Ein aufregender Tag in Gensingen ist mit einer guten Nachricht zu Ende gegangen. Die bei Bauarbeiten entdeckte Weltkriegsbombe ist am Donnerstag erfolgreich entschärft worden. Gegen 15 Uhr konnte der Kampfmittelräumdienst erfolgreich Entwarnung geben, die rund 3000 evakuierten Bürger konnten aufatmen und anschließend in ihre Wohnungen und Häuser zurückkehren. Trotz der schwierigen Lage der Bombe seien die Arbeiten komplikationslos verlaufen, wie die Kreisverwaltung Mainz-Bingen mitteilte.
Auf den Tag genau vor 80 Jahren hatten an den Fronten die Waffen geschwiegen. Bis heute gibt es Spuren des grausamen Kriegs, der die Welt sechs Jahre in Atem gehalten hatte. So war am Mittwoch in Gensingen eine Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg bei Bauarbeiten in Höhe des Sportplatzes gefunden worden. Die unheilbringende Waffe wurde vom Kampfmittelräumdienst des Landes Rheinland-Pfalz in nicht mal einer Stunde entschärft.
Die Spezialisten identifizierten den Blindgänger als amerikanische „AN-M65-Fliegerbombe“ mit einem Gewicht von circa 500 Kilogramm und rund 250 Kilogramm Sprengstoff. Der Zünder dieser Bomben sitzt im Heck und ist vorgespannt. Um die Zündkette gezielt zu unterbrechen, wird der Heckteil der Bombe vorsichtig freigelegt und stabilisiert. Das sogenannte „sanft Legen“ verhindere Erschütterungen und schaffe sicherere Bedingungen für die Entschärfung, so die Experten.

Ein speziell ausgebildetes Team von vier Fachkräften hatte den Zünder untersucht und direkt vor Ort entschieden, welches Verfahren die höchste Sicherheit bietet. „Ich hatte es mir schwieriger vorgestellt, aber es ging problemlos“, sagte anschließend der Leiter des Kampfmittelräumdienstes, Alexander Schäfer. Die Bombe lag in einem tiefen Trichter, in dem schon einmal eine zweite Bombe lag. Eine wurde einst rausgeholt, aber die andere blieb liegen. „Sie lag nur zwei Meter unter Grund“, so Schäfer. Sie hätte also jederzeit hochgehen können.
Die Bombe stammt aus einem der Jagdbomber, die vermutlich versucht hatten, die Brücke zu sprengen. Der Zünder hat eine Verzögerung von 17 Sekunden. Das habe gereicht, damit der Flieger wieder aus dem Gefahrenbereich kam. Obwohl Schäfer jeden Tag mit Bombenentschärfungen zu tun hat, hat er davor Respekt. Die Bombe wird jetzt nach Koblenz transportiert und dort zwischengelagert und später zerlegt.

Evakuierung in Gensingen läuft: 3000 Bürger betroffen
Bei Bauarbeiten am Nahedamm in Gensingen wurde am Mittwoch eine Weltkriegsbombe gefunden. Am Donnerstag werden seit 7 Uhr 3000 Anwohner evakuiert, die Entschärfung ist ab 14 Uhr geplant. Schulen, Kindergärten, Supermärke und MVZ bleiben geschlossen.
Der Evakuierungsradius, der vom Kampfmittelräumdienst festgelegt wurde, umfasste einen großen Teil von Gensingen und einen kleinen Teil von Grolsheim, das Gewerbegebiet Gensingen und ein Teil des Gewerbegebiets Langenlonsheim im Nachbarlandkreis Bad Kreuznach. Die Kindertagesstätten und die Grundschule in Gensingen blieben am Donnerstag geschlossen, ebenso die Einkaufsmärkte. Busse fuhren keine mehr.
Wer früh dran war, kam noch zur Arbeit und in die Schule. Nach sieben Uhr wurden die Straßen in einem Radius von 1000 Meter um den Bombenfund von der Polizei gesperrt und niemand mehr durchgelassen. Der Evakuierungsbereich musste am Donnerstagmorgen bis 9 Uhr verlassen werden. Begehungen durch Polizei und durch Einsatzkräfte von Ordnungsbehörde, Feuerwehr, Polizei und Katastrophenschutz stellten sicher, dass tatsächlich alle Menschen das Gebiet verlassen hatten.
Evakuierung funktionierte reibungslos
„Es funktioniert gut, und wir sind guter Dinge“, teilte der Einsatzleiter und Beigeordnete der VG Sprendlingen-Gensingen, Oliver Wernersbach, während der Evakuierung mit. Um allen Gerüchten aus dem Weg zu gehen, sagte er, dass Pferde auch evakuiert werden können. „Wenn noch welche auf der Koppel stehen, ist das Sache der Besitzer.“ Nach Angaben der Kreisverwaltung Mainz-Bingen gab es 15 Hilfstransporte für Menschen, die den Evakuierungsbereich nicht eigenständig verlassen konnten. 109 Personen wurden während der Evakuierung in der Nahelandhalle in Grolsheim betreut, die übrigen hatten bei Angehörigen, Freunden und auf der Arbeit Unterschlupf gefunden.
Die Katastrophenschützer des Landkreises Mainz-Bingen koordinierten den Einsatz gemeinsam mit Polizei, Feuerwehr, Rettungsdiensten und dem Kampfmittelräumdienst. Sie dankten ebenso wie die Kommunalpolitiker allen Beteiligten für ihre professionelle und engagierte Arbeit und hatten die Bürger zuvor um Verständnis für die notwendigen Einschränkungen gebeten. „Die Zusammenarbeit im Krisenstab ist hervorragend“, betonte Wernersbach. Es fanden alle zwei Stunden Abstimmungsgespräche statt. Probleme wurden zügig gelöst. So etwa das Überflugverbot des Flughafens in Langenlonsheim oder die Wasserversorgung. Die Hochbehälter waren voll – für die Notversorgung der Bevölkerung.
Menschen haben zusammengehalten
Die Menschen haben in dieser Ausnahmesituation zusammengestanden und sich gegenseitig geholfen. „Die Gesellschaft funktioniert“, so Einsatzleiter Wernersbach, der erst kurz vor sieben Uhr erfahren hatte, dass er Verbandsbürgermeister Manfred Scherer vertreten sollte. Der Kreis Mainz-Bingen hatte die technische Einsatzleitung übernommen. Der Kreisbeigeordnete Steffen Wolf hatte darüber informiert, dass der Katastrophenschutzinspekteur die Lage auf „B 4“ hochgestuft hatte. Beiordnete Almut Schultheis-Lehn freute sich über die Ruhe, die in der Nahetalhalle in Grolsheim herrschte, wo die Menschen auf die Entwarnung warteten.
Für den Fall, dass die Entschärfung der Bombe nicht funktioniert hätte, gab es einen „Plan B“. Allein der Gedanke daran hatte Oliver Wernersbach jedoch schon den Schweiß auf die Stirn getrieben. Die Bombe hätte mit Sand abgedeckt und dann gesprengt werden müssen. Zwischen 400 und 500 Tonnen Sand seien dafür erforderlich. Es musste im Vorfeld abgeklärt werden, wo er geholt werden kann. Aber die Brücke über die Nahe von Gensingen nach Langenlonsheim hätte die Druckwelle nicht ausgehalten und wäre zerstört worden. „Das sind Dinge, die in diesem Prozess mitlaufen.“ Wenn in der Vergangenheit über Bombenentschärfung gesprochen wurde, war da alles so weit weg. „Nun haben wir es in der eigenen Verbandsgemeinde direkt vor der Haustür“, sagte er.