Es gibt Momente am Gericht, da wird der Begriff „Verhandlung“ ganz konkret erlebbar. Wie zum Beispiel bei einem Verfahren gegen einen 51-jährigen Gastronomen: In der Berufung reduzierte sich seine Geldstrafe von 8000 auf 3600 Euro. Dass die Richter Milde walten ließen, ist allerdings nicht der Reue des Delinquenten geschuldet, sondern vielmehr der Anerkenntnis von Fakten. Denn die Zahlungsfähigkeit des 51-Jährigen, der jetzt als Ein-Mann-Unternehmer bei Events tätig ist, geht gegen Null – trotz noblem Gefährt.
Schwere Hygienemängel in der Restaurantküche
Das Amtsgericht Bad Kreuznach hatte im Februar dieses Jahres den gebürtigen Bad Kreuznacher, der jetzt in Hessen lebt, zu einer Geldstrafe von 8000 Euro verurteilt. Grundlage dafür waren die Ergebnisse von zwei Betriebsprüfungen des Veterinäramtes im August 2023 und im Februar 2024 im damaligen Bad Kreuznacher Lokal des gelernten Hotelfachmanns und Kochs, der zuvor ein renommiertes Hotel in Assmannshausen geführt hatte. In der Küche und den anderen Betriebsräumen stellten die Prüfer ältere, starke Verschmutzungen an Maschinen, Gerätschaften und Mobiliar fest. Klebrig-fettige Anhaftungen fanden sich überall in der Umgebung, wo Lebensmittel verarbeitet wurden. Allgegenwärtig waren zudem Nagerköttel, und die Kontrolleure stießen im Vorrat auf Produkte wie Lachs mit abgelaufenem Haltbarkeitsdatum sowie Kaviar aus Seehasenrogen mit Schimmelüberzug.
Unter neuer Leitung des Hauses keine Probleme mehr
Außerdem fanden sich mit dem Logo einer Supermarktkette versehene Verpackungen des Kuchens, der auf einem Reiter vor dem Lokal als hausgemacht angepriesen wurde. Der Bad Kreuznacher Betrieb war zwischenzeitlich geschlossen und wird nun von einem anderen Gastronomen geführt, der sein Handwerk offensichtlich besser beherrscht. Denn nach Aussage eines Kontrolleurs gibt es unter der neuen Leitung keinerlei Beanstandungen an der Hygiene in der Restaurantküche. Von einer Einsicht, dass er sich als Restaurantleiter seinen Gästen gegenüber großer Versäumnisse schuldig gemacht hat, war in der Berufungsverhandlung bei dem 51-Jährigen noch weniger zu spüren als in der ersten Instanz. Da hatte es sein Anwalt übernommen, pflichtschuldig einzuräumen, dass die hygienischen Verhältnisse indiskutabel waren. Vor Beginn des Berufungsprozesses hatte der Verteidiger sein Mandat bezeichnenderweise niedergelegt.
Schlampiger Koch und passionierter Händler
Der Gastronom berichtete dagegen ausführlich, dass ihm bei Aushandlung der Pacht mündliche Zusagen vom Eigentümer gemacht wurden, die wichtig für die Rentabilität des Lokalbetriebs waren. Weil der Verpächter diese Zusagen nicht erfüllt habe, habe er das Restaurant nicht wirtschaftlich betreiben können. Er rechnete vor, was er derzeit an monatlichen Einkünften und Belastungen hat, darunter 700 Euro für eine Limousine, die er als Firmenauto finanziert. „Brauchen Sie den Maybach wirklich? Und wenn ich alles zusammenrechne, was Sie an Belastungen haben, komme ich auf einen Betrag, der höher liegt als ihre Einnahmen. Wovon leben Sie?“, fragte Staatsanwalt Peter Karfeld nach. Die Kontrollen seien überzogen gewesen, die Prüfer hätten die Zustände dramatisiert, verteidigte sich der Gastronomieprofi. „Ich bin bereit, eine Strafe zu zahlen, das stottere ich ab, aber ich bitte darum, die Höhe herunterzusetzen“, appellierte er an die Richter.
„Ihre Ausführungen, dass alles nicht so schlimm war, waren nicht hilfreich. Trotzdem haben wir berücksichtigt, dass Sie geständig waren“, begründete der Vorsitzende Richter Folkmar Broszukat das Urteil. Er wies darauf hin, dass die Verurteilung Folgen für den Beschuldigten hat, da sie eine Eintragung ins Gewerberegister nach sich zieht. Sollte sich der Hotelfachmann wieder mit einem Lokal selbstständig machen, wird es problematisch. Bei der Tagessatzhöhe von 30 Euro folgte das Gericht dem Antrag der Staatsanwaltschaft, die eine Reduzierung des ursprünglich auf 50 Euro festgelegten Satzes vorgeschlagen hatte. Die Richter setzten aber angesichts der finanziell prekären Lage des Unternehmers auch die Anzahl der Tagessätze von 160 auf 120 herab. „Kann man da 3000 glatt machen“, versuchte der Beschuldigte noch einen weiteren Preisnachlass zu erreichen. „Eine weitere Verhandlung findet nicht statt“, beschied Richter Broszukat, dass die Spielregeln fürs Feilschen bei der Justiz festgeschrieben sind.