Am vergangenen Samstag hatte ein Konflikt an der Kirschsteinanlage für Aufsehen und Bestürzen gesorgt: Ein 35-jähriger Afghane war von einem 32-jährigen Syrer so schwer mit einem Messer verletzt worden, dass er wenig später in einem Krankenhaus seinen Verletzungen erlag. Der Hintergrund des Konflikts ist unklar, laut ersten Ermittlungen soll es aber um Geld und Betäubungsmittel gegangen sein.
Zur Faktenlage: Im Jahresbericht 2023 der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) wird für Bad Kreuznach ein Anstieg der Fallzahlen beschrieben. Die sogenannte Häufigkeitszahl ist ein Indikator für die Kriminalitätsbelastung – sie bildet die Straftaten pro 100.000 Einwohner ab. Im Jahr 2023 konnte hier ein leichter Anstieg auf 5563 Straftaten pro 100.000 Einwohner im Geltungsbereich des Polizeipräsidiums Mainz verzeichnet werden. Im Städtevergleich weist die Stadt Bad Kreuznach (8557) die höchste Häufigkeitszahl auf, gefolgt von Bingen (8001), Mainz (7677), Worms (7546) und Ingelheim (5500). Wichtig: Diese Zahl umfasste alle Straftaten von Wohnungseinbruch über Sachbeschädigung bis hin zur Körperverletzung.
FDP äußert sich gleich dreimal
Es gibt erste Reaktionen aus der Politik. So fordert die FDP-Fraktion um Chef Werner Lorenz die Videoüberwachung der Kirschsteinanlage. „Die Stadtverwaltung wird beauftragt, mit dem rheinland-pfälzischen Landesdatenschutzbeauftragten zu prüfen, wie eine Videoüberwachung der Kirschsteinanlage und anderer neuralgischer Plätze in Bad Kreuznach ermöglicht werden kann. Gegebenenfalls ist insbesondere an der Kirschsteinanlage kurzfristig ein Pilotprojekt umzusetzen“, heißt es in einem Antrag, der in der kommenden Stadtratssitzung behandelt werden soll.
In ihrer Begründung schreiben die Freien Demokraten: „Am Samstag erschütterte unsere Stadt der Tod eines jungen Mannes in Folge einer Auseinandersetzung an der Kirschsteinanlage. Die Kirschsteinanlage war in den vergangenen Jahren immer wieder Schauplatz von teils schweren Verbrechen. Auch wird berichtet, dass hier regelmäßig mit Drogen gehandelt wird.“
Bad Kreuznach. Am späten Samstagabend ist bei einer Auseinandersetzung mit einem Messer ein 35 Jahre alter Afghane zu Tode gekommen. Ein 32-jähriger Syrer sitzt derzeit in Untersuchungshaft, ihm wird Körperverletzung mit Todesfolge vorgeworfen.Tödliche Messergewalt an Bad Kreuznacher Kirschsteinanlage: 32-jähriger Syrer soll 35-jährigen Afghanen erstochen haben
Die Polizei und Ordnungsbehörden könnten die Problematik nicht abschließend bewältigen, das ewige Katz- und Mausspiel kenne daher aktuell nur einen Gewinner.
„Aus diesem Grund sind nach vielen Jahren vergeblichen Anstrengungen aus Sicht der FDP-Fraktion nun die Möglichkeiten der Videoüberwachung zu prüfen. Auch wenn es hierzu immer wieder rechtlich strittig ist, ob eine solche Maßnahme überhaupt möglich ist, sollten wir diesen Weg beschreiten. Eine Videoüberwachung an Kriminalitätsschwerpunkten kann dazu beitragen, das Sicherheitsgefühl der Menschen zu verbessern“, heißt es weiter darin.
Vollzugsdienst und Polizei Hand in Hand
Auch meldet sich Oberbürgermeister Emanuel Letz (ebenfalls FDP) zu Wort: „Es ist unfassbar, dass sich eine solche Gewalttat in unserer Stadt ereignet. Die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger hat oberste Priorität, und ich werde mich weiterhin dafür einsetzen, dass Bad Kreuznach ein sicherer und lebenswerter Ort für alle bleibt. Dazu stehe ich in engem und regelmäßigem Austausch mit der Polizeiinspektion, und wir haben vereinbart, dass unser städtischer Vollzugsdienst und die Polizei ihre Präsenz erhöhen, um das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung zu stärken.“
Das städtische Ordnungsamt und die Polizeiinspektion arbeiteten in Sicherheitsfragen bereits seit Langem eng zusammen, versichert Ex-Polizist Letz. Diese bewährte Kooperation zeige sich in regelmäßigen gemeinsamen Besprechungen sowie abgestimmten Kontrollmaßnahmen von Polizei und kommunalem Vollzugsdienst. „Durch den intensiven Austausch konnten in der Vergangenheit bereits verdeckte Ermittlungen zur Kriminalitätsbekämpfung initiiert werden“, heißt es in der Pressemeldung der Stadtverwaltung.
OB Letz will sich Bild machen
Darüber will Oberbürgermeister Emanuel Letz am kommenden Freitagabend, 25. Oktober, einen „bereits im Vorfeld geplanten Rundgang“ mit dem kommunalen Vollzug unternehmen, um sich gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen einen aktuellen Eindruck von vermeintlichen „Hotspots“ zu verschaffen.
Nur wenige Stunden nach der Pressemeldung vom Stadtchef meldet sich mit FDP-Stadtverbandschef Christoph Anheuser der dritte FDP-Vertreter. „In diesem Zusammenhang fordert die FDP auch eine unverzügliche Ausschreibung und Besetzung der Stelle des Amtsleiters des Ordnungsamtes. Diese ist seit Jahren verwaist. Wir sind der festen Überzeugung, dass diese Amtsleitung nicht auf Dauer durch den zuständigen Ordnungsdezernenten nebenbei miterledigt werden kann“, so die unmissverständliche Spitze gegen Ordnungsdezernent Markus Schlosser (parteilos), der diesen Aufgabenbereich derzeit mit betreut.
Parks und Grünanlage waren 2017 nachts gesperrt
Rückblick ins Jahr 2017: Damals sperrte Ordnungsdezernent Udo Bausch drei Plätze in Bad Kreuznach. Betroffen waren die Kirschsteinanlage, der Fischerplatz (ehemals Wolff'scher Garten) und der Schlosspark. Von 22 Uhr am Abend bis 6 Uhr in der Früh durften diese nicht betreten werden. Die Verfügung war bis zum Ablauf des Monats Oktober befristet. Verstöße wurden mit Platzverweis beziehungsweise einem Bußgeld von bis zu 5000 Euro geahndet.
Vorausgegangen waren der Sperre immer wieder nächtliche Krawalle. Häufiger hatte es im Migrantenmilieu bewaffnete Konflikte gegeben, zum Teil blutige, ebenfalls mit Messern ausgetragen.
Im Juli 2017 war die Situation zwischen einer Gruppe junger Afghanen und Jugendlichen mit türkischen Wurzeln eskaliert. Der damalige Leiter der Kriminalpolizei Roland Maurer sagte: „Da hat sich etwas zusammengebraut.“ Die Behörden bewerteten die Sperre als Erfolg.
Die Satzung über die Benutzung der Grünanlagen der Stadt Bad Kreuznach (Grünanlagensatzung) von 2018 sieht bislang Folgendes vor: „Die Kirschsteinanlage, der Schlosspark und der Fischerplatz sind in der Zeit zwischen 6 Uhr und 22 Uhr freigegeben.“