Drohender Abriss löst Proteste aus
Hausabriss in der Lämmergasse: Für den Erhalt der Neustadt demonstrieren
Der drohende Abriss des Hauses Lämmergasse 5 ist Anlass für eine Protestveranstaltung, zu der der Verein Denk-mal Bad Kreuznach für Samstageinlädt.
Christine Jäckel

Die Nachricht, dass das denkmalgeschützte Haus in der Lämmergasse Nummer 5 in der Neustadt wegen Einsturzgefahr abgerissen werden soll, hat etliche Bad Kreuznacher Bürger mobilisiert.

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Sie wollen am Samstag, 29. Mai, ab 16 Uhr mit einer Demonstration und anschließendem Spaziergang unter dem Motto „Neustadt retten, Abriss stoppen“ von der Ambrosiusgasse (neben dem Modehaus Stenger) bis zu den Brückenhäusern darauf aufmerksam machen, dass in Bad Kreuznach bereits viele architektonische „Zeitzeugen“ unwiederbringlich verschwunden und weitere Baudenkmäler akut vom Verfall bedroht sind. Zu der Aktion, die unter Einhaltung der Corona-Auflagen stattfinden wird, lädt der Verein „Denk-mal Bad Kreuznach“ ein.

„Der Abriss eines denkmalgeschützten Hauses muss immer die Ultima Ratio sein“, sagt Wilfried Maus, Erster Vorsitzender des Vereins. Denn die Unterschutzstellung belegt ja, dass es sich um ein besonderes Gebäude handelt: im Fall der Lämmergasse 5 um ein zweigeschossiges Wohnhaus des Spätbarocks, das nach 1689 entstanden ist. Die Anlage mit Hof und Gewölbekeller beschwört das Bild des Landstädtchens um 1700 herauf und wie es an dessen Peripherie aussah.

„Straßenbildprägendes Gebäude an städtebaulich wichtiger Stelle“, beschreibt die Denkmaltopografie das Haus an der Ecke zur Petersgasse. „Bislang wurde von der Kreisverwaltung als untere Denkmalschutzbehörde im Rahmen einer Stellungnahme die denkmalschutzrechtliche Genehmigung für einen Abbruch des Gebäudes in Aussicht gestellt. Eine Genehmigung wurde noch nicht erteilt, da noch kein Antrag auf Abbruch gestellt wurde“, teilt Dirk Reimann von der Abteilung Bauen und Umwelt der Kreisverwaltung mit.

Für die Inaussichtstellung habe sich auch die Denkmalfachbehörde, die Generaldirektion Kulturelles Erbe (GDKE), ausgesprochen, und zwar aufgrund des äußerst schlechten Erhaltungszustands des Gebäudes. Wie Dirk Reimann weiter ausführt, gab es bereits im Januar 2020 einen Ortstermin mit den zuständigen Behörden von Kreis, Stadt und Land sowie einem Vertreter des Eigentümers. Damals habe man das Gebäude noch betreten können, wenn auch bereits unter gewissen Risiken. Ergebnis der Begutachtung: Das stadtbildprägende Haus gilt den Fachleuten in seinem jetzigen Zustand als technisch nicht erhaltungsfähig.

Durch Löcher im Dach ist über Jahrzehnte Wasser eingedrungen, das hat das Dachtragwerk, die Decken und Wände des Hauses stark geschädigt. So müsste selbst bei einer behutsamen, denkmalgerechten Sanierung deutlich über die Hälfte der vorhandenen Bausubstanz durch neue ausgetauscht werden, womit die Denkmaleigenschaft des Gebäudes nicht mehr gegeben wäre. Deshalb sei der Abbruch des Hauses Lämmergasse 5 unter der Bedingung einer umfangreichen Dokumentation des Denkmals in Aussicht gestellt worden. Für einen möglichen Neubau an dieser Stelle bestehen darüber hinaus Forderungen der Denkmalpflege. So muss ein Ersatzbau zur Wahrung der städtebaulich wichtigen Wirkung des Gebäudes innerhalb der Denkmalzone Neustadt die Kubatur des Bestandes in etwa wiederholen. Außerdem sind Fensterformate, Dachneigung und andere Merkmale an die historische Umgebung anzupassen.

Bleibt die Frage, wie lange die Behörden den Status quo eines akut einsturzgefährdeten Hauses einschließlich der Absperrung des davorliegenden Straßenraums dulden können, der unter anderem für Anwohner sowie für Müll- oder Rettungsfahrzeuge mindestens hinderlich sein dürfte. Aus Sicht des Vereins wurden in der Vergangenheit in Bad Kreuznach schon zu viele Bausünden begangen.

„Wir sind es den nachfolgenden Generationen schuldig, dass sich dies nicht einfach fortsetzt“, sagt Wilfried Maus. Bei der Protestveranstaltung wollen die Initiatoren Stationen an anderen Baudenkmälern an der Strecke einlegen und Erläuterungen dazugeben. Ziel ist es, den Stellenwert des Denkmalschutzes zu unterstreichen. Zu oft läuft es nach dem Muster, dass erhaltenswerte Gebäude mangels Unterhaltung in einen Zustand kommen, in dem der Abriss die einzige verbleibende Option ist. Damit gehen viele Bauten verloren, die der Stadt ihr über die Jahrhunderte gewachsenes, unverwechselbares Gesicht geben. Mit dem Förderprogramm „Aktive Stadt“ konnte die Stadtverwaltung bereits einige Eigentümer bei Sanierungen unterstützen und damit zur Erhaltung prominenter Baudenkmäler wie dem Schokoladenhaus beitragen. Für den vorhandenen Sanierungsstau zahlreicher historischer Gebäude in Bad Kreuznach ist das Programm aber offenbar nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

Von unserer Reporterin Christine Jäckel

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