Landrätin Bettina Dickes: Marode Bausubstanz und Anspruch auf Betreuung belasten den Kreis
Erziehung und Bildung sind dem Kreis lieb und teuer: Schulen und Kitas gehen ins Geld
Beim Gymnasium am Römerkastell wird diskutiert, ob der Altbau saniert und erweitert werden soll oder ob ein Neubau sinnvoller ist. Foto: Chr. Jäckel
Josef Nürnberg

Kreis Bad Kreuznach. Kinder sind ein Segen, die immensen Kosten für Schulbauten und -sanierungen sowie die Einrichtung neuer Kindergartengruppen und -betreuungszeiten hingegen bedeuten für den Kreishaushalt eher einen Fluch. Das erklärte Landrätin Bettina Dickes bei ihrem siebten Jahrespressegespräch.

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Ein Problemfall ist die Generalsanierung des Förderschulzentrums am Ellerbach in Bad Kreuznach. Nachdem zunächst ein Auftaktgewerk den Bauzeitenplan „geschmissen“ hatte, konnte zwischenzeitlich der erste Bauabschnitt der Sanierung weitgehend abgeschlossen werden. Um der großen Raumnot an der Don-Bosco-Schule zu begegnen, wurden Containerklassenräume eingerichtet – ein Zustand, der Jahre andauern könnte, befürchtet die Landrätin. An der Ellerbachschule soll nun der zweite Bauabschnitt in Angriff genommen werden. Dabei sei ein abschnittsweiser Innenausbau im laufenden Schulbetrieb unumgänglich, befürchtet Bettina Dickes. Auch hier müssen Container eingesetzt werden.

Ein schwieriger Fall ist auch die Burgschule Schloßböckelheim. Hier laufen Voruntersuchungen zur notwendigen Erweiterung. Die Situation wird als „nicht mehr tragbar“ eingeschätzt. Dabei stellt sich die Frage, ob der Gebäudebestand weiter genutzt werden kann oder ob ein kompletter Neubau notwendig wird. Container bilden eine Zwischenlösung. Ein relativ schnell zu erstellender Holzständerneubau auf der Wiese ist angedacht. Ist dieser fertig, könnten Klassen von Don Bosco hierher ausweichen, so eine Überlegung.

Ähnlich prekär ist die Situation beim Gymnasium am Römerkastell. Hier wurde ermittelt, dass die Kosten eines Neubaus etwa gleich hoch wären wie die der Sanierung des Altbaus plus Erweiterung. Weitere Untersuchungen laufen, mit dem Ergebnis wird Ende 2024 bis Anfang 2025 gerechnet. Parallel dazu überarbeitet das Gymnasium das pädagogische Konzept. Dessen Erkenntnisse und Erfordernisse sollen dann in die baulichen Veränderungen – ob Sanierung oder Neubau – einfließen.

Seit Jahren diskutiert wird über die Geschwister-Scholl-Realschule plus in Wallhausen und Waldböckelheim. Während in der Vergangenheit wegen geringer Schülerzahlen über die Schließung der Dependance Waldböckelheim nachgedacht wurde, sieht die Lage heute ganz anders aus. Der Zulauf ist beachtlich, der Ruf sehr gut, konstatiert Bettina Dickes. Als Folge wird die Chance auf zwei eigenständige Schulen diskutiert und mit der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) abgestimmt.

Mit deren Segen soll es das Ziel sein, im Herbst einen Antrag auf Eigenständigkeit beider Schulstandorte in den Gremien Kreisausschuss und Kreistag zu beschließen. Gesehen werden personelle Vorteile für die beiden dann eigenständigen Schulen wie eigene Schulleitungen und erhöhte Lehrerstundenzuweisungen.

Ungeachtet dessen drücken auch hier bauliche Probleme. Die Turnhalle in Waldböckelheim nennt die Landrätin ein „Desaster“ mit Handlungsbedarf. Ein Gutachten wird erstellt. Dabei geht es auch um die Realisierung eines „Klassenraummehrbedarfs“.

Nicht weniger Kopfzerbrechen machen die Kindertagesstätten. Seit dem erweiterten Betreuungsanspruch bei gleichzeitigem Personalmangel gibt es immer mehr unvorhergesehene Ausfälle und Notgruppen, wie zahlreiche Eltern leidvoll erleben müssen. Aufgrund des neuen Kita-Gesetzes von 2021 muss der Kreis rückwirkend rund 3 Millionen Euro nachzahlen, für 2024 entsteht ein Mehrbedarf für anteilige Personalkosten von rund 1,1 Millionen Euro. Nach einem OVG-Urteil muss der Kreis für anfallende Baukosten 40 Prozent aufbringen. „Das ist eventuell nicht mehr durch die Umlage zu decken“, befürchtet Dickes. Eine Erhöhung lehnt sie aber ab.

„Die Herausforderung schlechthin“ sei das Gesetz zur ganztägigen Förderung von Kindern im Grundschulalter ab Schuljahr 2026. Die Betreuungspflicht (samt Essen) gilt dann von 8 bis 16 Uhr und in acht der zwölf Ferienwochen. „Wir müssen hier etwas ausrollen, das es noch nie gab – und wissen nicht, wie das aussehen soll“, grübelt die Landrätin. Man wolle keinen Schultourismus, aber die Betreuung müsse eventuell auf Schwerpunkte konzentriert werden.

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