Die Sparkasse Rhein-Nahe hat ihre Führung neu geordnet. Wie diese Zeitung bereits am Montag exklusiv berichtete, wird Holger Wessling (54), derzeit noch Mitglied des Vorstands der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (Apobank), mit Wirkung zum 1. Juni 2023 zum neuen Vorstandsvorsitzenden bestellt. Dies haben die maßgeblichen Aufsichtsgremien der Sparkasse, die Verbandsversammlung des Zweckverbandes und die Sitzung des Verwaltungsrats, in ihren Sitzungen am Dienstag, 15. November, einstimmig beschlossen.
Notwendig wurde der Wechsel an der Spitze der Sparkasse Rhein-Nahe, weil der bisherige Vorstandsvorsitzende Peter Scholten (67), der das Institut seit mehr als 18 Jahren erfolgreich leitet, im nächsten Jahr in Ruhestand gehen will. Wann genau Scholten die Kapitänsbrücke am Kornmarkt räumt, ist noch nicht öffentlich. Es ist aber davon auszugehen, dass er seinen noch bis Ende 2023 laufenden Vertrag nicht mehr voll erfüllen wird.
Dickes: Überzeugende Nachfolge
Auch eine weitere Vorstandspersonalie passierte die Gremien am Dienstag ohne Gegenstimme: Das Sparkassen-„Eigengewächs“ Steffen Roßkopf, bereits seit 2011 Vorstandsmitglied, wird zum 1. Februar 2023 zum stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden bestellt. Diese Rolle hatte es seit dem Ausscheiden von Andreas Peters im Jahr 2020 nicht mehr gegeben. Der dreiköpfige Vorstand wird komplettiert von Jörg Brendel, der der Führungsspitze seit 2021 angehört.
Der designierte Sparkassenchef Holger Wessling dankte den Mitgliedern des Verwaltungsrates und der Zweckverbandsversammlung für das Vertrauen, das sie ihm mit dieser Wahl bewiesen haben. Landrätin Bettina Dickes, aktuell Vorsitzende des Verwaltungsrates der Sparkasse und zugleich Verbandsvorsteherin des Zweckverbandes, erklärte auch im Namen ihrer beiden Stellvertreter, Landrätin Dorothea Schäfer (Kreis Mainz-Bingen) und Oberbürgermeister Emanuel Letz (Stadt Bad Kreuznach) sowie im Namen aller Mitglieder der beiden Gremien: „Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen politischen und wirtschaftlichen Situation ist es für die Zukunft unserer Sparkasse wichtig, eine überzeugende Nachfolgeregelung zu treffen.“
„Unter der Gesamtverantwortung von Peter Scholten hat sich die Sparkasse Rhein-Nahe in den vergangenen 18 Jahren äußerst erfolgreich entwickelt und hat in allen Geschäftsbereichen deutliche Zuwächse erwirtschaftet“, würdigte Dickes die Arbeit des scheidenden Vorstandsvorsitzenden. Scholten sei es zu verdanken, so Dickes weiter, dass sich die Sparkasse trotz der allgemeinen Bankenkrise 2008 und der sich danach anschließenden und historisch lang anhaltenden Niedrigzinsphase zur ertragreichsten Sparkasse in Rheinland-Pfalz entwickelt habe. Bei einer Bilanzsumme von 6,2 Milliarden Euro erwirtschaftete die Sparkasse ein Betriebsergebnis von rund 55 Millionen Euro.
Konsequent habe Scholten seine Sparkasse strategisch neu ausgerichtet und ertragsstarke neue Geschäftsfelder erschlossen. Dadurch sei die Sparkasse Rhein-Nahe heute „ein krisenfester, stabiler Partner und ein sicherer Arbeitgeber für mehr als 600 Mitarbeiter mit modernsten Arbeitsplätzen in überwiegend neuen Gebäuden“. Dickes: „Das ist es, was in diesen Zeiten zählt, und dafür danken wir Peter Scholten.”
„Mir macht die Arbeit hier noch immer richtig Spaß“, betonte Scholten vor der Verbandsversammlung. Er fühle sich auch gesundheitlich noch fit, so Scholten, aber „mit 67 und nach 50 Jahren im Beruf darf man auch mal darüber nachdenken, in Pension zu gehen“.
