Im zweiten Anlauf hat der Verbandsgemeinderat Nahe-Glan in Bad Sobernheim den Haushalt für das Jahr 2023 beschlossen – nach wochenlangen Querelen. Ging schon die Sitzung zum Thema Ende Januar, bei dem der erste Haushaltsentwurf von Verbandsgemeindebürgermeister Uwe Engelmann gescheitert war, in die Annalen des Rats ein, so gilt dies für die Sitzung am Dienstagabend fast noch mehr. Denn wiederum fand VG-Chef Engelmann keine Mehrheit für seinen Haushaltsplan.
Und wiederum entzündete sich der Streit am Stellenplan, wie schon in der vorbereitenden Sitzung des Finanzausschusses deutlich geworden war. Dabei war Engelmann den Kritikern seitdem noch weiter entgegengekommen: Die von der Verwaltung als mindestens notwendig erachtete Aufstockung um 4,5 Stellen hatte er ganz aus dem Stellenplan herausgenommen, um das Ganze zeitnah separat im Finanzausschuss zu beraten und in einem Nachtragshaushalt umzusetzen.
„Wir können und dürfen aber nicht bis zum Stellenplan 2024 warten, denn die unmittelbar Leidtragenden sind ganz konkret das eigene Personal und letztendlich auch die Ortsgemeinden“, betonte er. Ursprünglich waren sogar 6,9 Zusatzstellen eingeplant, deren Zahl nach dem Widerstand im Rat auf 4,5 zusammengestrichen worden war. Engelmann machte die Dringlichkeit neuer Mitarbeiter am Beispiel der Bauabteilung deutlich: Zehn Baugebiete, mehrere große Straßenbauvorhaben und Sanierungsmaßnahmen, Bauprojekte wie die Feuerwehrgerätehäuser in Monzingen und Lettweiler, Kitas in Odernheim, Meddersheim und Monzingen und den Glasfaserausbau hat das Team um Leiter Christian Schick aktuell vor der Brust.
Erhöhung nur bei Tarifvertrag?
Doch Engelmanns Zugeständnis ging den Kritikern nicht weit genug: Auch gegen die im Stellenplan vorgesehenen Höhergruppierungen von Beamten formierte sich Widerstand aus den Fraktionen von FDP, UBL und Grünen, die einen eigenen Antrag einbrachten. Sie forderten, dass nur die tarifvertraglich verpflichtenden Höhergruppierungen bei Angestellten realisiert werden. Für Höhergruppierungen bei Beamten gebe es keine Pflicht und Notwendigkeit.
Neue Jobs wurden im Antrag ganz abgelehnt, die vorhandenen 71 Stellen sollen auf dem Niveau von 2022 eingefroren werden, wie FDP-Fraktionschef Eugen Krax erläuterte: „Es gab keine ausreichende Darlegung für den Stellenaufbau.“ Es sei wichtig, auch die Optimierung interner Prozesse zu berücksichtigen und dann mit großer Mehrheit eine Lösung zu suchen.
Um das Ergebnis vorwegzunehmen: Der Antrag der drei Fraktionen fand schließlich in einer namentlichen Abstimmung die Mehrheit von 19 Jastimmen bei 16 Gegenstimmen, weil auch der überwiegende Teil der Christdemokraten den Antrag unterstützte. Damit gibt es vorerst weder neue Jobs, noch mehr Geld für Beamte. Lediglich für die Angestellten kündigte Engelmann an, die Höhergruppierungen sofort anzuweisen. Volker Kohrs von den Grünen stellte sich gegen den Gemeinschaftsantrag. Er plädierte in einem eigenen Antrag dafür, die 4,5 Zusatzstellen und sämtliche Höhergruppierungen aller Berufsgruppen im Entwurf aufzunehmen. Diesen Antrag teilten 15 Ratsmitglieder bei 20 Gegenstimmen.
