Von unserer Mitarbeiterin Désirée Thorn
Drei Vorstellungen boten die Schauspieler am vergangenen Wochenende im Jugendzentrum Mühle in Bad Kreuznach. Ein Punk-Theater wie ein Roadmovie kündigten die Randfaller an und brachten auch eben dies auf Bühne.
20 Jahre nach ihrem letzten Auftritt bietet sich für die erfolglose Punkband Gruppe Senf, die von Manager Nigel Johannes Neumann (Kai Sieben) medienwirksam in Anarchoshnitzel umgetauft wurde, die Chance eines Bühnen-Comebacks. Um ihre Musikkollegen wieder zu vereinen, machen sich der tablettensüchtige Mediziner Dr. Jürgen „Hollo“ Hollerbach (Heiko Förster) und sein sensibler Freund und IT-Unternehmer Peter „Zombie“ Hein (Torsten Lüttger) auf den Weg durch den mysteriösen Ostteil der Republik. Peter, der sich vehement gegen seinen Spitznamen wehrt, möchte dabei vor allem seiner großen Liebe, der damaligen Sängerin Itty Lunatic (Silke Blaschke), wiederbegegnen.
Beladen mit großen Erwartungen an ihre Wiedervereinigung und noch größeren Vorurteilen gegenüber der deutschen Wiedervereinigung, durchqueren die Punker eine Stadt nach der anderen. Immer wieder steigen die Schauspieler dabei aus der Handlung aus, erläutern in Monologen erklärend ihre Vorgeschichten oder monieren die unwürdige Regieanweisung, die Autofahrt simulieren zu müssen. Mit Witz und Charme kommt die Gruppe so immer wieder beim Publikum an und bezieht es in das Schauspiel mit ein. Im Osten kommen die Bandkollegen in groteske Situationen. Ein schwuler Skinhead schimpft auf Belgien, Itty Lunatic kämpft in einem Erdloch gegen die Energiekonzerne, und keiner weiß genau, wer der Vater ihres Kindes ist. Doch nicht nur die offensichtlich lustigen Passagen sorgen für Gelächter, auch mit unterschwelligem Humor überzeugt das Stück. Bei seinen Besuchen stellt vor allen Peter fest, dass er irgendwie gar nicht mehr so rebellisch, sondern eher weich gespült und von der bürgerlichen Bequemlichkeit eingeholt worden ist.
Trotzdem blickt er mit Vorfreude dem geplanten Fernsehauftritt entgegen, um endlich Ittys Herz gewinnen zu können, bis die Band den wahren Grund ihres Auftritts erfährt: Sie wurden für die Show auf Platz eins der schlechtesten Rocksongs nominiert, doch Peter erobert schließlich als Sänger dennoch die Bühne.
Ein rasantes Tempo legten die Schauspieler in ihrem Stück an den Tag. Unterschiedlichste Charaktere wurden den Zuschauern vorgestellt, und jeder einzelne verkörperte eine gesellschaftliche Kritik. Doch die komplizierten Strukturen lösten sich im Laufe des Schauspiels auf und sprachen in ihren Rollen für sich. Schließlich holten die Darsteller das Publikum ab und nahmen es mit auf ihre bizarre Reise. Auch der Autor des gleichnamigen Romans, Oliver Maria Schmitt, begutachtete am Freitag die Umsetzung seiner Geschichte. „Ein Roman zum Einsteigen und Mitfahren“ – das ist das erklärte Ziel von Schmitt, und eben das haben die elf Darsteller unter der Regie von Maik Hempelmann auch umgesetzt. Das amüsante Stück für einen unterhaltsamen Abend, das jedoch auch etwas zum Nachdenken anregt, wollen die Randfaller voraussichtlich noch in anderen Städten aufführen.