Der gelungene Umbau der Sparkasse Rhein-Nahe zu einem Finanzunternehmen modernster Prägung mache ihn auch ein wenig stolz, bekannte Peter Scholten: „Wir haben sehr frühzeitig wichtige Themen und auch Chancen für unser Haus identifiziert und sie mutig verfolgt.“ Bei Investitionen in regenerative Energien, Wohnungsbau oder konzeptioneller Flächenentwicklung „waren wir immer schon vor der Karawane da“, so Scholten. Das so entstandene robuste und vielfältige Geschäftsmodell, das sich durchaus von anderen Sparkassen unterscheide und vielfältige interessante Perspektiven biete, sei auch mit entscheidend dafür, dass die Sparkasse aus Bad Kreuznach für die Nachfolge im Vorstandsvorsitz einen profilierten Bankmanager habe gewinnen können.
Interessante Verbindungen
Holger Wessling versicherte im ersten Statement nach seiner offiziellen Bestellung zum neuen Vorsitzenden, er werde „die erfolgreiche Geschäftspolitik meines Vorgängers mutig fortführen“. Großes Potenzial sieht der künftige Sparkassenchef auch in „der tiefen Verankerung der Sparkasse in ihrem Geschäftsgebiet“. Als neuer Vorstandsvorsitzender wolle er sich nicht nur beruflich neu ausrichten, sondern sich mit seiner Frau – Wesslings Kinder sind erwachsen – „in der lebenswerten Region Rhein-Nahe ein neues Zuhause schaffen“. Seine Frau habe „bereits mit der Suche begonnen“.
Steffen Roßkopf, nun offizielle Nummer Zwei an der Sparkassenspitze, dankte den Gremienmitgliedern für das in ihn gesetzte Vertrauen. Roßkopf ist seit 1. August 1981 bei der Sparkasse beschäftigt und seit 1. Januar 2011 Vorstandsmitglied. „Steffen Roßkopf hat in den vergangenen Jahren insbesondere das Firmenkundengeschäft sowie die Geschäftsfelder Immobilienprojekte und Strukturierte Finanzierungen als eine der führenden Sparkassen in Deutschland gemeinsam mit Peter Scholten erfolgreich platziert und damit auch maßgeblichen Anteil am Erfolg des Unternehmens in den vergangenen zehn Jahren“, lobte Dickes.
Mit Blick auf die Bad Kreuznacher Bankenlandschaft gibt es noch eine pikantes Detail: Auch der designierte Nachfolger von Horst Weyand in der Geschäftsführung der Volksbank Rhein-Nahe-Hunsrück kommt von der Apobank in Düsseldorf. Patrick Miljes war vorher rund zwei Jahre lang Leiter der Firmenkundenbetreuung. Eventuell entsteht zwischen den beiden größten Finanzinstituten der Nahe-Stadt bald eine „Apo-Connection“.
Holger Wessling: Führungspositionen im In- und Ausland
Der zukünftige Sparkassen-Vorstandsvorsitzende Holger Wessling ist seit September 2016 Mitglied des Vorstands der Deutschen Apotheker- und Ärztebank eG (Apobank) mit Sitz in Düsseldorf. Die Bilanzsumme der Apobank betrug zum Jahresende 2021 rund 67 Milliarden Euro und das Betriebsergebnis vor Steuern rund 124 Millionen Euro. Holger Wessling war im Vorstand der Apobank zunächst verantwortlich für das Ressort Großkunden und Märkte und seit Juni 2020 für das Privatkundenressort. Im Mai 2021 übernahm er das Ressort Finanzen und IT. Interimistisch nahm er zwischenzeitlich auch die Aufgaben des Vorstandsvorsitzenden wahr. Derzeit verantwortet er interimistisch auch das Ressort Risiko.
Vor seiner Zeit bei der Apobank bekleidete Wessling bei der DZ Bank AG verschiedene Führungspositionen im In- und Ausland. Unter anderem war er Bereichsleiter Firmenkunden sowie Niederlassungsleiter in London und Hongkong. Wesslings Abgang bei der Apobank fällt in eine Zeit mehrerer Wechsel in der Vorstandsriege. Im laufenden Jahr ist er bereits das dritte Vorstandsmitglied, dass die Apobank freiwillig verlässt. tg