Trotzdem stehen in Bad Kreuznach Bäume,die gut und gern bis zu 200 Jahre alt sind
Eiche, Buche und Co. – Stadtbäume leben gefährlich
Sebastian Huck ist einer von zwei Baumkontrolleuren der Stadtverwaltung Bad Kreuznach. 12.000 Bäume stehen im Stadtgebiet auf öffentlichen Flächen und fallen damit in den Verantwortungsbereich von Huck und seiner Kollegin Babette Michel. Die Buche im Salinental ist schätzungsweise 150 Jahre alt, die salzige Luft im Salinental und die Sole sind für Bäume ein Problem. Fotos: Marian Ristow
Marian Ristow

Bad Kreuznach. Bad Kreuznach ist ein schwieriges Pflaster. Auch für Bäume. Das liegt eher weniger daran, dass es die städtische Politik nicht fertigbringt, eine Baumschutzsatzung zu beschließen, die zumindest mal Bäume auf Privatgrundstücken vor übereifrigen Hobbyholzfällern schützt, sondern an den großen Herausforderungen für Bäume inmitten des städtischen Umfeldes. Abgase, Straßenbauarbeiten, die das Wurzelwerk beschädigen, Streusalz, dazu noch der Mensch und all sein unbedachtes oder bedachtes Wirken – ein Baum hat es im Stadtgebiet nicht leicht.

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Dennoch stehen in Bad Kreuznach Bäume, die ein beträchtliches Alter erreicht haben. „Das Alter stehender Bäume können wir nur schätzen. Es gibt zwar Methoden, das Alter eines Baumes genau zu bestimmen, aber das ginge für den Baum nicht komplett verletzungsfrei“, erklärt Sebastian Huck. Gemeinsam mit seiner Kollegin Babette Michel ist der Forstwirt und studierte Landespfleger Huck bei der Bad Kreuznacher Stadtverwaltung für die Baumkontrolle verantwortlich. Die Zahl der „Patienten“, um die sich die städtische Baumkontrollstelle kümmert, beläuft sich derzeit auf 12.000 Exemplare, also auf die Bäume, die auf öffentlichen Flächen stehen. Diese sind in einem Baumkataster registriert und werden regelmäßig überwacht, dokumentiert und gepflegt. Die am meisten verbreiteten Baumtypen sind Linden, Ahorne, Platanen, Kastanien und Robinien.

Der Patientenvergleich ist treffend: Denn es hat etwas von einer ärztlichen Visite, wenn Huck und Michel sich die Bäume im Stadtgebiet ansehen. Die Patientendaten sind bekannt, der Gesundheitszustand wird analysiert, Symptome notiert und nach einer passenden Therapie gesucht. „Pflegefälle“ werden natürlich engmaschiger überwacht als gesunde Bäume. Manche Bäumen liegen bildlich gesprochen auf der Intensivstation, dort sind die Baumkontrolleure besonders gefragt.

Zu all den schädlichen Einflüssen kommt nun noch die Witterung. Die vergangenen drei Sommer haben nachhaltigen Schaden im Bad Kreuznacher Baumbestand angerichtet. „Die Hitze und der geringe Niederschlag haben dazu geführt, dass wir einige Bäume verloren haben“, blickt Huck, der seit 16 Jahren bei der Stadtverwaltung arbeitet, zurück. Den eigentlichen Bewässerungsbedarf der Bäume bei der Hitze kann die Stadtverwaltung logischerweise nicht leisten. Das geht nur bei Neupflanzungen.

Egal, wo in der Stadt Bäume stehen, der Einfluss des Menschen ist mit das größte Problem. Würde man doch als Laie den Bad Kreuznacher Hauptfriedhof zwischen Alzeyer und Mannheimer Straße als vermeintlich dankbaren Standort für Bäume aller Art bezeichnen, weiß Experte Huck, dass dieser Eindruck täuscht. „Dort finden relativ viele Arbeiten in der Erde statt. Zum Beispiel beim Gräberausheben. Da nehmen Wurzeln immer wieder Schaden.“ Trotzdem befindet sich dort einer der ältesten Bäume der Stadt.

