Problemhaus in Staudernheim
Hat die Bauaufsicht zu lange zugeguckt?
Kathrin und Simon Schappert und ihr Sohn haben ihren Garten schon lange nicht mehr nutzen können. Wenn das Problemhaus abgerissen ist, können sie wieder ruhiger schlafen.
Silke Jungbluth-Sepp

Wenn der Abriss des Staudernheimer Problemhauses begonnen hat, fällt den Nachbarn am Hang unterhalb des Rohbaus ein Stein vom Herzen. Sie haben immer wieder auf Baumängel hingewiesen und kritisieren, dass die Bauaufsicht zu spät eingegriffen hat.

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Wenn die Eheleute Schappert über ihre Erlebnisse der vergangenen drei Jahre berichten, sieht man sofort, wie mitgenommen sie sind. Sie leben am Hang direkt unterhalb des Problemhauses im Staudernheimer Neubaugebiet Am Ursberg und haben eine anstrengende Zeit der Auseinandersetzungen mit dessen Eigentümer und der Kreisverwaltung hinter sich. Mit deutlicher Kritik an der Bauaufsicht, die viel zu lange zugeguckt und sie im Stich gelassen habe, halten sie nicht zurück.

Der Rohbau muss nun wegen statischer Mängel und weil das Gebäude und eine Stützmauer zu ihrem Grundstück nicht fachgerecht gebaut wurden, abgerissen werden. Wenn das geschehen ist, können Schapperts und ihr kleiner Sohn wieder angstfrei in ihrem Haus schlafen und den Garten nutzen. Doch bis die Behörde so massiv eingegriffen hat, musste die Familie hart kämpfen und auf eigene Kosten juristisch aktiv werden.

Abrissverfügung wegen mangelhaften Bauzustandes

Das Ehepaar versteht bis heute nicht, warum so lange ignoriert wurde, dass das Haus wegen seiner Baumängel zu einer Gefahr für die Familie hätte werden können. Dass sie mit ihren Warnungen recht hatten, zeigt aus ihrer Sicht die Abrissverfügung, die der Kreis im Januar wegen des mangelhaften Bauzustandes erlassen hat.

Doch schon im Frühsommer 2023, kurze Zeit nach Baubeginn auf dem Nachbargrundstück, wurden sie stutzig. Selbst für sie als Laien seien gravierende Mängel erkennbar gewesen „Damals gab es nur die Bodenplatte und eine Seitenwand“, erinnert sich Kathrin Schappert. Hätten die Behörde damals mit einem Baustopp reagiert, wäre es für alle Beteiligten weniger teuer gewesen und das Projekt hätte vielleicht gerettet werden können.

Doch vom Kreis, der die Baugenehmigung erteilt hatte, hörten sie nur, dass Bauherr und Baufirma für die sachgerechte Umsetzung des Vorhabens verantwortlich seien. Also baute der Eigentümer weiter.

Wand wird versagen und einstürzen

Unter anderem entstand eine Stützmauer auf der Grenze zu ihrem Grundstück – an einer alten Gartenmauer und ohne ausreichendes Fundament. „Die Mauer hat sofort angefangen, sich zu neigen.“ Fachleute bescheinigten ihnen, dass die Wand irgendwann versagen und einstürzen wird. „Dieser Vorgang wird schlagartig und ohne Vorankündigung geschehen. Wenn sich in dem Moment ein spielendes Kind unterhalb der Mauer befindet, kann es zu schweren Verletzungen kommen. In dem Moment knallen 70 Tonnen Gewicht in den Garten“, heißt es in einer Stellungnahme, die sie dazu eingeholt haben.

Im Staudernheimer Rat, der am Donnerstagabend tagte, berichtete Bürgermeister Philipp Geib noch einmal kurz von den aktuellen Vorfällen im Neubaugebiet Am Ursberg. Ganz unbeschadet sei auch die Gemeinde von den unsachgemäßen Abbrucharbeiten nicht geblieben. Die Schäden an der Straße habe er polizeilich aufnehmen lassen, um Schadensansprüche geltend machen zu können. Ab dem späten Nachmittag war dann mit der Kaiserslauterer Firma Bau- und Abbruchservice D. Korz ein professionell arbeitendes Abbruchunternehmen an der Arbeit.
Wilhelm Meyer

Zwar setzten sie vor Gericht durch, dass diese Mauer entfernt werden muss – doch abgerissen wurde sie nie, weil der Bauherr alle Fristen verstreichen ließ. Allerdings ließ er die Wand offenbar auch deshalb stehen, weil diese Winkelstützen dem gesamten Baukörper Halt geben sollten, wie aus einem Schreiben hervorgeht.

