Wollte man es hart ausdrücken, müsste man von einer blamablen Vorstellung sprechen, wie sich die Verwaltung im Fall Michelinstraße präsentierte. Wohlwollend könnte man sagen, dass sie ihre Hausaufgaben eher mangelhaft als ausreichend gemacht hat. Mit der Folge: Verwaltung und damit auch die Politik müssen wieder nachsitzen. Was werden sich wohl die Wirtschaftsbosse der zwei wichtigen Kreuznacher Arbeitgeber gedacht haben? Das Dilemma fing schon damit an, dass zwar Vogelaar für Michelin sprechen durfte, Beinbrech-Geschäftsführer Böcking aber nur als Teilnehmer ohne Rederecht eingeladen wurde. Unglücklich!
Daran ändert auch nicht, dass er schließlich doch sprechen durfte. Genauso unausgegoren: Die Kostenverteilung für den Kreisverkehr und, dass die Verwaltung nur mit den direkten Anliegern, Beinbrech und Michelin, gesprochen hat, nicht aber mit dem THW und Meffert. Zwar sind beide nur indirekt betroffene Anlieger – da hat OB Letz recht –, doch ich würde mal gern wissen, was Patron Klaus Meffert dazu sagt, wenn täglich 4000 Fahrzeuge mehr durch die dafür nicht ausgebaute Otto-Meffert-Straße an seinem Leonardo Hotel vorbeifahren.
Noch viel schlimmer ist, dass die Verwaltung erneut eine große Chance in der Wirtschaftsförderung und Standortsicherung vertan hat: Seit dem Bau des Kreisels B428/Bauhaus – wohlgemerkt 2012(!) geschehen – wird über eine Anbindung der Industriestraße ins Gewerbe- und Industriegebiet diskutiert. Und als 2015 Michelin zum ersten Mal mit dem Wunsch an die Stadt herantrat, die Michelinstraße zu erwerben, spätestens aber 2020, als sich das konkretisierte, hätte die Verwaltung hier tätig werden müssen, zumal dies ursprünglich Bedingung für eine Schließung der Michelinstraße war. Ob das machbar ist, hätte man längst untersuchen können.
Doch die Verwaltung blieb untätig, und die Politik hat es ebenfalls verschlafen. Wie bei so vielen anderen Themen hat man unnötigerweise wieder einmal viel Zeit verloren und eine weitere Chance vertan. Stattdessen wird über alles Mögliche rauf und runter diskutiert. Die Stadt braucht etwas anderes: weniger Palaver, mehr Entscheidungen.
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