Bad Kreuznacher Schwätzchen
Ein geplatzter Traum und die Bad Kreuznacher Realitäten
Wenn die Brückenhäuser erzählen könnten: Sanft spiegelt sich das Wahrzeichen der Kreis- und Kurstadt an der Nahe im Mühlenteich.
Markus Kilian

Spitzen und Notizen aus Stadt und Kreis von Harald Gebhardt

D er Traum von einer Landesgartenschau in Bad Kreuznach ist geplatzt, ausgeträumt – schon zum zweiten Mal nach 2016. Die Stadt hat ihre Bewerbung für eine Ausrichtung 2032 wieder zurückgezogen, weil das Geld fehlt. Doch die dafür bislang investierten 160.000 Euro für eine bei dem Büro RMP Stephan Lenzen Landschaftsarchitekten beauftragte Machbarkeitsstudie sollen nicht umsonst gewesen sein, die Ideen nicht verloren gehen.

Der Weg zur Selbsterkenntnis

„Ich weiß aus unleugbarer Erfahrung, dass Träume zu Selbsterkenntnis führen“, macht der deutsche Physiker Georg Christoph Lichtenberg (1742–1799), ein Meister des Aphorismus, Mut. Denn dies gilt garantiert nicht nur für Gartenschauen. Ein Beispiel gefällig? Zuletzt waren im Rahmen der Apollo -Missionen der Nasa im Jahr 1972 Menschen auf dem Mond, womit sich ein langer Menschheitstraum erfüllte. 2027 soll es wieder so weit sein: Im Rahmen des nach Artemis, der griechischen Göttin der Jagd, benannten Programms, sollen Astronauten wieder den Boden des Erdtrabanten betreten. Am Morgen des 14. März gab es übrigens für kurze Zeit über Deutschland eine partielle Mondfinsternis zu sehen. Dabei verdeckt der Erdschatten einen Teil des Mondes. Die Aufnahme vom Mond, die uns Heike Hemmrich aus Planig geschickt hat, ist aber eine Woche früher entstanden. „Ich habe heute den Mond aufgenommen. War bei dem klaren Wetter gut zu sehen. Der Mann in Mond war leider nicht zu Hause“, schreibt sie uns dazu.

Diese Aufnahme des Erdtrabanten hat Heike Emmrich am 7. März gemacht.
Heike Hemmrich

Ein heißes Pflaster

Zeit, zurück zur Erde zu kommen und zu Hause den Bad Kreuznacher Realitäten ins Auge zu schauen: Im vergangenen Sommer haben meine Kollegin Lena Reuther und ich einen Hitzehotspot-Test gemacht und einmal dokumentiert, wo sich die heißesten Stellen in der Kreuznacher Innenstadt befinden. Ergebnis: „Die Kurstadt ist ein heißes Pflaster“, wie wir damals titelten. Eindeutiger Spitzenreiter mit mehr als 47 Grad war die Beton- und Pflasterwüste Europaplatz. Es sollte, ja es muss also etwas geschehen – besser morgen als übermorgen. Was das sein könnte, das stellten Stadtplanerin Johanna Pieritz und Clas Schele von RMP jüngst im Ausschuss für Stadtplanung, Bauwesen, Umwelt und Verkehr vor. Es sind fraglos „viele tolle Ideen“ dabei – wenn auch nicht alle unbedingt neu. Vielleicht lässt sich die eine oder andere davon ja auch doch noch umsetzen, hofft Oberbürgermeister Emanuel Letz und setzt auf entsprechende Fördermittel vom Land. Ein Vorschlag ist, den Europaplatz und die Tiefstraße vor dem Bahnhof in eine parkähnliche Anlage als Entree in die Stadt, in eine „grüne Lunge“, eine Art „Urban Forrest“ umzuwandeln, wie es die Planer begrifflich definieren. „Es liegt an uns allen, inwieweit wir dabei vorangehen und auch Projekte umsetzen, zum Beispiel beim Bahnhofsvorplatz“, sagt Letz dazu. „Zur Wahrheit gehört aber auch: Es muss finanzierbar sein.“ Nennen wir das einmal eine „partielle Selbsterkenntnis“. Denn haushaltstechnisch sieht es finster aus.

Ideen für morgen

Ob Klettersaline im Salinental (Foto) oder ein Park am Europaplatz - mit solchen visualisierten Ideen wollen die Macher der Studie der Stadtpolitik auch Mut machen, Maßnahmen anzupacken.
Harald Gebhardt