Die Eiche am Hauptfriedhof

Im Moment zeigt sich die rund 25 Meter hohe Eiche inmitten des Kriegsgräberfeldes auf dem städtischen Hauptfriedhof noch von ihrer kahlen Seite. Das werde sich aber demnächst ändern, Eichen trieben später aus, erklärt Huck. Das Alter des mächtigen Baumes taxiert er auf circa 200 Jahre. Für ihr Alter präsentiert sich die Eiche in altersentsprechendem Zustand, weist aber dennoch einige Krankheitssymptome auf. Die sichtbaren Spechthöhlen seien aber normal, erklärt Huck. „Spechte klopfen vorher ab, wo die Holzstruktur nicht mehr so dicht ist, und fangen dann an, dort zu bauen“, so Huck. Weil bei heftigen Stürmen einige Eichenäste heruntergekommen sind, wurde der Baum aus Sicherheitsgründen gekürzt. Höhe allein sei aber kein Sicherheitsrisiko. Vielmehr komme es auf die Konsistenz des Holzes und den Gesundheitszustand des Baumes an. „Früher hat man das allein an der Höhe festgemacht. Und deswegen Bäume stark beschnitten, worunter viele heute noch leiden.“ Schnittstellen blieben immer eine Art Wunde für den Baum.

Zu den höchsten Bäumen im Stadtgebiet gehören übrigens Pappeln oder wie auf dem Friedhof Mammutbäume. Die Höhe sei aber nicht immer gleichzusetzen mit einem hohen Alter. „Mammutbäume wachsen am Anfang sehr, sehr schnell. In ihrer Gesamthöhe erreichen sie hier in Bad Kreuznach natürlich nicht die Ausmaße wie in ihrer Heimat Nordamerika.“

Nicht weit davon entfernt in Richtung Friedhofseingang steht eine weitere mächtige Eiche, die einen harten Kampf hinter sich hat – die Regenerationsphase läuft immer noch. Vor gut zehn Jahren, berichtet Huck, habe ein Unbekannter den Baum angebohrt und Altöl in die Bohrlöcher verfüllt. Ein Frevel, der den Baum fast getötet hätte – aber eine Eiche wirft so schnell nichts um. Auch kein krankhafter Baumhass.

Die Buche am Gradierwerk

An sich sei das Salinental mit seinen offenen Flächen ein guter Standort für Bäume. „Hier gibt es viele Möglichkeiten zu wurzeln“, verrät Huck, auch wenn die vielen Fußgänger und Radfahrer zur Verdichtung des Erdreiches beitrügen.

Wären da nicht die salzhaltige Luft und die Sole. Beide machten es Bäumen hier schwer. „Salz verändert die osmotischen Gegebenheiten im Boden, die Wasseraufnahme an den Wurzeln wird gehemmt. Das lässt Bäume schwächeln.“ Die große Blutbuche am Gradierwerk 2 trotzt den schwierigen Bedingungen seit gut 150 Jahren und hat mit einer Höhe von 30 Metern und einem Stammdurchmesser von gut 1,20 Metern beachtliche Maße erreicht. Den Gesundheitszustand beschreibt Huck als „vergleichsweise gut“, vor allem, wenn man bedenke, dass Buchen eigentlich empfindliche Bäume seien.

Zu all den Umgebungsfaktoren kommen dann noch Schädlinge. Im Fall von Buchen ist es der Riesenporling, ein Pilz, der sich am Baum andockt und sein Holz zersetzt und so immense Schäden verursachen kann.

Die Platane in der Kurhausstraße

Bekannt für ihr Alter und ihr massives Erscheinungsbild, vor allem im belaubten Zustand, sind die Platanen in der Kurhausstraße zwischen Pauluskirche und Mühlenteich. Ein besonders imposantes Beispiel ist Platane Nummer zehn, die etwas versetzt in Richtung Wasser steht und markant mehrstämmig sofort ins Auge sticht. Sie ist gut 30 Meter hoch und verfügt über einen Stammumfang von etwa fünf Metern. Die Platanen dort sind zwischen 150 und 200 Jahre alt. Sie leiden aber unter zwei Dingen: den radikalen Schnittmaßnahmen der Vergangenheit und der Massaria-Erkrankung, einem Befall durch einen Pilz.

Von unserem Redakteur Marian Ristow

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