Auf einer kleinen Verkehrsinsel in Bad Münster sprießt das Unkraut auf den Gehweg? Kein Problem, Kurt kommt. Die Sitzbänke im Münsterer Kurpark sind marode? Kurt repariert sie. Max und Moritz gammeln mal wieder? Ruft den Kurt. Auf dem Goetheplatz sind die Pflanzkübel unansehnlich verschmiert? Hopp hopp, Kurt streicht sie neu.
Kurt Theurich. Der Mann ist 92 Jahre alt, und er ist fast jeden Tag in Bad Münster unterwegs: Er repariert, schnippelt, putzt, mäht. Kurt Theurich bekommt dafür keinen Cent, er macht es aus Überzeugung, vielleicht so etwas wie Pflichtgefühl, und er hat auch Spaß dabei. Er ist draußen, beschäftigt sich sinnvoll und ist für jeden ansprechbar.
Kurt Theurich ist, so traurig das klingt, das Überbleibsel einer aktiven Truppe von sechs Rentnern, die sich im Verein Schönes BME zusammengefunden hatten und die viel gemeinsam gewerkelt haben. Mittlerweile ist Theurich mit Winfried Weingärtner übrig, der 94-jährige Werner Viehl hat noch lange mitgeschafft, nun geht es nicht mehr. Oft ist Theurich mit seiner Lebensgefährtin Brigitte Knoblach und Nachbarinnen zugange, insbesondere wenn es um die schmückenden Pflanzen in der Stadt geht.
Vater Bergmann, Mutter Briefträgerin
Doch was ist das für ein Mann, der sich so für den öffentlichen Raum einsetzt? Hier ein kleines Porträt dieses kommunalen Goldstücks: Im Juli 1932 erblickte er im schlesischen Seitendorf, Landkreis Zittau, das Licht der Welt. Sein Vater war 45 Jahre lang Bergmann im nahen Braunkohlebergwerk, seine Mutter arbeitete als Briefträgerin, als die männlichen Postleute in den Krieg zogen. Nach Kriegsende kamen die Polen. Mittags wurde Familie Theurich mitgeteilt, dass sie bis 12 Uhr mittags mit nicht mehr als Handgepäck auf der Straße stehen sollten. Dann ging es über die Neisse nach Hirschfelde. Alles was sie hatten, war verloren – für immer.
Kurt absolvierte noch zwei Jahre Schule , dann stellte sich die Frage nach einer Lehre. Es wurden vor allem Ausbildungen in Aufbau-Berufen vermittelt, erinnert sich Theurich. Aber er lernte Buchdrucker. Als Geselle kam er nach Weimar, wo er in der Landesdruckerei arbeitete. Über den Sender Rias aus dem freien Berlin hörte er jeden Tag, wie viele Tausende wieder die Grenze überschritten hätten. Und so kehrte er der DDR 1953 auch den Rücken.
Sein Herz zeigte ihm das „Stop!“-Schild
Als Drucker fand er bei Bielefeld einen Job, wurde seßhaft, gründete eine Familie, baute ein Haus. „Wir haben damals 12 Stunden am Tag gearbeitet, auch samstags. Es gab so viel Arbeit, und es kam auch Geld rein.“ So machte sich Theurich als Drucker selbstständig, malochte 35 Jahre. Dann zeigte ihm das Herz das Stop-Schild. Er musste operiert werden, kam in Kur, wo er seine künftige Lebensgefährtin kennenlernte – nämlich Brigitte Knoblach aus Traisen. Er zog mit 56 Lenzen an die Nahe, arbeitete noch einige Jahre in Burg Layen bei Pieroth, dann war er Rentner.
Doch stillhalten liegt dem Mann nicht, also besorgte er sich wieder eine Druckmaschine und arbeitete selbstständig bis 2001 in seiner Traisener Werkstatt. Nach Bad Münster ging es, als sie die Werbung für die neuen Wohnungen in der Berliner Straße 9 sahen. Ihr Haus in Traisen war zu groß geworden, also zogen sie nach Bad Münster.
24 Jahre für Bad Münster im Einsatz
„Und ich war ein Jahr hier vor Ort, da sah ich überall die maroden Einrichtungen. Also war ich dabei, als 2001 der Verein Schönes BME im Weingut Kerth gegründet wurde.“
Nun ist er schon 24 Jahre für Bad Münster im Einsatz, und es macht ihm immer noch Spaß. Es wäre natürlich sehr schön, wenn sich neue Rentner oder überhaupt finden würden, die Spaß am gemeinsamen Werkeln haben. Einen schönen Vereinsraum am Kurmittelhaus gibt es ja auch. Wer Interesse hat, kann sich bei Wiltrud Schläfer melden, der Vorsitzenden des Vereins Schönes BME, Telefon 06708/2428.