Engelmann: Arbeit gleich wertschätzen
Engelmanns Entwurf, zunächst nur die Höhergruppierungen vorzunehmen und das Stellenplus auszuklammern, stimmten 16 Ratsmitglieder zu, 19 dagegen. Er hatte dafür plädiert, keine Unterschiede zwischen Beamten und Angestellten zu machen. Es sei wichtig, den Beamten „klar zu zeigen, dass wir ihre Arbeit genauso wertschätzen wie die aller anderen Kollegen“, alles andere wäre „fatal“.
Diese Einschätzung teilten auch mehrere Ratsmitglieder, darunter Denis Alt (SPD). Es sei falsch, beide Gruppen bei gleicher Arbeit ungleich zu behandeln, oft sogar im gleichen Büro. „Wir sind eine boomende VG, wir kämpfen um gutes Personal und legen uns mit diesen Entscheidungen dauerhaft ein Ei“, so Alt. Wer etwa von 20 auf 30 Wochenstunden aufstocken möchte und nun blockiert werde, brauche nur in einer Nachbar-VG anrufen. „Dann haben wir null Stunden.“
Achim Schick (CDU) kritisierte den „Scheinantrag“ von FDP, UBL und Grünen massiv. „Wir brauchen die Leute, wir brauchen Wertschätzung, wir brauchen eine Verwaltung, die arbeiten kann“, sagte er. Solle etwa der Kindergarten nicht gebaut werden, weil der Verwaltung Personal fehle, fragte er. Er habe sich als Ortsbürgermeister immer auf kompetente Unterstützung durch die Mitarbeiter verlassen können und in 23 Jahren als Ratsmitglied „nie so ein Hickhack erlebt wie dieses Jahr“. Volker Kohrs warnte, durch die Ratsentscheidung komme der Verwaltungsmotor ins Stocken, der nach holprigem Start nach der Fusion jetzt „sehr rund“ laufe.
Felix Welker (CDU), der den Oppositionsantrag unterstützte, kritisierte, in der Verwaltung gebe es viele Effizienzverluste und dadurch werde zu viel Personal gebunden. Anke Schumann (UBL) betonte, die Gesetzeslage erlaube eine unterschiedliche Behandlung von Angestellten und Beamten.
Zur Sitzung waren so viele Mitarbeiter der VG-Verwaltung als Zuschauer gekommen, dass noch Stühle herbeigeholt werden mussten. Und sie hielten mit ihrem Ärger über die Ratsentscheidung auch nicht hinter dem Berg. „Ich bin so sauer“, sagte eine Beamtin. Besonders groß war das Unverständnis bei den Beschäftigen aus der Bauabteilung. „Keiner versteht, warum der Rat sich bei den neuen Stellen querstellt. Es kommen überhaupt keine vernünftigen Argumente dagegen“, meinte eine Mitarbeiterin und schüttelte den Kopf.
Stellungnahme der UBL zur Ablehnung des Stellenplans
Nach der Ratssitzung hat die Unabhängige Bürgerliste (UBL) ihre Kritik an der geplanten Stellenaufstockung und der Argumentation der VG-Spitze in einer Pressemitteilung deutlich gemacht. So sei das von der Verwaltung vorgelegte Gutachten für die Stellenaufstockung nicht von Rat oder Finanzausschuss beauftragt, den Fraktionen zudem nicht rechtzeitig vor den Haushaltsberatungen vorgestellt und auch nicht vorab diskutiert worden.
Auch nachdem der Gutachter es vorgestellt habe, habe es keinen Konsens gegeben. Da es noch „gewaltigen Diskussionsbedarf“ gebe, habe die UBL den Stellenplan und die Stellenplanentwicklungsvorschläge abgelehnt, so UBL-Fraktionschef Volker Rings. „Es ist uns bewusst, dass dadurch bei der Verwaltung zunächst einmal Unverständnis und negative Gedanken aufkommen können. Wir vertreten aber als Ratsmitglieder die Bevölkerung, die für alle Kosten aufkommen muss.“ sjs