Alte Gässjer erinnern sich nur zu gut: Da hatte der Kreuznacher Investor Reinhold Stenger mit Norbert Schmitt den wunderbaren Dienheimer Hof Anfang der 1990er-Jahre als historisches Relikt der Stadtbebauung gerettet und mit viel Aufwand saniert, da holperte es leider über die Jahre bei der gastronomischen Nutzung. Mal klappte es, dann wieder nicht – und natürlich war die Lage nicht der Bringer: Der Hof findet sich von der Mannheimer Straße in der Neustadt erst, wenn man durch ein Gebäude hindurchgeht. Auf Laufkundschaft darf man hier kaum hoffen ...
Gleichzeitig wunderten sich Weinfreunde über Jahrzehnte immer wieder darüber, dass der Nahewein keine vernünftige Präsentation vorzuweisen hatte. Während an anderen Orten Vinotheken eingerichtet wurden, um die lokalen Weine zu bewerben – was übrigens in den großen Anbaunationen wie Frankreich das Normalste der Welt ist – wurde an der Nahe geknausert.
Ein Erfolgsprojekt des Kreuznacher Städtebaus
Bis es vor zehn Jahren endlich eine Einsicht gab und sich die Bereitschaft entwickelte, den Wein der Nahe anständig zu präsentieren – und der historische Dienheimer Hof ist dafür natürlich ein perfekter Standort. Man muss es anerkennen und sollte auch das nun feiern: Die Nahewein-Vinothek ist neben der Konversion der US-Liegenschaften eine der wirklich erfolgreichen städtebaulichen Problemlösungen in Bad Kreuznach – nicht nur, dass ein Leerstand behoben wurde, es wurde sogar ein echter allgemeiner, touristischer, aber auch kultureller Nutzen für die Stadt geschaffen.
Vinothek ohne altbackene Spießer am Tresen
Jan Glaab und Peter Hübner, die seit vielen Jahren die Vinothek führen, können nun also am Samstag, 3. Mai, entspannt feiern, um den zehnten Geburtstag des Weinlokals zu begehen. Und sie freuen sich natürlich auf viele Gäste. Übrigens haben die beiden es tatsächlich geschafft, sich vom etwas altbackenen Image des Weinfreunds zu lösen und eine relativ junge Gästeschaft aufzubauen. Klar, das liege natürlich auch daran, dass bei den Winzern an der Nahe mittlerweile ein Generationenwechsel erfolge, sagen sie. Doch die beiden sind auch keine verbohrten Spießer, das ist sehr offenkundig. Und deswegen haben sie die Zehnjahresfeier am Samstag von 10 bis 22 Uhr auch als lockeres „Get Together“ geplant. Es wird diverse Stände mit Speisen vom Kuchen bis zum Spießbraten geben, ab 17.30 Uhr Live-Musik der hessischen Gruppe Backtrip. Eine Tombola wird die Jugendarbeit des THW Bad Kreuznach unterstützen.
Zwei Knaller aus Auen und Münster-Sarmsheim
Fragt man Hübner und Glaab nach den Tropfen, die ihnen in den vergangenen Jahren wirklich ein Aha-Erlebnis beschert haben, so zögern sie erst kurz – man will schließlich keinen der 50 Nahe-Winzer, die Regale für ihre 150 Tropfen in der Vinothek mieten, besonders hervorheben. Doch es gab tatsächlich Überraschungen. Glaab erwähnt den Römerstich-Weißburgunder des Weinguts Hees aus Auen, und Hübner erinnert sich an einen Pinot Noir Réserve des Münster-Sarmsheimer Weinguts Adelseck, Jahrgang 2020. Der offenbar nicht nur ihm schmeckte: Der Tropfen war nicht billig, aber ruckzuck ausverkauft ...