Schon am Samstagmittag war Bündnis 90/Grünen in der Stadt ohne seine Direktkandidatin im Wahlkampf. Regine Kircher-Zumbrink hatte eine schwere Grippe umgehauen, sie kam aus dem Bett nicht mehr heraus. Und auch am Sonntag verfolgte sie die für ihre Partei nicht gerade berauschende Wahl schniefend von zu Hause aus. Ihre Parteifreunde saßen abends im gemütlichen Restaurant Prina in der Planiger Straße, gegenüber der alten Grundschule Ost.
Es hat im Wahlkreis schon Wahlergebnisse gegeben, bei denen die lokalen Grünen wahre Freudensprünge fürs Pressefoto absolvierten – am Sonntag war die Stimmung im Gasthaus Prina schon etwas „gediegener“. Regine Kircher-Zumbrink war im Wahlkreis bei den Erststimmen auf 5,4 Prozent gelandet, fast zwei Prozent weniger als im Jahr 2021. Bei den Zweitstimmen mussten die Grünen auch Einbußen hinnehmen, sie verloren 1,4 Prozentpunkte.
Die erkrankte Kircher-Zumbrink analysierte am Morgen nach der Wahl: „Das Wahlergebnis von Bündnis90/Die Grünen ist enttäuschend. Die Ampelparteien wurden alle drei abgestraft, die Grünen am wenigsten, aber das nutzt letztlich nichts.“ Das Erstarken der AfD sei „gefährlich, vor allem vor dem Hintergrund außenpolitischer Veränderungen. Das transatlantische Bündnis ist durch die Trump-Regierung infrage gestellt.“ Inwieweit der Auftritt auf Kanälen der sozialen Medien die Wahlen beeinflusst habe, sei „aktuell noch nicht geklärt“. Ihre Schlussfolgerung sei: „Die Performance der Ampel war richtig schlecht – selbst deren Auflösung wurde durch unehrliche Machtkämpfe der FDP nachhaltig geschädigt. Die Wählerinnen und Wähler haben viel Vertrauen verloren.“
Sie habe schon während des Wahlkampfs gemerkt, „dass die grünen Themen zunehmend in den Hintergrund gerieten“. Sie sei enttäuscht, gern hätte sie ein besseres Ergebnis erzielt.
Was Kircher-Zumbrink aber sehr berührte, das war der Trost durch ihre Tochter. Die habe ihr geraten, nicht traurig zu sein, das sei eine Erfahrung gewesen, und nun werde sie wieder mehr Zeit für sich selbst haben. Das sieht Kircher-Zumbrink genauso: „Ich habe viel erlebt, spannende Menschen kennengelernt – und ich kann das schon wegstecken.“ Sie wolle aber auf jeden Fall noch ein paar Versprechen einlösen, die sie im Wahlkampf gegeben habe – zum Beispiel die Peter-Caesar-Schule in Idar-Oberstein zu besuchen.
Die Grünen in Bad Kreuznach zeigten sich bei aller negativen Perspektiven doch auch humorvoll: Sie verwiesen im Restaurant Prina auf die kleine Hunsrücker Gemeinde Schwerbach (Kreis Birkenfeld), wo die Marschrichtung der Grünen skizziert worden sei. In der 50-Einwohner-Metropole in der Verbandsgemeinde Herrstein-Rhaunen kam Bündnis 90/Grünen nämlich auf sage und schreibe 32,4 Prozent und wurden stärkste Partei. Dort – acht Kilometer Luftlinie vom Flughafen Hahn entfernt – holte Regine Kircher-Zumbrink 30,6 Prozent der Erststimmen. Somit ist Schwerbach die einzige Gemeinde weit und breit, in der die Grünen die Regierung übernehmen könnten...