Porträt SPD-Kandidat Joe Weingarten lebt in einem Dreigenerationenhaus
Direktkandidaten im PORTRÄT: Joe Weingarten (SPD) und seine Dorothea - auch im Wahlkampf unzertrennlich
Joe Weingarten und seine Frau Dorothea Kaleschke-Weingarten haben den Garten ihres Hauses in Alsenz mit eigenen Händen angelegt und gestaltet.
Kurt Knaudt

Kreis Bad Kreuznach. Sie haben sich gesucht und gefunden: Joe Weingarten und Dorothea Kaleschke-Weingarten sind seit rund zehn Jahren ein Paar. Auch im Wahlkampf treten die beiden fast immer im Doppelpack auf. Die Leitende Planerin der Planungsgemeinschaft Rheinhessen-Nahe hat sich eigens Urlaub genommen, um ihren Mann in den letzten Wochen vor dem Wahlgang nach Kräften zu unterstützen. „Unserer Ehe hat meine Kandidatur definitiv nicht geschadet“, sagt der 55-jährige SPD-Kandidat schmunzelnd.

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Auch der Abteilungsleiter im Wirtschaftsministerium in Mainz hat sich für die heiße Phase Urlaub genommen. Er hat Erfahrung mit Wahlkämpfen, wenn auch nicht als Kandidat in vorderster Front. An der Seite des früheren Ministerpräsidenten Kurt Beck hat er aber schon mehrere hautnah miterlebt. „Die Bürger wählen keine Programme, sondern Menschen“, lautet eine seiner Erkenntnisse.

Und wie ist der Mensch Joe Weingarten? „Er ist ein Macher, der ein gutes Gefühl dafür hat, was die Menschen bewegt, und manchmal ein bisschen ungeduldig ist“. Von Doro, wie er sie nennt, habe er gelernt, dass es nicht darauf ankomme, Recht zu haben, sondern vor allem darauf, die Menschen mitzunehmen. Konflikten geht er nach wie vor nicht aus dem Weg, manchmal auch mit Meinungen, mit denen er sich gegen die Linie der eigenen Partei stellt: So macht er keinen Hehl daraus, dass er es für unsozial hält, Lehrkräften, wie in Rheinland-Pfalz üblich, für die Zeit der Sommerferien zu kündigen. Mit Verwunderung habe er anschließend zur Kenntnis genommen, dass sich die CDU „furchtbar darüber aufgeregt hat, dass ich ihr Recht gegeben habe“, meint Weingarten spitzbübisch.

Kein Handschlag für AfD-Kandidatin

Weingarten ist ein Politprofi mit einer gewissen Durchsetzungskraft und einer Robustheit, mit der er Kritik oder Attacken wegsteckt. Er kann aber auch austeilen: Die AfD-Vertreterin Nicole Höchst griff er jüngst bei einer Podiumsdiskussion im Gymnasium an der Stadtmauer in Bad Kreuznach scharf an, nachdem er ihr vorher den Handschlag verweigert hatte. Während er den Kandidaten der anderen Parteien zugute hält, dass sie das Land voranbringen wollen, zieht er zur AfD bewusst einen klaren Trennstrich: „Nicht alle Mitglieder sind Nazis, aber sie dulden welche in ihren Reihen, und sie haben welche als Repräsentanten“, begründet er diese Haltung. Weingarten legt aber Wert darauf, sauber zwischen der Partei und ihren Wählern zu differenzieren: Bei denen handele es sich überwiegend um verunsicherte, verärgerte und von den etablierten Parteien enttäuschte Bürger.

Über seine Hauptkonkurrentin Antje Lezius verliert er kein böses Wort. Die beiden sind im Idar-Obersteiner Stadtteil Weierbach aufgewachsen und kennen sich von Kindesbeinen an. Weingarten hat aus dem Landratswahlkampf im Kreis Bad Kreuznach gelernt, dass persönliche Attacken nicht gut beim Wähler ankommen und „dass niemand einen Anspruch darauf hat, gewählt zu werden“. Er habe es als menschlich sehr angenehm empfunden, wie ihn die SPD in den beiden Landkreisen Bad Kreuznach und Birkenfeld, die den Wahlkreis bilden, aufgenommen habe. Das sei keineswegs selbstverständlich, weil die Partei mit ihrem Führungspersonal oft besonders kritisch umgehe, meint der promovierte Diplom-Verwaltungswissenschaftler.

Viele Jahre hat er in Mainz an der Nahtstelle zwischen Politik und Verwaltung gearbeitet, war unter anderem Geschäftsführer der Landesgartenschau in Kaiserslautern und der Zukunftsinitiative Rheinland-Pfalz. Joe Weingarten lebt mit seiner Familie im früheren Postamt von Alsenz. Durch einen aufwendigen Umbau wurde daraus ein Dreigenerationenhaus: Unten wohnt das Ehepaar, darüber Weingartens 99-jährige Mutter und ganz oben die Kinder, die beide mit in ihre zweite Ehe gebracht haben. In dieser Umgebung fühlt er sich wohl: „Ich bin kein Großstadtmensch.“

Ab Montag wird gesünder gegessen

Den Garten mit Teich hat das Ehepaar selbst angelegt und gestaltet. Ansonsten liest Weingarten in seiner Freizeit mit Vorliebe Bücher über deutsche und internationale Geschichte sowie Biografien. Er hat alle Ausgaben des Nachrichtenmagazins Spiegel und sammelt Modellautos der Marke Wiking. Der Sozialdemokrat, der früher selbst im Musikverein gespielt hat, hört privat vor allem Countrymusik. Besonders schätzt er die American Recordings von Johnny Cash. Beim Fußball schlägt sein Herz für den 1. FC Kaiserslautern, „auch wenn man da gerade wieder viel Leidensfähigkeit braucht“. Rund 350 Termine hat er im Wahlkreis absolviert, etwa 95 Prozent davon mit seiner Frau. „Wir haben einen guten Wahlkampf gemacht“, resümiert er zufrieden. Aber egal, wie's ausgeht: Ab Montag will er erst mal weniger und gesünder essen, hat sich der gern mit seiner Leibesfülle kokettierende Kandidat vorgenommen.

Von Kurt Knaudt

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