Trotz der Finanzmisere: Es ist immer gut, Visionen zu haben. Und für Schele muss die Stadt viele dieser Projekte in absehbarer Zeit ohnehin angehen – auch ohne Landesgartenschau: Die heiße Innenstadt muss mehr begrünt und ans Klima angepasst werden. Er und Pieritz sprechen dabei von „Sowieso-Maßnahmen“, wie Neuruppiner und Bourger Platz. „Wir glauben schon, dass sie als Stadt von der Broschüre profitieren und damit arbeiten können.“ Zu den Projekten zählt insbesondere das Salinental als „Scharnier zu Bad Münster“, das man in drei Abschnitte unterteilen könnte – einen ruhigen Bereich, dazu das Salinenbad, einen aktiven Bereich (Sport und Bewegung, Angebote für alle Gruppe, auch Skaterbahn) und einen Naturschutzbereich (Grünes Klassenzimmer, Ausbuchtungen entlang der Nahe, damit Menschen Naturschutz erleben können). Weitere Ideen sind eine Show-Saline, die zeigt, wie ein Gradierwerk funktioniert, oder eine Klettersaline. Dafür käme die letzte Saline hinter den Sportanlagen infrage. Bei den Ausschussmitgliedern stießen die Ideen auf viel Wohlwollen, aber auch auf Skepsis. Stephanie Otto (Grüne) verwies darauf, dass ähnliche Vorschläge schon andere gemacht haben, so Kaiserslauterer Studenten in einer Bachelorarbeit, und lobte die Bürgerbeteiligung an der Studie. Norbert Olk (FDP) bedauerte den Rückzug von der Bewerbung, meinte: „Ich denke, wir haben eine Chance versäumt.“ Und Stefan Butz (PBK) fehlte schlicht die Fantasie, „wie wir die Sowieso-Maßnahmen ohne LSG gewuppt bekommen sollen“. Nun ja, an guten Ideen mangelt es wahrlich nicht, an der Umsetzung hingegen schon.

Verschönerter Platz

Treffpunkt Neuruppiner Platz: Bürgermeister Blechschmidt (rechts) mit Victoria Krings von Weinland Nahe (von links), Reinhold Lorenz, Christoph Nath und Klaus-Dieter Dreesbach von den Stadtwerken, Iris Prencipe und OB Letz
Harald Gebhardt

Wenigstens im Kleinen hat man am Neuruppiner Platz jetzt schon einmal begonnen. Zugegeben: weniger mit einer Begrünung und Klimaanpassung des Parkplatzes (auch wenn ein paar Bäume in der Mitte neu angepflanzt wurden – einen davon hat der „Oeffentliche“ gespendet), mehr mit der Verschönerung. So hat der Kreuznacher Künstler Rafael Gutierrez-Stienert das Trafohäuschen an der Ecke zur Zufahrt auf den Platz mit Motiven der Kreuznacher Brückenhäuser und des Schriftstellers Theodor Fontane bemalt, der in der Partnerstadt Neuruppin geboren wurde. Schräg gegenüber wurde ein Kunstwerk von Reinhold Lorenz installiert – Notenlinien mit den Anfangsnoten des Liedes „Nachtigall, oh Nachtigall!“ und eine Metallfigur mit dem Umriss der Brückenhäuser. Viele Geschäftsleute hatten der Stadt gespendet, Initiativen und Weinland Nahe die Aktion unterstützt. Leider ist bei der Herstellung des Kunstwerks im September 2024 ein fataler Fehler passiert, als die Wurzel der dort stehenden großen Robinie aus Versehen durchtrennt wurden und der Baum gefällt werden musste. Am Freitagnachmittag wurde bei einer kleinen Feier, unter anderem mit OB Letz, Bürgermeister Thomas Blechschmidt, und dem Team von „Wir sind Kreuznach“ um Iris Prencipe, die Kunstinstallation eingeweiht. Blechschmidt sprach auch den gefällten Baum an, der inzwischen durch eine Neuanpflanzung ersetzt wurde. „Wenn wir Fehler korrigieren, ist alles gut“, meinte er. Allerdings: „Ich habe lange nicht mehr so viel geheult wie an diesem Tag“, verriet Iris Prencipe, die nach Blechschmidt und Letz sprach und dies so kommentierte: „Da wir drei Frauen es gewohnt sind, immer das letzte Wort zu haben, wollten wir mit dieser Tradition nicht brechen.“ Einig sind sich alle darin, dass man in der Stadt noch viel verschönern kann – nicht nur am Neuruppiner Platz. Ein Anfang ist gemacht.

Ruhe am Ippesheimer See

Schwanen-Idylle auf dem Ippesheimer See
Hans Sonnet

Das gilt auch für den Ippesheimer See. Immer wieder gab es von den Zuständen an den Ufern rund um den ursprünglichen Baggersee – eigentlich ein kleines Naturparadies, eine Oase der Ruhe und Stille – nichts Gutes zu berichten. So kämpfte der frühere langjährige Ortsvorsteher Bernd Burghardt seit Jahrzehnten unverdrossen darum, die unschönen Hinterlassenschaften endlich zu beseitigen. Der Müll und der Schrott, der sich über Jahre an dem See so ansammelte, erhitzte die Gemüter. Inzwischen wurde das Areal zum Teil entrümpelt. Stadt und Kreis haben dabei zusammengearbeitet. Doch der See hat auch seine wundervollen, seine schönen Seiten, eine davon hat der Planiger Hans Sonnet mit seiner Kamera eingefangen. So ist das oft: Das Unschöne haben wir sofort im Blick, das Schöne übersehen wir. Da halte ich es doch lieber mit dem bekannten österreichisch-tschechischen Schriftsteller Franz Kafka (1883–1924): „Jeder, der sich die Fähigkeit erhält, Schönes zu erkennen, wird nie alt werden.“ In diesem Sinne ein schönes Wochenende …

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