Kamera. „Harald wollte jemand zum Ansprechen in der Sendung. Da musste ich herhalten. Als wir gesehen haben, dass es funktioniert, blieb das natürlich so.“
Weiter gehen die Tour und das Gespräch. Wir reden über Studiogäste mit schlechtem Benehmen (Campino von den Toten Hosen), den Niedergang des Punkrocks, über Manuel Andracks Liebe zum 1. FC Köln („Nach dem 2:0 gegen Mainz und dem Einzug in die Europa League habe ich geheult.“), die heute TV-Landschaft samt Böhmermann und Konsorten und Andracks neues Buch, das sich mit der Fußballfankultur beschäftigt und im August erscheinen wird. Wohl läuft das Gespräch etwas zu intensiv, denn wir verpassen die richtige Abzweigung und landen kurzzeitig auf der angrenzenden Kuckucks-Tour. Aber kein Problem: Ein echter Wandersmann kann Karten lesen. Nach knappen drei Stunden ist unsere Tour beendet. Manuel Andracks Fazit fällt uneingeschränkt positiv aus: „Ein klasse Weg. Abwechslungsreiche Landschaft, wechselnde Panoramen, genau so habe ich mir das vorgestellt.