„Nach Einschätzung der Sachverständigen und dem Leiter des Kreisbauamtes ging zu diesem Zeitpunkt weder vom Gebäude noch von der Mauer eine akute Gefahr aus, die ein sofortiges Einschreiten gerechtfertigt hätte.“
Kreis-Pressesprecherin Simone Mager

Zugleich wuchsen die Probleme im Haus mit dem Baufortschritt. Bei einem Vor-Ort-Termin der Bauaufsicht habe ein Mitarbeiter der Bauabteilung ihre Einschätzung geteilt. Doch der Leiter der Kreis-Bauabteilung habe anschließend geschrieben, dass er keine akute Gefahr sehe. „Er hat das nach Aktenlage entschieden.“ Erst als Schapperts mit einer Klage wegen Untätigkeit drohten, das Landesbauministerium sowie die Struktur- und Genehmigungsdirektion einschalteten, kam Bewegung in die Sache, schildern sie.

Die Kreisverwaltung weist die Vorwürfe zurück, zu wenig unternommen zu haben. „Die Bauaufsicht ist seit April 2024 aufgrund einer Anzeige aus der Nachbarschaft mit der Baustelle befasst“, schildert Pressesprecherin Simone Mager auf Anfrage dieser Zeitung. Es seien daraufhin mehrere Ortstermine mit dem Bauherrn und Vertretern des Bauamts erfolgt. Zunächst sei ein Standsicherheitsnachweis für die aus L-Steinen errichtete Mauer gefordert worden. „Nach Einschätzung der Sachverständigen und dem Leiter des Kreisbauamtes ging zu diesem Zeitpunkt weder vom Gebäude noch von der Mauer eine akute Gefahr aus, die ein sofortiges Einschreiten gerechtfertigt hätte.“

Bußgeldverfahren wegen der Stützmauer

Am 16. April 2024 sei der Eigentümer dann per Verfügung aufgefordert worden, die L-Steine abzureißen, da diese nicht rechtskonform verbaut wurden. „Da dies nicht erfolgte, leitete die Bauaufsicht ein Bußgeldverfahren ein.“ Dass die Kreisverwaltung durch Ersatzvornahme selbst unmittelbar die Mauer entferne, sei rechtlich nicht möglich gewesen, da von ihr keine unmittelbare Gefahr ausging, so Mager.

Der erste Anlauf der Abrissarbeiten am späten Mittwochnachmittag lief so unprofessionell ab, dass sie gestoppt werden mussten, und die Feuerwehr eingreifen musste.
Silke Jungbluth-Sepp

Die Bauaufsicht ist nach ihren Angaben grundsätzlich verpflichtet, zunächst alle rechtlichen Mittel auszuschöpfen, bevor es zu einem Eingriff in die Grundrechte eines Bauherrn kommen kann. Ihm müsse Gelegenheit zur Nachbesserung eingeräumt werden, um baurechtmäßige Zustände wieder herzustellen, macht sie deutlich.

Aus Kostengründen gegen Sanierung und für Rückbau entschieden

„Der Eigentümer des Grundstücks sicherte mehrfach und nach einem Ortstermin im November 2024 schriftlich zu, einen Standsicherheitsnachweis sowie ein Sanierungskonzept für die gesamte Anlage zu erbringen.“ Aus Kostengründen habe er sich dann gegen eine Sanierung entschieden und den Rückbau angekündigt. „Im Januar 2025 gab es erneut einen Ortstermin mit einem Bausachverständigen und einem Statiker sowie dem Leiter des Bauamtes“, schreibt Mager. „Ergebnis war der Erlass einer Beseitigungsverfügung gegenüber dem Bauherren aufgrund des mangelhaften Bauzustands.“

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