Verfassungswidriger Inhalt
Geldstrafe für Hakenkreuz aus Regenbogenflaggen
Das Posten eines Hakenkreuzes ohne eine ausdrückliche Verurteilung der nationalsozialistischen Ideologie ist strafbar. Dafür verurteilte das Landgericht Bad Kreuznach einen 60-Jährigen zu einer Geldstrafe.
Uli Deck. picture-alliance/ dpa/dpaweb

Ein 60-jähriger Elektriker postete auf Facebook eine Collage aus Regenbogenfahnen, die zusammen ein Hakenkreuz bilden. Dafür sollte er eine Geldstrafe von 2500 Euro zahlen. Im Berufungsverfahren erreichte er eine deutliche Reduzierung der Strafhöhe.

Am Landgericht Bad Kreuznach wurde am Mittwoch über mehr verhandelt als eine Geldstrafe wegen eines verfassungswidrigen Facebook-Posts. Es ging um die Grenzen der Meinungsfreiheit, um das bewusste Spiel mit Symbolen – und um die Frage, ob ein Mann wirklich nicht wissen konnte, was er da veröffentlichte. Gegenstand des Prozesses war ein Bild: ein Hakenkreuz aus den Farben der LGBTQ-Flagge geformt. Der Angeklagte, ein 60-jähriger Elektriker aus der Verbandsgemeinde Rüdesheim, war bereits im Februar vom Amtsgericht zu einer Geldstrafe von 2500 Euro verurteilt worden. Nun wurde über die von ihm eingelegte Berufung verhandelt.

Zwischen Opferrolle und Ideologie

Der Angeklagte inszenierte sich vor Gericht als missverstandener Aufklärer, der „Fakten gelernt“ habe, etwa, dass „es nur Mann und Frau gibt“, und der die politische Gegenwart Deutschlands kritisiert. Er sprach von einer „Hetzjagd während Corona“, beschimpfte den Satiriker Jan Böhmermann als Faschisten und beklagte, dass in Deutschland nicht mehr das Recht, sondern nur noch Gefühle regierten. Dazu präsentierte er sich in einem blauen T-Shirt mit der Aufschrift: „Free speech is my right to say what you don’t want to hear.“

Es ist eine Rhetorik, wie man sie aus verschwörungsideologischen Milieus kennt: Emotional aufgeladen, vermischt mit pseudokulturellen Begründungen. Auf seiner Facebook-Seite mit über 700 Followern und auf einer russischsprachigen Internetseite ist er regelmäßig aktiv, äußert sich regierungskritisch und AfD-freundlich. Es sind Sätze wie „Remigration jetzt“ zu lesen. Den Post, um den es im Gericht ging, begründete der Angeklagte damit, dass es sich für ihn nicht um ein Hakenkreuz, sondern um eine „Swastika“ handele, die im asiatischen Raum ein Glückssymbol ist. Er war mit einer Thailänderin verheiratet, mit der er eine Tochter hat, die bei ihm lebt. Er versuchte mit Bezug auf diese familiäre Verbindung der Collage, die ein Hakenkreuz beinhaltet, eine positive Bedeutung zu geben.

Ein Bild, das spricht – auch ohne Worte

Das Gericht ließ diesen Versuch durchsichtig erscheinen. Richter Folkmar Broszukat stellte klar: „Sie haben sich genau informiert, was Sie posten dürfen – und was nicht.“ Das Symbol sei eindeutig als NS-Hakenkreuz erkennbar – allein durch die Farbgebung des Bildes mit dem dunklen Hakenkreuz im Zentrum. Der Beitrag sei ohne Kontext oder Distanzierung veröffentlicht worden. Das sei keine kritische Auseinandersetzung, sondern bewusste Provokation, die mit der Bedeutung des NS-Symbols spielt. Der Richter betonte, dass Meinungsfreiheit auch Kritik an LGBTQ einschließe – aber nicht durch das Zeigen verfassungsfeindlicher Symbole.

Rechtsanwalt Andreas Patz argumentierte, der Post seines Mandanten sei durch die Kunstfreiheit gedeckt und er habe damit lediglich eine Diskussion lostreten wollen. Doch Richter Broszukat verneinte diese Interpretation: „Das Bild ist keine Satire, keine Kunst, sondern ein Repost ohne Einordnung mit eindeutig politischer Stoßrichtung.“ Ein bloßes Teilen ohne künstlerische Bearbeitung falle nicht unter diesen Schutz. „Es fehlt die Distanzierung, es fehlt der Kontext, es bleibt ein Symbol mit einer eindeutigen Bedeutung in Deutschland, und das bis heute“, so Broszukat.

Gefahr der Verharmlosung

Staatsanwalt Dominik Radzivilovskij betonte, man dürfe mit einem solchen Verhalten nicht locker umgehen. Die Verharmlosung der NS-Ideologie sei keine Kleinigkeit. In einer Gesellschaft, in der das Symbol historisch aufgeladen ist, sei diese Darstellung nicht nur geschmacklos – sondern strafbar. Letztendlich gab der Angeklagte zu, dass er das Hakenkreuz bewusst gewählt hatte, um die Identitätspolitik zu kritisieren.

Zudem entschuldigte sich der 60-Jährige für seine Tat. Dieses Geständnis und der Umstand, dass er stark verschuldet ist, gab der Kammer Spielraum, die Geldstrafe auf 600 Euro herunterzuschrauben. Der Richter erläuterte: „Das Hakenkreuz ist das bekannteste und prägnanteste Symbol der Nazis. Der Post ist kein künstlerisches Schaffen, das der bloßen Meinungsäußerung dient, und ist damit strafrechtlich relevant.“

Swastika und Hakenkreuz – ein Symbol, zwei Bedeutungen

Die „Swastika“ ist ein jahrtausendealtes Glückssymbol, das in Kulturen wie dem Hinduismus und Buddhismus bis heute positiv besetzt ist. In Europa ist das Zeichen jedoch stark belastet: Die Nationalsozialisten nutzten eine abgewandelte Form – das sogenannte Hakenkreuz – als Parteisymbol. Seitdem gilt es als Zeichen von Hass und Gewalt. In Deutschland ist die Verwendung des Hakenkreuzes nach Paragraf 86a Strafgesetzbuch (StGB) verboten, wenn es der Verherrlichung, Verbreitung oder Propaganda   nationalsozialistischen Gedankenguts dient.

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