„Dieser Herr Robin Hood hat uns beraubt.“ Der Zeuge in dem Verfahren gegen einen 55-jährigen Versicherungskaufmann aus Hessen, der sich wegen gewerbsmäßigen Betrugs seit dem 17. Dezember vor dem Landgericht Bad Kreuznach verantworten muss, lässt keinen Zweifel an seiner Wut. Das Vermögen, das seine Eltern über Jahrzehnte für ihre Altersversorgung angespart hatten, war in kurzer Zeit futsch, nachdem sie einem ehemaligen Geschäftspartner des Angeklagten ihr Vertrauen geschenkt hatten.
Attraktive Rendite versprochen
Der Versicherungsmakler hatte ihnen empfohlen, bestehende Lebensversicherungsverträge zu kündigen und das Geld in die Genossenschaft des Angeklagten zu stecken. Aus dem Immobilienfonds, den der 55-Jährige aufbauen wollte, sollten sie eine attraktive Rendite von 4 Prozent erhalten. Das Urteil über die Absichten des Angeklagten steht für den Zeugen gleichfalls fest: „Es war alles von Anfang an erstunken und erlogen.“ Für ihn ist unbegreiflich, wieso die Geschäftspartner des 55-Jährigen nicht auch vor Gericht stehen – insbesondere der Versicherungsmakler, der seine Eltern dazu überredete, ihr Geld in die Genossenschaft zu investieren.
Der Mann, der die Gebärdensprache beherrscht, habe die Familie nicht nur in Versicherungsfragen beraten, so der Zeuge. Er habe seine schwerhörige Mutter und den gehörlosen Vater auch bei der Arbeitssuche und bei anderen Gelegenheiten begleitet und für sie gedolmetscht. „Daraus ist ein Vertrauensverhältnis entstanden, er wusste genau über unsere finanziellen Verhältnisse Bescheid“, unterstrich der Zeuge.
Familie steht vor finanziellem Scherbenhaufen
Man schaute sich auch die Internetseite der Genossenschaft an, die nach Aussage des Sohnes der Geschädigten einen professionellen und seriösen Eindruck machte. Die Verträge wurden aufgelöst, das Geld, insgesamt etwa 209.000 Euro, wurde nach und nach an die Genossenschaft überwiesen. Nachdem eine Jahresaufstellung der Einzahlungen ebenso ausblieb wie Renditezahlungen, kam der Verdacht auf, einem Betrug aufgesessen zu sein. „Wir haben die Verträge einer anderen Maklerin gezeigt und sie hat uns alarmiert“, so der Zeuge.
Er versuchte danach, den Geschäftsführer, also den Angeklagten, zu erreichen, was ihm nach vielen Anläufen gelang. Allerdings erhielt er nur Ausflüchte und Beschwichtigungen auf seine Fragen zur Antwort. Entgegen den Beteuerungen des Geschäftsführers, der sich die aufwendige Gründung und Eintragung seiner Genossenschaft gespart hatte, erhielt die Familie ihr Geld nicht zurück. „Das hat unser Leben verändert, wir fragen uns, wie es weitergehen soll. Wir müssen vielleicht unser Haus verkaufen, weil er das Geld für Urlaube und Autos verzockt hat“, so das bittere Fazit des Sohnes.
Vertrauensverhältnis ausgenutzt
Er hat weitere Opfer der „Genossenschaft“ kennengelernt, unter anderem ein Ehepaar, das ein Kind mit Beeinträchtigungen hat. Aus seiner Sicht haben der Makler und der angeklagte Geschäftsführer gezielt Menschen betrogen, die aufgrund von Einschränkungen besonders bedürftig sind. Fortgesetzt wird das Verfahren am Donnerstag, 9. Januar.