Amtsgericht Bad Kreuznach
Griff in Abikasse: Ex-Schüler muss Geld zurückzahlen
Zu tief in die Abikasse gegriffen hat ein junger Mann (22), der sich vor dem Amtsgericht Bad Kreuznach verantworten musste. Am Ende kam er mit einer Verwarnung davon und einer Rückzahlung von rund 3800 Euro.
Christine Jäckel

Der Griff in die Abikasse endete für einen ehemaligen Schüler der IGS Sophie-Sondhelm vor dem Bad Kreuznacher Amtsgericht. Da der 22-Jährige am Ende ein Geständnis ablegte, kam er mit einer Verwarnung und der Rückzahlung an seine alte Stufe davon.

„Ich fasse nie wieder Geld an“, sagt der 22-jährige Angeklagte mit einem Stoßseufzer. Der junge Mann steht vor dem Amtsgericht Bad Kreuznach, weil er aus der Abikasse unter anderem Bahntickets, Friseurbesuche und private Einkäufe auf einer Shoppingplattform bezahlt haben soll. Am Ende legt er ein Geständnis ab – und kommt mit einer Verwarnung und einer Rückzahlung an seine alte Stufe nach Jugendstrafrecht davon.

Dabei waren die ursprünglichen Vorwürfe nicht eben wenig: In der Anklageschrift sind 63 Fälle von Unterschlagung und eine Urkundenfälschung aufgeführt. Der Schaden beläuft sich laut Staatsanwaltschaft auf rund 10.000 Euro, während Verteidiger Harald Krauß von rund 950 Euro ausgeht. Doch an diesem zweiten Verhandlungstag, der dem 22-Jährigen sichtlich an die Nieren ging, wurde klar: Da hat ein junger Mann die Abikasse seiner Stufe an der IGS Sophie-Sondhelm vollkommen irregulär geführt, sich am Geld bedient und danach in Lügen verstrickt. Die einzelnen Zahlungsströme sind für das Gericht dabei nur schwer nachzuvollziehen. Eine ehemalige Mitschülerin, die mit der Organisation der Abi-Feierlichkeiten hauptsächlich beschäftigt war, wird ausführlich von Richterin Vanessa Blauth dazu befragt.

Abiparty wurde zum Großevent

Deutlich wird: Die Abi-Feierlichkeiten inklusive Stufenparty in der Neustadt und Abistreich verschlangen eine Menge Geld, und die Organisation war, wie die Richterin im Urteil ausführt, „die eines Großevents von jungen Leuten, die so etwas nie zuvor auf die Beine gestellt haben“. Vereinbart war, dass die rund 60 angehenden Abiturienten jeweils eine Einlage von 120 Euro pro Person leisten, die auf einem Stufenkonto eingezahlt worden sind. Zudem verdienten sich die Jugendlichen Geld aus Eis- und Kuchenverkäufen in der Schule, die in bar an den Angeklagten gingen, wie auch die Einnahmen vom Abiball selbst. Finanziert werden mussten davon die Abiball-Deko, die Security am Eingang, ein Caterer, die Getränke, mobile Kühlschränke und etliches anderes mehr.

Zunächst hegten die Mitschüler keinen Verdacht, dass die Rechnung der Abikasse nicht stimmt. Doch dann behauptete der 22-Jährige, er habe einen Brief vom Finanzamt bekommen: Das Abikonto sei gesperrt. „Ich wollte wissen, was da los ist“, erklärt die Zeugin, eine 20-jährige angehende Versicherungskauffrau. Sie bat ihn, ihr den Brief per Whatsapp zu schicken. „Da hatte ich sofort Zweifel an der Echtheit, denn er war nur einmal geknickt“, erklärte sie. So sei der Brief ja wohl nicht verschickt worden. Der Angeklagte habe versucht, sich mit einem Vorwand herauszureden. Später stellte sich heraus, dass das Stufenkonto niemals gesperrt war. Außerdem behauptete der junge Mann, das Bargeld der Stufe bei einem Anwalt hinterlegt zu haben, widersprach sich dabei jedoch, wo die Kanzlei sei. Spätestens da war nicht nur der Zeugin klar: „Da stimmt was hinten und vorne nicht.“ Auch andere Mitschüler aus dem Abi-Komitee bekamen Zweifel, ob die Ein- und Auszahlungen korrekt abgelaufen sind.

„Er ist unbedarft in die Situation gegangen, hat sich jugendtypisch darin verrannt und keinen Ausweg mehr gesehen.“
Richterin Vanessa Blauth

Als die jungen Leute den 22-Jährigen mit ihrem Verdacht konfrontierten, habe dieser „zittrig“ reagiert. „Er bat uns auf sein Zimmer und hat dort gesagt: Das Geld ist weg.“ Er habe es seinem Cousin gegeben, der Schulden habe. „Ich wollte das alles außergerichtlich klären“, sagte die junge Frau vor Gericht. Doch da sei man nicht zusammengekommen.

Am Ende der Zeugenvernehmung regt die Staatsanwaltschaft ein Rechtsgespräch an, um sich mit der Verteidigung und der Richterin zu verständigen – der Schaden, den der Angeklagte verursacht hat, ist nur schwer exakt zu ermitteln. In seinem Plädoyer wird Staatsanwalt Klaus-Dieter Thönessen denn auch feststellen: „Du hast die Kasse chaotisch geführt.“ Von rund 3800 Euro geht das Gericht nach den beiden Prozesstagen aus, ohne den genauen Betrag berechnen zu können, „sonst sitzen wir in zehn Tagen noch hier“, so Thönessen. Der angebliche Brief des Finanzamtes sei so stümperhaft gefälscht worden, erklärt Richterin Blauth im Urteil, dass es sich um einen „untauglichen Versuch“ der Urkundenfälschung handele. Von den ehemals 63 Fällen der Unterschlagung werden fünf eingestellt. Weil der Angeklagte alle Rechnungen für die Abifeier beglichen hat, geständig ist, nicht vorbestraft und einer geregelten Beschäftigung nachgeht, belässt es das Gericht bei einer Verwarnung. Der junge Mann muss die 3800 Euro zurückzahlen und Termine bei der Agentur für Arbeit wahrnehmen, weil er noch keine qualifizierte Berufsausbildung angefangen hat. „Er ist unbedarft in die Situation gegangen, hat sich jugendtypisch darin verrannt und keinen Ausweg mehr gesehen“, fasst die Richterin zusammen.

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