Holzrücker im Forst Lützelsoon
Die Rückepferde sind zurück im Wald
Bei Stephan Grünwald und Rosi sitzt jeder Schritt. Seit 15 Jahren sind sie ein eingespieltes Team.
Ella Beisiegel

In den letzten hundert Jahren starb sie langsam aus, jetzt feiert sie ein Comeback: Wie sieht die Zukunft der Holzrückertradition aus? Der Staatswald Lützelsoon verzeichnet Erfolge durch die pferdebetriebene Fortswirtschaft. 

Ein bis zwei Prozent der Holzarbeit im Staatswald Lützelsoon werden seit fünf Jahren wieder mit Rückepferden betrieben. Dies trage erheblich zur Stärkung des Wasserrückhalts in der Schwammregion Soonwald bei, sagt Rüdiger Scheffer, Leiter des Forstamtes Bad Sobernheim. Dieses Vorhaben wird sogar vom Bund gefördert: Die Förderung der Arbeit mit Rückepferden steht im Koalitionsvertrag der Ampelregierung. Am vergangenen Samstag lud daher das Forstamt Bad Sobernheim Ortsbürgermeister und Mitarbeiter der benachbarten Forstämter in den Staatswald Lützelsoon zu einer Demonstration der Arbeit der Holzrücker ein.

Inmitten des typischen Douglasienbestands des Lützelsooner Forsts beginnt Stephan Grünwald seine Arbeit mit Norikerstute Rosi. Ein Drittel ihres Körpergewichtes von rund 700 Kilogramm darf Rosi ziehen; kurzzeitig auch mal mehr. Das Wohlbefinden seines Pferdes steht für den Tierarzt aus Altenbamberg an erster Stelle. Er hat Rosi bereits als Jungpferd gekauft und selbst zum Rückepferd ausgebildet. Bei der Beobachtung der gemeinsamen Arbeit wird schnell klar: Grünwald und Rosi sind ein eingespieltes Team. Die 18-jährige Stute reagiert präzise auf die ruhigen Stimmkommandos des Holzrückers. Dabei bewegt sie einen Stamm Kurzholz nach dem anderen aus den Rückegassen. Der Waldboden wird dabei kaum beschädigt.

Die Bodenverwundung wird durch den Einsatz von Pferden stark verringert. Wenn der Boden durch Frost oder Nässe aufgeweicht ist, könne man das Holzmachen mit der Maschine vergessen, sagt Manuel Schneider, Betriebsdisponent des Forstamtes Bad Sobernheim. Das Pferd hingegen könne trotzdem in den Wald und das Holz so vorbereiten, dass es von der Maschine abgeholt werden kann. Wenn man also trotz Witterung weiterhin Holz liefern könne, rechne sich der Einsatz von Rückepferden deutlich und man spare sogar Geld – nicht zuletzt wegen der vermehrten Förderung durch den Bund für klimaschonende Waldwirtschaft. Man müsse nur wissen, wann und wie man die Pferde einsetzt, dann sei die Arbeit sehr wirtschaftlich, so Schneider.

Wirtschaftlichkeit der pferdegestützten Forstwirtschaft

Der Stundenlohn für einen Holzrücker betrage 80 Euro, so Thomas Schöner, Holzrücker in der Interessengemeinschaft Zugpferde. Am Tag schaffe er es, 20 bis 25 Festmeter Holz mit seinen Pferden zu bewegen. Um ein geregeltes Auskommen zu schaffen, bräuchte es im Jahr 2000 Festmeter Holz pro Rücker; in Rheinland-Pfalz gebe es 60.000 im Jahr. Am Tag seien mit zwei Pferden, die abwechselnd eingesetzt werden, fünf bis sechs Stunden Arbeit möglich. „Wir überarbeiten unsere Pferde nie“, beteuert Schöner. Auch Grünwald gibt an: Ab 50 Prozent Hangneigung sei Schluss für Rosi und ihn. Dabei wird immer bergab gezogen, damit die Zugleistung nicht verringert wird.

Manuel Schneider betont: „Eine gesunde Kombination aus Pferd und Maschine ist wichtig.“ Das Pferd könne aus den Zwischenräumen im Wald auch bei schlechten Witterungsverhältnissen das Holz rücken, welches dann später von einem Harvester eingesammelt wird. So haben sie im Jahr 2024 insgesamt 200 Festmeter Holz aus dem Wald befördert, die sonst nicht hätten erwirtschaftet werden können, bestätigt auch Ervin Kraus, Leiter des Forstreviers Lützelsoon. Darüber hinaus sei die Bestandsschonung durch den Einsatz von Rückepferden evident: Die Maschine hinterlässt am Holz doppelt so viele Schäden.

Es ist ein Kraftaufwand: Hoch motiviert pflügt Thomas Schöner mit seinem Pferd Wargo den Waldboden.
Ella Beisiegel

Thomas Schöner demonstriert über das Holzrücken hinaus einen eigens gebauten pferdegezogenen Forstpflug. Dieser soll in ungenutzten Rückegassen den Mineralboden freilegen. Sein Pferd zog den Pflug durch die freie Rückegasse, ein Kraftaufwand für Mensch und Tier. In den freigelegten Mineralboden kann nun die Saat für Laubbäume eingebracht werden. Das Pflanzen von Laubbäumen in vorwiegenden Nadelwaldbeständen fördert nicht nur die Biodiversität, sondern ist eine weitere Maßnahme zur Förderung des Wasserrückhalts in der Region.

Schöner gibt an, in sechs Stunden einen Hektar Wald mit dem Pflug bearbeiten zu können. Allerdings brauche es dringen Nachwuchs im beinahe ausgestorbenen Berufsstand der Holzrücker. Auch die Ausbildung der Pferde braucht Zeit, zwischen drei bis vier Jahren, denn sie erfordert große Präzision und absolute Pferdebeherrschung. Viel Erfahrung ist nötig, um ein Waldstück effizient mit dem Pferd, aber dennoch maschinengestützt bewirtschaften zu können. „Wir haben kein Bedürfnis, die Maschine vollkommen abzuschaffen“, sagt Rüdiger Scheffer, „aber wir bauen die Arbeit mit Pferden gerne in den nächsten Jahren aus.“

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