Die Kurstadt an der Nahe und die Fontanestadt in Brandenburg spielten die Vorreiter, beschlossen bundesweit die erste deutsch-deutsche Städtepartnerschaft. Schon vor dem Mauerfall im November 1989 war der Weg nach zähen Verhandlungen frei. Einer, der mit seinen Kontakten zu dem damaligen DDR-Staatsratsvorsitzenden Erich Honecker dazu beitrug, war Oskar Lafontaine. Oberbürgermeisterin Heike Kaster-Meurer las beim Festakt im Fürstenhof vor mehr als 100 Gästen aus dem Schreiben Lafontaines vom 30. November 1988, in dem er mitteilt, „die DDR entspricht dem Wunsch nach einer Städtepartnerschaft zwischen Neuruppin und Bad Kreuznach“. Endgültig wurde sie am 15. Februar 1990 in Bad Kreuznach besiegelt.
Im Rückblick ist es für Neuruppins Bürgermeister Jens-Peter Golde eine bloße historische „Zufälligkeit“ gewesen, warum die Wahl auf Neuruppin fiel. „Wir werden wohl nie erfahren, warum die DDR-Führung damals Neuruppin als Partnerstadt vorgeschlagen hat“, meinte er in seiner Ansprache. Klar ist: Die Initiative ging von Bad Kreuznach aus, für Neuruppin wurde sie zum Glücksfall. „Vor allem in den ersten Jahren hat Bad Kreuznach echte Aufbauarbeit geleistet.“ Der Aufbau einer modernen Verwaltung, der Markwirtschaft und des Verkehrsvereins – für Golde war das „ein Quantensprung im Vergleich zur DDR“. 200 Millionen Euro hat Neuruppin im letzten Vierteljahrhundert in seine Infrastruktur gesteckt. An der positiven Entwicklung der Stadt habe Bad Kreuznach einen großen Anteil.
Auch wenn die Freundschaft manchmal ein bisschen geruht hat, eingeschlafen ist sie nie, betonte Kaster-Meurer. „Es ist ein wunderbar gelebtes Stück deutscher Einheit, was uns auch zuversichtlich in die Zukunft blicken lässt.“ Aber, so die OB weiter, „die Welt ist in den 25 Jahren auch kleiner geworden: Der Weg nach Neuruppin ist zwar leichter geworden, aber auch nicht mehr so interessant.“ Deshalb bestehe schon die Gefahr, dass die Partnerschaft bei den Bürgern an Bedeutung verliert. Zum 25. Jubiläum wollen beide Städte deshalb nicht nur zurückschauen, sondern auch noch vorne blicken. Sie hoffe, dass die Partnerschaft durch das Jubiläum auch neu belebt wird, erklärte die OB. Sie will vor allem den Jugendaustausch fördern und sehen, dass es auch Schulfahrten in die Partnerstadt gibt. Ein besonderes Anliegen ist ihr auch der Austausch der Verwaltungen. Heute heiße es vor allem: „Wir können uns austauschen und voneinander lernen.“ Beide Städte stehen vor vielen ganz ähnlichen Herausforderungen: zum Beispiel die Konversion nach dem Abzug der US-amerikanischen beziehungsweise sowjetischen Truppen oder ganz aktuell die Flüchtlingsfrage. 317 Flüchtlinge leben laut Golde zurzeit in Neuruppin (32 000 Einwohner), weitere 700 werden demnächst erwartet. Parallel zum Besuch der 40-köpfigen offiziellen Neuruppiner Delegation mit Golde und Gerd Klier, dem Vorsitzenden der Neuruppiner Stadtverordnetenversammlung, an der Spitze, gab es auch eine Bürgerfahrt. Aus Anlass des 25. Jubiläums erneuerten beide Städte ihre Partnerschaftserklärung und besiegelten sie neu. So heißt es in der von Heike Kaster-Meurer und Jens-Peter Golde unterschriebenen Erklärung: „Ziel der beiden Städte ist es, die wechselseitigen Beziehungen auf allen gesellschaftlichen Ebenen zu erhalten und zu vertiefen, den Austausch zu stärken und voneinander zu lernen, neue Impulse für die Partnerschaft zu gewinnen und Ideen für gemeinsame Projekte zu entwickeln, mit vereinten Kräften zur Völkerverständigung in Europa beizutragen.“
Harald Gebhardt