Oeffentlicher Anzeiger
Eine Zuhause für die, die keins mehr haben
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Kreis Bad Kreuznach. Die Wohnungslosenhilfe der Bad Kreuznacher Diakonie, die Eremitage, ist eine Einrichtung für Menschen, die kein Zuhause mehr haben, die obdachlos geworden sind, weil sie ihren Job verloren haben oder krank geworden sind und dann die Miete nicht mehr zahlen konnten. Am Wochenende fand dort der Tag der offenen Tür statt. 

Von unserem Redakteur Dominic Schreiner

Kreis Bad Kreuznach. Wer in Bretzenheim an der Nahe aus Richtung Bad Kreuznach kommend auf der Naheweinstraße nach links in den Eremitagerweg einbiegt, den führen die nächsten gut zwei Kilometer Wegstrecke durch eine sanft-hügelige Landschaft. Hier gibt es Wald und Wiesen, Pferde grasen auf einer Koppel, es gibt Gehege für Rotwild, Schafe und Rinder. Ein Idyll. Die Straße endet an einem Ensemble von Häusern, darunter ein ehemaliges Jagdschloss mit einem Türmchen. Hier leben Menschen. Solche, die sich nicht ausgesucht haben, hier zu wohnen.

Seit 25 Jahren lädt die Institution einmal im Jahr zum Tag der offenen Tür, so wie auch gestern. „Wir möchten mit diesem Tag einfach auf unsere Arbeit aufmerksam machen“, sagt Diakon Heiner Trauthing, Leiter der Eremitage. Gut 250 Menschen sind der Einladung gefolgt, „mit so vielen habe ich bei diesem Wetter gar nicht gerechnet“, zeigt sich Trauthing angetan.

Die Besucher stöbern im Bücherflohmarkt und kaufen Druckwerke, die gespendet worden sind. Sie sitzen im Innenhof an Tischen zusammen und plaudern, es gibt Kaffee und Kuchen oder Gegrilltes. In der Ecke sitzt Alleinunterhalter Martin aus Windesheim und spielt gerade „Happy“ von Pharrell Williams. Rolf Anton und René Hoffmann, beides Bewohner der Eremitage, laufen umher und fordern Besucher zu einem Ratespiel auf.

Gerhard Siemers aus Bretzenheim nimmt bereitwillig daran teil. Gemeinsam mit seiner Frau hat er schon mehrfach die Einrichtung beim Tag der offenen Tür besucht. „Ich bin christlich geprägt“, schildert er sein Motiv. „Außerdem: Uns geht es doch gut, deswegen haben wir auch echtes Mitleid mit den Menschen, die ihr Zuhause verloren haben.“ Dann wendet er sich den Eremitagebewohnern Anton und Hoffmann zu. „Erklärt ihr mir, wie das Spiel funktioniert?“.

„Was wir mit diesem Tag auch erreichen wollen, ist Grenzen abzubauen, Hemmschwellen zu senken, damit die Besucher in Kontakt mit unseren Klienten hier kommen“, erläutert Diakon Trauthing. Das scheint gut zu funktionieren, nicht nur am Tag der offenen Tür. „Wir verspüren generell in der Verbandsgemeinde einen großen Rückhalt für die Obdachlosenhilfe“, fügt er an, „man muss sich hier ja nur mal umschauen, die Besucher bilden einen guten Querschnitt durch die Bevölkerung ab.“

Akzeptanz ist eine wichtige Voraussetzung für die Arbeit der 21 Hauptamtlichen der Einrichtung. Denn die finanziellen Mittel, die für die insgesamt 165 Wohnplätze des Projekts an den Standorten Bretzenheim, Bad Kreuznach und Idar-Oberstein zur Verfügung stehen – „Wir sind damit das größte Projekt dieser Art in Rheinland-Pfalz“, sagt Trauthing -, sind bescheiden. Die Menschen, die hier unterkommen, werden über die Pflegeversicherung finanziert. „Und in Rheinland-Pfalz haben wir da den niedrigsten Satz aller Bundesländer, davon müssen wir alles bezahlen“, sagt Trauthing. Alte Obdachlose, Menschen ohne Ansprüche auf Sozialleistungen in Deutschland – die Eremitage steht vor neuen Herausforderungen. Aber unser Projekt wird wenigstens nicht infrage gestellt, schiebt Trauthing optimistisch nach. Und begrüßt den nächsten Besucher mit einem Lächeln.

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